Leitsatz (amtlich)
Bauarbeiten an Straßenleitplanken sind Bauleistungen iS des AFG § 75 Abs 1 Nr 3. In Betrieben, die überwiegend Leitplanken aufstellen und instandsetzen, ist die ganzjährige Beschäftigung gemäß BaubetrV § 1 Abs 1 Nr 1 Buchst z DBuchst bb zu fördern, wenn es sich nicht um reine Montage von Stahl-, Eisen-, Metall- oder Leichtmetallplanken handelt.
Normenkette
AFG § 75 Abs. 1 Nr. 3 Fassung: 1972-05-19, § 76 Fassung: 1972-05-19; BaubetrV § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. t Fassung: 1972-07-19, Buchst. z DBuchst bb Fassung: 1972-07-19
Verfahrensgang
LSG Hamburg (Entscheidung vom 28.04.1977; Aktenzeichen V ARBf 14/76) |
SG Hamburg (Entscheidung vom 30.03.1976; Aktenzeichen 7 RAr 205/75) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 28. April 1977 aufgehoben, soweit die Klägerin Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Schlechtwettergeld für März 1974 beantragt.
Die Sache wird insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob die Arbeitnehmer der Klägerin für den Monat März 1974 Anspruch auf Schlechtwettergeld (SWG) haben und ob die Klägerin im Jahre 1974 und ab 1977 zum Kreis der Arbeitgeber des Baugewerbes gehört, die in die Winterbauförderung einbezogen sind.
Die Klägerin, die früher im wesentlichen Grabenreinigungsarbeiten ausgeführt hat, ist daneben auch mit dem Montieren und Reparieren von Leitplanken an Autobahnen und sonstigen Straßen sowie mit anderen Arbeiten beschäftigt. Die Anteile der einzelnen Tätigkeiten an der gesamten Tätigkeit der Klägerin sind nicht gleichbleibend, sondern verändern sich entsprechend dem Auftragseingang. Im Jahre 1974 hat die Klägerin zu knapp 60 % Arbeiten an Leitplanken vorgenommen. Mit Bescheid vom 29. April 1975 lehnte das Arbeitsamt Hamburg den von der Klägerin am 7. Mai 1974 gestellten Antrag auf SWG und Wintergeld für den Abrechnungszeitraum vom 1. März bis 31. März 1974 ab, weil Spezialbetriebe, die Leitplanken aufstellen, nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 2. Oktober 1973 (AP Nr 15 zu § 1 TVG, Tarifverträge: Bau) nicht von den Tarifverträgen des Baugewerbes erfaßt würden. Den Widerspruch wies es mit Bescheid vom 5. Juni 1975 zurück. Mit Urteil vom 30. März 1976 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen.
Mit der Berufung hat die Klägerin auch Feststellung begehrt, daß sie zum Kreis der winterbauförderungsberechtigten Arbeitgeber des Baugewerbes gehöre. Die Beklagte hat dies für die Jahre 1975 und 1976 anerkannt.
Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 28. April 1977 die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, für die Feststellungsklage seien die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 55 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegeben. Das Interesse der Klägerin und ihrer Arbeitnehmer sei nicht darauf beschränkt, daß über den Anspruch für den Monat März 1974 entschieden werden. Vielmehr habe die Zugehörigkeit des Betriebes zum Kreise der winterbauförderungsberechtigten Arbeitgeber des Baugewerbes Bedeutung für alle im Unterabschnitt "Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft" geregelten Ansprüche. Die Feststellungsklage sei aber unbegründet, da die Klägerin im Jahre 1974 nicht zu den Arbeitgebern des Baugewerbes zu zählen sei und sich diese Frage für das Jahr 1977 noch nicht beantworten lasse.
