Leitsatz (amtlich)
Messejungen und Messestewards sind nicht schon deshalb in Berufsausbildung, weil eine 2jährige Fahrzeit als Messejunge und eine anschließende 1jährige Fahrzeit als Messesteward üblicherweise, insbesondere nach geltendem Tarifvertragsrecht, - alternative - Voraussetzungen für die Ausübung des Stewardberufes sind (Abweichung von BAG 1962-12-21 3 AZR 37/62 = AP Nr 1 zu § 8 SeemG).
Normenkette
AVG § 44 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1957-02-23; AnVNG Art. 2 § 19 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1267 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1957-02-23; ArVNG Art. 2 § 20 Fassung: 1957-02-23; SGG § 103 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Das Urteil des Landessozialgerichts Bremen vom 4. Mai 1961 wird aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I.
Der am 3. September 1940 geborene Kläger entschloß sich nach beendeter kaufmännischer Lehre, den Beruf eines Stewards zu ergreifen; zu diesem Zweck war er von August 1958 an als Messejunge und von März 1960 an als Messesteward auf zwei Frachtschiffen des Norddeutschen L. (MS "Re." und MS "Ra.") tätig.
Der Kläger beantragte im Mai 1959 die Wiedergewährung der mit der Vollendung seines 18. Lebensjahres eingestellten Waisenrente (aus der Angestelltenversicherung seines 1945 verstorbenen Vaters), weil er sich auch nachher noch in Berufsausbildung befunden habe.
Die Beklagte verneinte eine Berufsausbildung und lehnte den Antrag durch Bescheid vom 13. Mai 1959 ab. Auf die Klage verurteilte das Sozialgericht (SG) Bremen die Beklagte, die Waisenrente ab Mai 1959 wieder zu gewähren (Urteil vom 6. April 1960). Die Berufung der Beklagten wies das Landessozialgericht (LSG) Bremen durch Urteil vom 4. Mai 1961 zurück; es ging davon aus, es sei nach den Umständen dieses Einzelfalles zu beurteilen, ob sich der Kläger als Messejunge und Messesteward in einem Ausbildungsverhältnis befunden habe. Dabei sah es das Fehlen eines Lehrvertrages und den Mangel einer Abschlußprüfung, das Fehlen einer Ausbildungsregelung (Gesetz oder Verordnung - VO -) und die fehlende Anerkennung als Lehrberuf (durch die Arbeitsverwaltung oder die Tarifpartner) als unerheblich an, desgleichen wegen der besonderen Verhältnisse der Seeschiffahrt die Berufsschulfreiheit, die Möglichkeit der jederzeitigen Abmusterung und die im Vergleich zu Lehrlingsvergütungen an Land verhältnismäßig hohe Heuer (damalige monatliche Grundheuer des Messejungen im 1. Jahr 65,- DM, im 2. Jahr 110,- DM; des Messestewards 155.- DM; dazu noch Sachbezüge). Für entscheidend hielt das LSG dagegen, daß sich jedenfalls in der Praxis bestimmte von den sachkundigen Sozialpartnern anerkannte Anschauungen über den Ausbildungsweg und die Voraussetzungen des Stewardberufs entwickelt hätten, die ihren Niederschlag in dem Tarifvertrag (TV) für die Deutsche Seeschifffahrt - hier: in dem ab Februar 1958 gültigen TV - und im zugehörigen Heuertarif gefunden hätten. Abgesehen von gelernten Kellnern dürfe danach (§ 2 TV Abs. 1 Nr. 6 und 7) als Messesteward nur eingestellt werden, wer zwei Jahre als Messejunge (davon ein Jahr unter Anleitung eines Stewards) gefahren sei; zum Steward dürfe nur befördert werden, wer ein Jahr als Messesteward oder zwei Jahre als Aufwäscher gefahren habe. Diese Bestimmungen des TV ergäben genügend "Anhaltspunkte für die Ermittlung von Ausbildungsgrundsätzen". Sie zeigten, daß beim Kläger während seiner Tätigkeit beim Norddeutschen L. der Erwerb von Fachkenntnissen für den Stewardberuf im Vordergrund gestanden und es sich daher um eine Berufsausbildung gehandelt habe.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision beantragte die Beklagte
die Aufhebung des Berufungsurteils und die Abweisung der Klage.
