Normenkette

InsO § 35; ZPO §§ 850, 850b; SGB I § 54

 

Verfahrensgang

LG Cottbus (Aktenzeichen 5 O 187/01)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 7.11.2001 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des LG Cottbus wird zurückgewiesen.

Dem Kläger fallen die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheit i.H.v. 2.800 Euro abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Beim AG C. ist unter dem Aktenzeichen ….ein Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet worden. Der Beklagte wurde zum Treuhänder über das Vermögen des Klägers bestellt.

Durch Bescheid der Überleitungsanstalt Sozialversicherung vom 5.9.1991 (Bl. 6 d.A.) ist der Kläger auf seinen Antrag mit Wirkung vom 1.6.1991 gem. § 20 des Gesetzes über die Sozialversicherung (SVG) von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung befreit worden. In der Folgezeit schloss der Kläger mehrere – befreiende – Lebensversicherungsverträge ab. Sein Arbeitgeber gewährt ihm zu den Versicherungsprämien jeweils einen – steuerfreien – Zuschuss von 50 %, wie sich aus dem Schreiben der Oberfinanzdirektion C. vom 13.3.1998 (Bl. 8 d.A.) ergibt. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Kapitallebensversicherungsverträge:

Der Rückkaufswert dieser Versicherungen betrug zum 1.2.2001 insgesamt 28.864,67 DM. Mit Schreiben vom 2.2.2001 (Bl. 22–26 d.A.) teilte der Beklagte dem Kläger mit, er betrachte die Rückkaufswerte der Lebensversicherungsverträge als zur Masse gehörig und beabsichtige, sie – nach Kündigung der Verträge – einzuziehen.

Der Kläger hat beantragt festzustellen, dass folgende Versicherungsverträge nicht in die Insolvenzmasse fielen und demzufolge nicht durch den Beklagten kündbar seien:

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Ansprüche des Klägers aus den Lebensversicherungsverträgen gehörten zu seinem – pfändbaren – Vermögen und unterfielen der treuhänderischen Verwaltung.

Der Kläger hat Berufung eingelegt.

Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach seinem erstinstanzlichen Sachantrag zu erkennen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das LG hat i.E. zu Recht die zulässige Feststellungsklage des Klägers als unbegründet abgewiesen.

I. Die Forderungen aus den von dem Kläger abgeschlossenen Lebensversicherungsverträgen gehören zur Insolvenzmasse (§ 35 InsO) und unterfallen damit der treuhänderischen Verwaltung des Beklagten. Dem Kläger steht das von ihm mit seiner Feststellungsklage für sich geltend gemachte Recht nicht zu, die Verträge zu kündigen und damit zugleich über die Rückkaufswerte aus den Lebensversicherungsverträgen – in seiner Verbraucherinsolvenz – frei zu verfügen. Der Sache nach macht der Kläger dieses Recht für sich geltend. Wenn er nämlich mit seiner Klage die Feststellung begehrt, dass die von ihm abgeschlossenen Lebensversicherungsverträge nicht in die Insolvenzmasse fielen und demzufolge nicht durch den Beklagten kündbar seien, dann heißt dies umgekehrt, ihm, dem Kläger, gebühre dieses Recht. In seiner Verbraucherinsolvenz kann dem Kläger die Verwertungsbefugnis hinsichtlich der Rückkaufswerte – zu Lasten seiner Gläubiger – nicht zugebilligt werden.

1. Gemäß § 35 Abs. 1 InsO unterliegt das gesamte Vermögen des Schuldners dem Insolvenzbeschlag. Ausgenommen sind nach § 36 Abs. 1 InsO diejenigen Gegenstände, zu denen auch Forderungen und vermögenswerte Rechte zu rechnen sind, die der Zwangsvollstreckung nicht unterliegen.

Rechte aus einer Kapitalversicherung – wie im Streitfall – über mehr als 4.140 DM (§ 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO), die zur Versorgung des Arbeitnehmers und seiner Hinterbliebenen eingegangen wurden, sind voll pfändbar; dies gilt auch für eine von der Rentenversicherungspflicht befreiende Kapitallebensversicherung (BGH v. 12.6.1991 – VII ZR 54/90, MDR 1991, 1195 = NJW 1992, 527; VG Arnsberg VersR 1969, 920 [921]; Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 850 ZPO Rz. 11; Jaeger/Henckel, KO, 9. Aufl., § 1 KO Rz. 75; Kilger/Karsten/Schmidt, Insolvenzgesetze, 17. Aufl., § 1 KO, Anm. 2 B c aa).

Darüber hinaus gibt es keine Vorschrift, die das Recht zur Kündigung von Versicherungsverträgen und den Anspruch auf Einziehung der Rückkaufswerte für unpfändbar erklärte. Auch der Kläger nennt eine solche Vorschrift nicht.

2. Auf den Pfändungsschutz des § 850 Abs. 3 lit. b ZPO kann der Kläger sich nicht berufen. Nach dieser Vorschrift sind Renten aus bestimmten Versicherungsverträgen – zur Altersversorgung – unpfändbar.

Im Streitfall ist der Anwendungsbereich der Vorschrift des § 850 Abs. 3 lit. b ZPO nicht berührt. Der...

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