Dementsprechend hätten die Arbeitnehmer der Klägerin für März 1974 auch keinen Anspruch auf SWG gehabt. Die Klägerin habe im Jahre 1974 nicht, wie in der Begriffsbestimmung des § 75 Abs 1 Nr 2 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) gefordert, überwiegend Bauleistungen erbracht; denn der Anteil der Leitplankenarbeiten an den insgesamt ausgeführten Arbeiten habe knapp 60 % betragen. Als zeitliche Bezugseinheit, innerhalb derer die Bauleistungen überwiegen müßten, sei im Interesse einer praktikablen Feststellbarkeit das Kalenderjahr zugrundezulegen. Die im Jahre 1974 überwiegend ausgeführten Leitplankenarbeiten seien keine Bauleistungen iS des § 75 Abs 1 Nr 3 AFG. Nach dem Willen des Gesetzgebers hätten nur solche Betriebe unter die Förderung fallen sollen, die herkömmlicherweise zu den Betrieben des Baugewerbes gehören. Insofern sei die enge Anlehnung des Wortlauts des § 75 Abs 1 Nr 3 AFG sowie der Baubetriebe-Verordnung vom 19. Juli 1972 (BGBl I 1257) - BaubetrVO - an den Wortlaut des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe vom 1. April 1971 (BRTV-Bau) kein Zufall. Der Geltungsbereich der Tarifordnung für das Baugewerbe werde aber nicht nur durch den Tarifvertrag selbst, sondern zudem auch durch die hierzu ergangene Rechtsprechung der Arbeitsgerichte konkretisiert. Es sei daher in diesem Falle von Bedeutung, daß das BAG das Aufstellen von Metall-Leitplanken nicht zu den von den Bautarifverträgen erfaßten Bauleistungen rechnet, sondern Leitplanken als Verkehrssicherungsanlagen ansieht.
Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision trägt die Klägerin vor, es handele sich bei der Montage von Leitplanken an Bundesautobahnen und anderen Straßen sehr wohl um Bauleistungen; denn eine Straße sei ein Bauwerk und eine Leitplanke ein Bestandteil eines solchen Bauwerks. Dem anderslautenden Urteil des BAG könne nicht gefolgt werden. Das ergebe sich auch daraus, daß diese Arbeiten herkömmlicherweise vom Baugewerbe verrichtet würden. So gehe die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes von der Mitgliedschaft der Klägerin im Baugewerbe aus. Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung müßten gerade auch die Aufsteller von Leitplanken in die Winterbauförderung einbezogen werden, da diese von den Witterungsverhältnissen besonders abhängig seien. Von der Ermächtigung zum Erlaß von Verordnungen gem § 76 Abs 2 AFG sei nicht in einer dem Sinn und Zweck der Winterbauförderung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden. Die BaubetrVO hätte nicht einfach die im BRTV-Bau aufgeführten Betriebsarten übernehmen dürfen, da die Zugehörigkeit zum Tarifvertrag tarifpolitische Gründe haben könne.
Die Klägerin beantragt,
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1. |
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das Urteil des LSG Hamburg vom 28. April 1977, das Urteil des SG Hamburg vom 30. März 1976 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. April 1975 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 1975 aufzuheben, |
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2. |
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festzustellen, daß die Klägerin im Jahre 1974 und ab 1. Januar 1977 zum Kreis der winterbauförderungsberechtigten Arbeitgeber des Baugewerbes gehört, |
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3. |
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die Beklagte dem Grunde nach zu verurteilen, für 42 ausgefallene Arbeitsstunden im März 1974 SWG zu zahlen. |
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Zu der Revisionsbegründung führt sie ergänzend aus, daß durch die §§ 74ff AFG nicht allgemein die ganzjährige Beschäftigung in witterungsabhängigen Betrieben gefördert werden solle, sondern nur in Betrieben des Baugewerbes. Das Merkmal der Witterungsabhängigkeit sei lediglich für die Frage maßgeblich, ob ein Betrieb des Baugewerbes in die Winterbauförderung einzubeziehen sei.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist zulässig. Hinsichtlich der Leistungsklage ist sie iS der Zurückverweisung der Sache an das LSG zu neuer Verhandlung und Entscheidung begründet.