Sie rügte eine Verletzung der §§ 44 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG), 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Nach ihrer Ansicht ist weder allgemein noch auch nur im vorliegenden Einzelfall hinreichend festgestellt, daß Messejungen und Messestewards für den Stewardberuf ausgebildet werden und daß der Ausbildungszweck die Arbeitsleistung überwiegt.
Der Kläger begehrte die Zurückweisung der Revision. Er teilte mit, er sei am 1. Juli 1961 zum Steward befördert worden, so daß von da an keine Waisenrente mehr zu zahlen sei.
Beide Beteiligte erklärten sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
II.
Die Revision der Beklagten ist zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164 SGG); sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG.
Für die (noch) streitige Zeit von Mai 1959 bis Juni 1961 hat der Kläger nach § 44 Abs. 1 Satz 2 AVG (i. V. m. Art. 2 § 19 Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz - AnVNG) dann einen Anspruch auf die begehrte Waisenrente, wenn er sich in dieser Zeit in Berufsausbildung befunden hat. Berufsausbildung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Ausbildung für einen zukünftigen (gegen Entgelt auszuübenden) Beruf, welche die Arbeitskraft und die Zeit der Waise ganz oder überwiegend beansprucht.
Die Berufsausbildung von Seeleuten ist mehrfach Gegenstand höchstrichterlicher Entscheidungen gewesen. So hat schon das Reichsversicherungsamt - RVA - (AN 1929, 62) entschieden, daß Seeleute, die nach zurückgelegter Schiffsjungenzeit als Voll- oder Leichtmatrose fahren, um die für die Steuermannsprüfung vorgeschriebenen Fahrzeiten nachzuweisen, und als Matrose Heuer erhalten, sich nicht in Berufsausbildung befinden. Das RVA sah es als wesentliche Voraussetzung der Berufsausbildung an, daß eine Unterweisung stattfindet, durch welche die für den späteren Beruf erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden; es genüge nicht, daß "ein für sich abgeschlossener untergeordneter Beruf die notwendige Durchgangsstufe für die erstrebte höhere Berufsstellung bildet". Mit Urteil vom 22. November 1962 (BSG 18, 115) hat der 4. Senat des BSG ausgesprochen, daß die Jungdienstgrade der Seeschiffahrt (es handelte sich dort um Decksjungen, Jungmannen und Leichtmatrosen), während der Fahrzeiten, die die VO über die Eignung und Beschäftigung der Schiffsleute des Decksdienstes auf Kauffahrteischiffen vom 28. Mai 1956 i. d. F. vom 12. Juli 1960 (BGBl. II S. 1867) vorschreibt, in Berufsausbildung stehen. Das Vorhandensein eines echten Ausbildungsverhältnisses ergebe sich aus den Vorschriften dieser VO (Verpflichtung von Reeder und Kapitän zur Durchführung der Ausbildung, Verpflichtung der Junggrade zur Führung von Berichtbüchern, genaue Ausbildungsrichtlinien in der Anlage 1, Festlegung des Berufsbildes in der Anlage 2, abschließende Matrosenprüfung). Zu dem auch dort erhobenen Einwand, daß in der Praxis die Arbeitsverrichtung im Vordergrund stehe, erklärte der 4. Senat, daß die Verrichtung normal anfallender Arbeit mit zur Ausbildung gehöre, weil auch durch sie eine Vervollkommnung des Auszubildenden angestrebt werde; es könne daher nicht darauf ankommen, ob im Einzelfall die theoretische und praktische Belehrung oder die Verrichtung normaler Arbeit überwiege, zumal da "der (dortige) Kläger nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts in ernsthaftem Umfang theoretisch und praktisch ausgebildet worden (ist) und seine praktische Tätigkeit ... jedenfalls auch Ausbildungszwecken gedient (hat)". Da somit ein echtes Ausbildungsverhältnis bestehe, sei die Höhe der Entlohnung, die im übrigen nur ungefähr die Hälfte der Matrosenheuer erreiche, unerheblich; der Annahme eines Ausbildungsverhältnisses stünden auch nicht das Fehlen eines Lehrvertrags und gewisse Besonderheiten entgegen, die sich aus den Erfordernissen der Seeschiffahrt und der seemännischen Ausbildung erklärten, darunter neben den kurzen Kündigungsfristen der Umstand, "daß die jeweils nächsthöhere Tätigkeit nur ausgeübt werden darf, wenn vorher eine bestimmte andere Tätigkeit eine gewisse Zeit verrichtet worden ist, wenn auch nicht verkannt werden soll, daß dies ebenfalls bei einem echten Beschäftigungsverhältnis der Fall sein könnte". Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 21. Dezember 1962, AP Nr. 1 zu § 8 SeemG, entschieden, Fahrzeiten als Messesteward seien insoweit Berufsausbildung als diese Zeiten Voraussetzung sind, um das Berufsziel eines Stewards zu erreichen, d. h. nach dem TV von 1958 für die Dauer eines Jahres. Zur Begründung weist das BAG darauf hin, daß nach dem TV die einjährige Fahrzeit als Messesteward Voraussetzung für den Stewardberuf ist, wenn nicht der Weg über den Aufwäscher oder die Kellnerausbildung gewählt wird; nach § 2 Abs. 3 TV zähle der Messesteward auch zu den "Junggraden", worunter man die noch in Ausbildung befindlichen Angehörigen der Schiffsbesatzung verstehe, "wie § 44 TV zeigt, dessen Abs. 2 die Ausbildung der Junggrade betrifft". Gerade die Gleichstellung mit den Jungen, Jungmännern und Leichtmatrosen belege, daß das Rechtsverhältnis des Messestewards (wenn er nicht gelernter Kellner ist) nach dem TV als Ausbildungsverhältnis gelte; jene befänden sich nämlich, wie aus der (schon erwähnten) VO vom 12. Juli 1960 hervorgehe, ohne Zweifel in Berufsausbildung. Die Heuer und ihre Höhe hielt auch das BAG in seinem Fall für unerheblich. Schließlich hat der 12. Senat des BSG in dem Urteil vom 27. Februar 1964 (SozR Nr. 12 zu § 1267 RVO) zur Frage der Berufsausbildung von Messejungen und Messesteward Stellung genommen; er hat dabei eine Berufsausbildung des damaligen Klägers während seiner Tätigkeit als Messejunge bejaht und während der Tätigkeit als Messesteward verneint. Wie schon der 4. Senat war auch der 12. Senat der Auffassung, daß die Leistung nützlicher Arbeit der Annahme eines Ausbildungsverhältnisses nicht entgegenstehe, daß jedoch bei Leistung solcher Arbeit ein Ausbildungsverhältnis nicht mehr vorliege, wenn ein - vorhandener - Ausbildungszweck in den Hintergrund und die Verwertung der Arbeitskraft in den Vordergrund trete. Insoweit beurteilte der 12. Senat die Tätigkeiten des damaligen Klägers als Messejunge und Messesteward verschieden. Soweit es sich um die erstere handelte, ging der 12. Senat davon aus, daß es nach den Feststellungen des LSG dem damaligen Kläger während seiner Tätigkeit als Messejunge nicht an einer geregelten Unterweisung und Aufsicht gefehlt habe, weil er einem Messesteward beigegeben und von diesem unterwiesen worden sei und außerdem noch der Aufsicht des 1. Offiziers unterstanden habe. Der 12. Senat schloß sodann "aus dem erheblichen Umfang dessen, was der Kläger in zwei Jahren als Messejunge lernen Mußte und ... (aus) seiner ständigen Unterweisung, insbesondere durch einen Messesteward, daß bei der Tätigkeit des Klägers als Messejunge die Ausbildung überwogen" habe. Bei der anschließenden Tätigkeit als Messesteward dagegen sei dies nicht mehr der Fall gewesen; nunmehr habe der (damalige) Kläger als Steward für die Offiziersmesse selbständig gearbeitet und sei nur noch in gewissen Feinheiten des Dienstes von dem 1. Steward unterwiesen worden; im übrigen pflegten Messestewards auch selbst schon als Ausbilder von Messejungen tätig zu werden und seien zum Teil bereits gelernte Kellner. Daß der (damalige) Kläger als Messe-Steward das Berufsziel noch nicht erreicht gehabt habe, rechtfertige die Annahme einer fortdauernden Ausbildung nicht; ein Berufsziel könne außer durch Ausbildung auch durch Sammlung von Erfahrung in Fortsetzung des Berufes und durch Vervollkommnung infolge praktischer Übung erreicht werden.
