Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Aktenzeichen 11 O 458/18) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 09.04.2021 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az. 11 O 458/18, teilweise abgeändert:
1. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 856,87 EUR, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit dem 12.12.2017 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, als Gesamtschuldner sämtliche der Klägerin entstandenen Schäden anlässlich des Verkehrsunfalls vom 22.02.2014 auf der ... Chaussee (B.../...) unter Beteiligung der Fahrzeuge mit dem amtlichen Kennzeichen ... und ... zu ersetzen, soweit diese nicht auf Dritte übergehen oder übergegangen sind.
Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 92 % und die Beklagten zu 8 %.
III. Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 19.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin macht Schadensersatz und Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall am ...2014 auf der ... ... geltend. Von der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung der Klägerin ist lediglich im Umfang von 856,87 EUR und dem Feststellungsantrag begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet und die Klage abzuweisen.
1. Entgegen den unhaltbaren Ausführungen des Landgerichts sind die geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, §§ 823 ff. BGB, § 115 Abs. 1 VVG, § 1 PflVG allerdings nicht verjährt.
Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld nach § 195 BGB verjähren in der regelmäßigen Frist von drei Jahren. Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in welchem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Dies war hier bereits im Jahr 2014 der Fall. Hinsichtlich des am 31.12.2017 denkbaren Ablaufes der Verjährungsfrist hat die Beklagte zu 2 auf die Einrede der Verjährung bis zum 31.12.2018 verzichtet. Die am 30.12.2018 erhobene Klage war daher grundsätzlich geeignet den Lauf der Verjährungsfrist zu hemmen, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.
a) Denn die Rückwirkung der Zustellungen (01.02.2019 an Beklagte zu 2 und 13.02.2019 an Beklagte zu 1) auf den Zeitpunkt des Klageeingangs tritt hier nach § 167 ZPO ein, da die Zustellung "demnächst" erfolgte.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Begriff "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO ohne eine absolute zeitliche Grenze im Wege einer wertenden Betrachtung auszulegen. Der Zustellungsbetreiber muss alles ihm Zumutbare für eine alsbaldige Zustellung getan haben. Dem Zustellungsveranlasser zuzurechnende Verzögerungen von bis zu 14 Tagen gelten regelmäßig noch als "geringfügig" und sind deshalb hinzunehmen. Dies gilt für sämtliche Fallgruppen, so dass auch für die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses (§ 12 Abs. 1 GKG) bei der Berechnung der noch hinnehmbaren Verzögerung von 14 Tagen nicht auf die Zeitspanne zwischen der Aufforderung zur Einzahlung der Gerichtskosten und deren Eingang bei der Gerichtskasse, sondern darauf abgestellt wird, um wie viele Tage sich der ohnehin erforderliche Zeitraum infolge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert hat (BGH, Urteil vom 29. September 2017 - V ZR 103/16 -, Rn. 5, juris). Zur Einzahlung eines angeforderten Gerichtskostenvorschusses (§ 12 Abs. 1 GKG) ist ihm dabei in der Regel eine Erledigungsfrist von bis zu einer Woche zuzugestehen (BGH, Urteil vom 01. Oktober 2019 - II ZR 169/18 -, Rn. 9, juris). Legt man die vom Landgericht festgestellten Daten zugrunde, war mithin bei einer Anforderung des Gerichtskostenvorschusses am 04.01.2019 der Zeitraum bis zur Einzahlung am 25.01.2019 noch demnächst im Sinne dieser Rechtsprechung.
b) Unabhängig davon treffen die Annahmen des Landgerichts zur Dauer der Verzögerung auch im Übrigen nicht zu. Das Datum der Gerichtskostenrechnung vom 04.01.2019 ist erkennbar allein das Verfügungsdatum. Dies wird noch einmal deutlich in der von der Klägerin vorgelegten Zahlungsaufforderung, die das Datum 08.01.2019 trägt. Dabei handelt es sich um das Ausfertigungsdatum. Bei einem angenommenen Postlauf von 3 Tagen ist das Schreiben frühestens am 11.01.2019 in den Einzugsbereich des Klägervertreters gelangt und dann die Zahlung am 25.01.2019 innerhalb der auch vom Landgericht anerkannten 14 Tagefrist erfolgt.
c) Verkannt wurde weiterhin die Hemmung der Verjährungsfrist aufgrund der mehrjährigen Verhandlungen der Parteien, § 203 BGB, und der damit einhergehenden Verlängerung der Verjährungsfrist gemäß § 209 BGB und zudem wurde durch die Forderung...