Der mit der Leistungsklage geltend gemachte Anspruch auf Gewährung von SWG für den Monat März 1974 setzt gem § 83 AFG voraus, daß der Betrieb der Klägerin zum Baugewerbe gehört. Nach der Begriffsbestimmung des § 75 Abs 1 Nr 2 AFG sind Betriebe des Baugewerbes solche Betriebe oder Betriebsabteilungen, die überwiegend Bauleistungen erbringen. Bauleistungen sind alle Bauarbeiten, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen (§ 75 Abs 1 Nr 3 AFG). Nach den Feststellungen des LSG hat die Klägerin im Jahre 1974 zu knapp 60 % Arbeiten an Leitplanken durchgeführt. Die daneben ausgeführten anderen Arbeiten sind, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist, Bauleistungen gewesen. Aber auch bei den überwiegend ausgeübten Leitplankenarbeiten hat es sich um Bauleistungen gehandelt.
Vom Begriff der Bauleistungen werden nur Arbeiten am erdverbundenen Bau erfaßt (BSG SozR 4670 § 2 Nr 2). Das ist beim Aufstellen und Reparieren von Leitplanken der Fall, selbst wenn sich die Klägerin darauf beschränkt haben sollte, die Planken an die bereits eingerammten Pfosten zu montieren. So ist zB auch die Montage des Gerüstmaterials zum Baugerüst auf der Baustelle eine Arbeit am erdverbundenen Bauwerk (Schönefelder/Kranz/Wanka, AFG, Kommentar, § 75 RdNr 10). Als fest mit dem Erdboden verbunden gelten ferner Bauwerke, die lediglich auf Fundamente und Sockel gestellt und an diesen nur durch Schrauben oder ähnliches befestigt sind (Blumensaat/Sperner/Unkelbach/Weimer, Kommentar zum BRTV-Bau, Ausgabe 1978 § 1 Anm 13). Die Leitplankenarbeiten dienen auch der Herstellung oder Instandsetzung eines Bauwerkes. Ob bereits die Leitplanken als solche ein Bauwerk sind, kann dahingestellt bleiben. Sie gehören nach Auffassung des Senats jedenfalls zur Straße, die ein Bauwerk ist.
Für die Bestimmung einer Arbeit als Bauleistung ist mitentscheidend, ob sie herkömmlich vom Baugewerbe verrichtet wird (Schönefelder/Kranz/Wanka aaO § 75 Anm 5; BT-Drucks VI/2689 S 11 zu § 75 Abs 1). Dies ist beim Straßenbau offenkundig gegeben und zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Ebenso rechnen der BRTV-Bau und die BaubetrVO Betriebe, in denen Straßenbauarbeiten verrichtet werden, zu den Betrieben des Baugewerbes.
Die Leitplankenarbeiten dienen der Herstellung oder Instandsetzung des Bauwerks der Straße und sind als Straßenbauarbeiten Bauleistungen. Zum Straßenbau werden beispielsweise das Ausschachten des Straßenbettes, das Verpacken der Unterlage und das Einlegen von Entwässerungen gerechnet (BAG, aaO). Das Bauwerk der Straße besteht aber nicht nur aus der Fahrbahn und ihrer Unterlage. Dazu gehören vielmehr auch etwa die Entwässerungsgräben und bei Straßen über dem Niveau des Geländes der Damm mit seinen Böschungen. Die Leitplanken müssen, um ihren Zweck zu erfüllen, zwischen der Fahrbahn und dem Straßengraben stehen, sie müssen mit auf dem Damm angebracht sein und stehen zB bei der Autobahn zwischen den beiden Fahrbahnen. Bei dieser räumlichen Zugehörigkeit müssen die Leitplanken als Bestandteil der Straße angesehen werden. Allerdings hat das BAG ausgeführt, das Aufstellen vorgefertigter Leitplanken an Straßen habe nichts mit der Straße zu tun, dh mit der Straße als Bauwerk (BAG aaO). Das BAG hat damit aber lediglich ausgesprochen, diese Arbeiten könnten nicht den Straßenbauarbeiten im tarifvertraglichen Sinne zugerechnet werden. Leitplankenarbeiten könnten zwar irgendwie etwas mit dem Bau und der Betriebsfähigkeit von Straßen zu tun haben. In diesem extensiven Sinne verstünden jedoch die Tarifvertragsparteien den Begriff