Mißt man die Ausführungen des LSG im vorliegenden Fall an den geschilderten höchstrichterlichen Grundsätzen und der übrigen Rechtsprechung des BSG zum Begriff der Berufsausbildung (vgl. insbesondere noch BSG 9, 196; 14,285; 18, 246), so ist dem LSG zwar darin beizupflichten, daß alle die Umstände, die nach seiner Ansicht der Annahme einer Berufsausbildung nicht entgegenstehen (Fehlen eines Lehrvertrags, einer Abschlußprüfung, einer Ausbildungsregelung, verhältnismäßig hohe Heuer u. a.), das Vorliegen einer Berufsausbildung während der Tätigkeit des Klägers als Messejunge und Messesteward in der Tat nicht ausschließen können. Auch die vorangegangene kaufmännische Lehre des Klägers bildet kein Hindernis dafür (Urt. des BSG vom 29.10.1964, SozR Nr. 14 zu § 1267 RVO). Damit ist aber umgekehrt eine Berufsausbildung noch nicht festgestellt. Was die positiven Merkmale der Berufsausbildung betrifft, so deckt sich die Begründung des angefochtenen Urteils im wesentlichen mit den Überlegungen des BAG; zur Annahme einer Berufsausbildung soll es danach schon genügen, daß die Fahrzeiten als Messejunge und Messesteward üblicherweise, insbesondere nach dem geltenden TV-Recht, Voraussetzungen - wenn auch alternative Voraussetzungen - für die Ausübung des Stewardberufs sind. Dieser Ansicht vermag der erkennende Senat - wie offenbar schon der 12. Senat - nicht zu folgen. Daß ein Berufsziel nur über bestimmte Berufstätigkeiten zu erreichen ist, kann den Durchgangsstufen rechtlich, noch nicht die Eigenschaft von Ausbildungsverhältnissen verleihen. Das hat das RVA in dem angeführten Urteil für die Matrosen-Fahrzeiten, die der Steuermannsprüfung vorausgehen müssen, zu Recht dargelegt (vgl. in diesem Zusammenhang auch die sonstigen Einstellungsbedingungen in § 2 Abs. 1 TV, insbesondere Nr. 4 und 5: danach muß z. B. ein Heizer 12 Monate als Trimmer oder Reiniger und ein Lagerhalter oder Schmierer 2 Jahre als Heizer oder Reiniger gefahren sein; vgl. ferner die 2-jährige Aufwäschertätigkeit als weitere alternative Voraussetzung des Stewardberufes). Das RVA hat zwar auch hervorgehoben, daß der (damalige) "Durchgangsberuf" des Matrosen ein abgeschlossener, voll entlohnter Beruf ist (was auf die Berufsstellung von Messejungen und Messestewards nicht zutrifft); dieser Gesichtspunkt ist aber nur zusätzlich angeführt worden; entscheidend ist allein gewesen, daß die Zugehörigkeit von Berufstätigkeiten zu einem Berufsweg die zurückgelegten Zeiten noch nicht zu Zeiten einer Berufs ausbildung macht. Dazu genügt auch nicht - darauf hat der 12. Senat mit Recht hingewiesen -, daß bei den einzelnen Tätigkeiten Kenntnisse und Fähigkeiten erworben werden, die für den erstrebten Endberuf nützlich oder sogar notwendig sind. Vielmehr setzt der Begriff der Berufsausbildung in jedem Falle eine Ausbildung im Blick auf den künftigen Beruf voraus. Zur Ausbildung gehören aber Anleitung, Belehrung und Unterweisung durch sachkundige Personen (Ausbilder), die - wenn auch nicht unbedingt planmäßig - so doch der Zielsetzung nach darauf ausgehen, dem Auszubildenden Kenntnisse und Fähigkeiten für die Ausübung des erstrebten künftigen Berufes zu vermitteln. Darüber, ob der Kläger als Messejunge und Messesteward in diesem Sinne von sachkundigen Personen für den Stewardberuf ausgebildet worden ist, enthält das Urteil des LSG keine tatsächlichen Feststellungen.
Feststellungen darüber sind hier nicht etwa deshalb entbehrlich gewesen, weil die Tatsache der Ausbildung sich, wie das BAG hinsichtlich des Messestewards gemeint hat, schon aus dem TV ergebe. Nach § 2 Abs. 3 TV gehören die Messestewards - soweit sie nicht gelernte Kellner sind - zwar zu den Junggraden; damit ist aber noch nicht dargetan, daß die Messestewards überhaupt und insbesondere für den Stewardberuf durch andere sachkundige Personen ausgebildet werden; dies kann insbesondere nicht aus § 44 Abs. 2 TV entnommen werden, weil diese Vorschrift, wie ihre Nachfolgebestimmung im TV für die Deutsche Seeschiffahrt vom 11. Januar 1962 (§ 30) verdeutlicht, allein für die Junggrade des Decksdienstes (Jungen, Jungmänner und Leichtmatrosen) gilt, zu denen der Messesteward nicht gehört. Die Messejungen rechnen, obwohl "Vorgänger" der Messestewards, nicht einmal nach dem TV zu den Junggraden; für sie bestimmt indes § 2 Abs. 1 Nr. 6 TV, daß von den zwei Jahren Fahrzeit als Messejunge "ein Jahr unter Anleitung eines Stewards" gefahren sein muß; dieses eine Jahr ist danach wohl als Berufsausbildung für den Stewardberuf anzusehen, wenn eine einjährige Anleitung durch einen Steward während einer Tätigkeit als Messejunge tatsächlich festgestellt ist; insoweit fehlt aber im vorliegenden Fall wiederum eine entsprechende Feststellung im Berufungsurteil.
Wegen des Fehlens von tatsächlichen Feststellungen über Art und Weise einer Ausbildung des Klägers in der hier streitigen Zeit ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache - da das BSG die erforderlichen Feststellungen nicht selbst treffen kann - zu neuer Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen. Das LSG wird nunmehr zunächst zu klären haben, ob, in welcher Weise und mit welchem Ziel der Kläger in der Zeit von Mai 1959 bis Juni 1961 überhaupt ausgebildet worden ist. Erst wenn dies feststeht, kann weiter geprüft werden, ob die Ausbildung auch die Arbeitsleistung überwogen, d. h. ob die Ausbildung der jeweiligen Tätigkeit das Gepräge gegeben hat. Auch das ist eine Voraussetzung für die Annahme einer Berufsausbildung (eines Ausbildungsverhältnisses) im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 2 AVG. Der Beklagten kommt es zwar darauf an, daß die Voraussetzungen der Berufsausbildung möglichst allgemein, d. h. losgelöst vom jeweiligen Einzelfall, festgestellt werden; so sehr dies an sich wünschenswert wäre, so lassen sich doch für die Tätigkeiten der Messejungen und Messestewards kaum allgemeine Feststellungen treffen. Das hängt damit zusammen, daß es hier an einer Ausbildungsregelung, wie sie für die Junggrade des Decksdienstes in der VO vom 12. Juli 1960 geschaffen ist, fehlt und daß, wie die Beklagte selbst dargelegt hat, die Verhältnisse sehr unterschiedlich sind, je nachdem auf welchem Schiff der Messejunge und der Messesteward fährt. Es kommt daher immer auf die besonderen Verhältnisse des Einzelfalls an (so bereits das RVA in AN 1929, 159 ff für einen ähnlichen Fall; vgl. auch AN 1928, 338). Dabei wird allerdings bei dem Abwägen zwischen der Ausbildung und der Arbeitsleistung kein zu enger Maßstab anzulegen sein. Das LSG wird vielmehr davon ausgehen dürfen, daß bei nachgewiesener ernsthafter Ausbildung die Verrichtung normaler Arbeit in der Regel ebenfalls dem Ausbildungszweck dient; insoweit kann auf die Ausführungen des 4. Senats in dem Urteil vom 22. November 1962 verwiesen werden. Die letzte Voraussetzung der Berufsausbildung, daß sie - d. h. das gesamte Ausbildungsverhältnis - die Zeit und die Arbeitskraft der Waise ganz oder doch überwiegend beansprucht, wird hier wohl schon deshalb zu bejahen sein, weil der Kläger neben der Tätigkeit als Messejunge und als Messesteward keine andere Erwerbsarbeit hat verrichten können.
In seiner neuen Entscheidung wird das LSG über die Kosten des Revisionsverfahrens mit zu befinden haben.
Fundstellen