der Straßenarbeiten gerade nicht. Das BAG hat sich mithin bei seiner engen Auslegung des Begriffs der Straßenbauarbeiten auf den Willen der Tarifvertragsparteien gestützt. Für die Auslegung des § 75 AFG kann dieser Wille indessen nicht maßgebend sein. Die Begriffsbestimmung des § 75 Abs 1 AFG ist zwar nach den Gesetzesmaterialien in Anlehnung an den BRTV-Bau gebildet worden (BT-Drucks VI/2689 S 11 zu § 75). Dies berechtigt jedoch nicht dazu, tarifvertragliche Bestimmungen, die aufgrund von praktischen Bedürfnissen und historischen Entwicklungen zu einer eigenständigen Regelung geführt haben, bei der Auslegung der eindeutigen Definition des § 75 AFG zu berücksichtigen (BSG vom 5. Dezember 1978 - 7 RAr 3/78 -). Insbesondere kann demgemäß der Wille der Tarifvertragsparteien nicht ausschlaggebend für die Auslegung des § 75 AFG sein.
Das gilt auch für die weitere Begründung des BAG, daß Leitplanken keineswegs begriffsnotwendig zu einer Straße gehörten. Allerdings mag es sein, daß die Tarifvertragsparteien die Begriffsnotwendigkeit voraussetzen. Das zum Begriff Notwendige stellt aber stets nur ein Mindestmaß dar und erfaßt oftmals nicht das, was nach der allgemeinen Verkehrsanschauung durchaus noch zum Gegenstand gehört (Blumensaat, Anm zum Urteil des BAG aaO).
Der § 76 Abs 2 AFG iVm der BaubetrVO bestimmt, in welchen Betrieben des Baugewerbes die ganzjährige Beschäftigung zu fördern ist. Nach § 1 Nr 1 BaubetrVO sind das insbesondere diejenigen Betriebe des Baugewerbes, in denen die dort in Buchst a bis z genannten Arbeiten verrichtet werden. Die in Nr 1 aufgeführten Arbeiten stimmen bis auf redaktionelle Abweichungen mit dem Wortlaut des BRTV-Bau überein, soweit sie für die von der Klägerin verrichteten Arbeiten in Betracht kommen (siehe Hennig/Kühl/Heuer, Kommentar zum AFG, § 1 BaubetrVO Anm 1 und 2). Demgemäß sind Leitplanken-Arbeiten wie im BRTV-Bau in der BaubetrVO nicht ausdrücklich genannt. Sie gehören aber, wie dargelegt, zu den Straßenbauarbeiten. In § 1 Nr 1 Buchst z (bb) BaubetrVO werden Straßenbauarbeiten ausdrücklich genannt. Die Bestimmung verwendet den Begriff allerdings in einem einschränkenden Sinne und zwar eingeschränkt durch die Bestimmung des § 1 Nr 1 Buchst t der Verordnung. Danach werden Betriebe, in denen Montagearbeiten verrichtet werden, die der Erstellung von Bauten aller Art oder der Ausführung sonstiger Bauleistungen dienen, zu den Betrieben des Baugewerbes gerechnet. Dies gilt aber nicht für reine Stahl-, Eisen-, Metall- und Leichtmetallbauarbeiten. Die Vorschrift muß im vorliegenden Falle gegenüber § 1 Nr 1 Buchst z (bb) BaubetrVO als die speziellere Regelung angesehen werden. Durch § 1 Nr 1 Buchst t BaubetrVO wird eine bestimmte Art von Tätigkeiten erfaßt, die unabhängig von der Art des Bauwerks auftreten können. Demgegenüber könnte das Aufstellen und Instandsetzen von Leitplankenarbeiten zu den Straßenbauarbeiten nur deshalb gerechnet werden, weil die Leitplanken zur Straße gehören. Wenn deshalb im Betrieb der Klägerin überwiegend nur die reine Montage von Stahl-, Eisen-, Metall- oder Leichtmetallplanken angefallen sein sollte, wäre in diesem Betrieb die ganzjährige Beschäftigung nicht zu fördern. Das LSG wird dazu noch Feststellungen treffen müssen. Wenn danach insbesondere die Arbeiter der Klägerin die Pfosten für die Leitplanken selbst eingerammt haben und auch die Reparaturarbeiten nicht überwiegend darin bestanden haben, daß etwa nur beschädigte Planken ausgewechselt wurden, dann würde es sich um Straßenbauarbeiten iS des § 1 Nr 1 Buchst z (bb) BaubetrVO gehandelt haben.
Soweit die mit diesen Ausführungen des Senats vorgenommene Auslegung des § 75 AFG und der BaubetrVO mit der Auslegung des BRTV-Bau durch das BAG nicht übereinstimmt, ist eine Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes nicht geboten. Der Senat weicht damit nicht in einer Rechtsfrage von der Entscheidung des BAG ab, so daß es nicht gem §§ 2, 11 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Juni 1968 (BGBl I 661) einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes bedarf. Bei der vom BAG entschiedenen Zugehörigkeit zum BRTV-Bau handelt es sich um eine andere Rechtsfrage als bei der Zugehörigkeit zu den Betrieben des Baugewerbes iS des § 75 AFG und der BaubetrVO. Das BAG hat für die Auslegung des Begriffs der Straßenbauarbeiten entscheidend auf den Willen der Tarifvertragsparteien abgestellt, die für die Begriffsbestimmung im Rahmen des § 75 AFG und der BaubetrVO jedenfalls nicht ausschlaggebend sein kann.
Schließlich entspricht die Einbeziehung der Betriebe, die Leitplanken aufstellen und instandsetzen, soweit nicht die Montagearbeiten mit Stahl, Eisen, Metall oder Leichtmetall überwiegen, auch dem Ermächtigungsrahmen des § 76 Abs 2 AFG. Danach sollen in die Förderung nämlich nur Betriebe einbezogen sein, deren Bautätigkeit in der Schlechtwetterzeit dadurch voraussichtlich in wirtschafts- oder sozialpolitisch erwünschter Weise belebt werden wird. Nach der Rechtsprechung des 12. Senats des Bundessozialgerichts - BSG - (BSG SozR 4100 § 186a Nr 4) kann ein Betrieb einer Branche, die nach der BaubetrVO insgesamt als förderbar bezeichnet wird, aus der Förderung herausfallen, wenn er einer abgrenzbaren Gruppe von Betrieben der Branche angehört, die von vornherein nicht förderungsfähig ist. Die Klägerin ist aber sowohl bei den Leitplankenarbeiten als auch bei den anderen von ihr verrichteten Arbeiten im Freien tätig und damit Witterungseinflüssen in der Schlechtwetterzeit ausgesetzt. Sie gehört zu den Betrieben, deren Bautätigkeit durch die Winterbauförderung belebt werden kann.
Das LSG wird weiterhin Feststellungen zu den übrigen Voraussetzungen für einen Anspruch auf SWG dem Grunde nach (§§ 83 - 85 AFG) zu treffen haben. Die Sache ist daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Revision ist im übrigen, dh hinsichtlich des Feststellungsantrages der Klägerin unbegründet, denn die Feststellungsklage ist unzulässig.
Allerdings ergibt sich eine teilweise Unzulässigkeit der Feststellungsklage nicht schon daraus, daß nach dem Vortrag der Klägerin ihre Arbeitnehmer im Jahre 1977 gegen sie vor dem Arbeitsgericht Klage auf Zahlung von Wintergeld erhoben haben und sie in diesem Verfahren der Beklagten den Streit verkündet hat. Beim Arbeitsgericht kann nicht der Anspruch auf Wintergeld rechtshängig sein, sondern nur der Anspruch der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsvertrag, daß die Klägerin den Antrag auf das Wintergeld stellt sowie der Anspruch der Arbeitnehmer auf Schadensersatz wegen nicht rechtzeitiger Erfüllung dieser Pflicht. Es handelt sich also um einen anderen Streitgegenstand, so daß im vorliegenden Rechtsstreit nicht der Einwand der Rechtshängigkeit erhoben werden kann.
Für die Feststellungsklage fehlt es, was die Vergangenheit betrifft, am Rechtsschutzbedürfnis. Wenn die Einzelansprüche, um die es geht, alle bereits entstanden sind, kann nicht Feststellung der ihnen zugrunde liegenden Rechtsbeziehung begehrt werden (Miesbach/Ankenbrank/Hennig/Danckwerts, Kommentar zum SGG § 55 Bem 2). Alle möglichen Einzelansprüche der Klägerin auf Leistungen der produktiven Winterbauförderung einschließlich des Wintergeldes sowie die Ansprüche der Arbeitnehmer auf SWG für 1974 und ab 1. Januar 1977 bis zur Gegenwart sind bereits entstanden. Die Klägerin mußte die entsprechenden Leistungsanträge stellen und bei deren Ablehnung die zulässigen Rechtsbehelfe einlegen. Diesen für die genannten Leistungen vorgezeichneten Weg kann die Klägerin nicht durch Erhebung der Feststellungsklage umgehen. Das BSG hat allerdings die Feststellungsklage gegen eine Behörde trotz möglicher Leistungsklage als zulässig angesehen, wenn zu erwarten ist, daß die Behörde den obsiegenden Kläger auch ohne Leistungsurteil befriedigen wird (BSGE 10, 21, 24). Dabei ging es aber um einen Sachverhalt, der sich vom vorliegenden wesentlich unterschied: Der Kläger verlangte nämlich die Aufhebung eines die Rückerstattung von Beiträgen ablehnenden Bescheides und daneben Feststellung, daß er sozialversicherungsfrei gewesen sei. In jenem Falle lag eine Verwaltungsentscheidung über den Leistungsantrag vor, die im Verfahren angefochten wurde, während die Klägerin im vorliegenden Falle die Feststellung ohne vorangegangene Verwaltungsentscheidung begehrt. Nur für den Anspruch auf SWG im Monat März 1974 liegt ein Bescheid vor; insoweit bedarf es aber keiner darüber hinausgehenden Feststellung des Rechtsverhältnisses.
Das Feststellungsinteresse läßt sich auch nicht damit begründen, daß die Klägerin klären will, ob sie die Winterbauumlage zu Recht oder zu Unrecht erbracht hat. Nach ihrer eigenen Meinung ist sie umlagepflichtig. Insoweit hat sie kein Interesse an einer diese Pflicht bestätigenden Feststellung.
Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt ebenfalls, soweit die Klägerin Feststellung ihrer Zugehörigkeit zum Kreis der winterbauförderungsberechtigten Arbeitgeber des Baugewerbes für die Gegenwart und die Zukunft begehrt. Im Verfahren über den Antrag auf Gewährung von SWG für den Monat März 1974 wird geklärt, ob das Aufstellen und Reparieren von Leitplanken zu den Bauleistungen gehört und ob im Betrieb der Klägerin, solange überwiegend diese Arbeiten durchgeführt werden, die ganzjährige Beschäftigung nach § 76 Abs 2 AFG zu fördern ist. Es kann davon ausgegangen werden, daß die Beklagte als Anstalt des öffentlichen Rechts diese Rechtsfragen gegenüber der Klägerin in Zukunft über die Rechtskraft des Urteils hinaus nicht abweichend beantworten wird. Zumindest gibt es keine Anhaltspunkte, daß die Beklagte sich nicht in diesem Sinne an das Urteil hält. Deshalb bedarf es der ausdrücklichen Feststellung im Sinne des Antrags der Klägerin nicht mehr.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Urteil des LSG vorbehalten.
Fundstellen