Verfahrensgang

BVerwG (Beschluss vom 10.01.1994; Aktenzeichen 7 B 204.93)

VG Weimar (Urteil vom 20.09.1993; Aktenzeichen 4 K 31/92 We)

 

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

 

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Stichtagsregelung in § 4 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz – VermG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. April 1991 (BGBl I S. 957).

I.

1. Die Beschwerdeführer wenden sich gegen die Rückübertragung des Eigentums an einem im Beitrittsgebiet belegenen Einfamilienhaus an die Beigeladenen des Ausgangsverfahrens. Diese hatten das Haus im Zusammenhang mit ihrer Ausreise aus der Deutschen Demokratischen Republik aufgrund notariellen Kaufvertrags vom 2. November 1989 an die Beschwerdeführer veräußert, denen vier Tage später das Nutzungsrecht an dem dazu gehörenden Grundstück verliehen wurde.

Dem Antrag der Beigeladenen auf Rückübertragung des Hauses wurde im Dezember 1990 stattgegeben. Widerspruch und Klage, die die Beschwerdeführer dagegen erhoben, hatten im Ergebnis keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch den Berichterstatter als Einzelrichter abgewiesen:

Das Vermögensgesetz sei in der Fassung vom 18. April 1991 anzuwenden. Das ergebe sich aus Art. 14 Abs. 4 Satz 1 des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes vom 14. Juli 1992 (BGBl I S. 1257), weil das Verfahren vor Inkrafttreten dieses Gesetzes am 22. Juli 1992 schon durch den Widerspruchsbescheid als abschließende Entscheidung abgeschlossen gewesen sei.

Daß der angefochtene Bescheid den Beschwerdeführern nicht zugestellt worden sei, sei unschädlich. Der Inhalt des Bescheids sei ihnen im Januar 1991 mit Wissen und Willen des Beklagten übermittelt worden. Die Beschwerdeführer hätten daraufhin Widerspruch eingelegt. Dabei hätten sie Bekanntgabemängel nicht gerügt. Damit hätten sie nach Treu und Glauben das Recht, die fehlerhafte Bekanntgabe im Klageverfahren zu rügen, verloren.

Die Beigeladenen seien Berechtigte im Sinne des § 2 Abs. 1 VermG. Der streitgegenständliche Vermögenswert sei Gegenstand einer Maßnahme im Sinne von § 1 Abs. 3 VermG gewesen, weil er von den Beschwerdeführern aufgrund unlauterer Machenschaften, hier durch Machtmißbrauch staatlicher Stellen, erworben worden sei. Machtmißbrauch liege in exemplarischer Weise vor, wenn Personen zum Zweck der Erlangung einer Genehmigung zur Ausreise aus der Deutschen Demokratischen Republik dazu angehalten worden seien, über Haus- oder Grundvermögen zu verfügen. Bei rechtsgeschäftlichen Veräußerungen, die wie hier im zeitlichen Zusammenhang mit der Erteilung einer Ausreisegenehmigung vorgenommen worden seien, könne das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 3 VermG vermutet werden. Diese Vermutung werde durch Hinweise aus den Verwaltungsakten gestützt und durch die im übrigen vorgetragenen Tatsachen nicht widerlegt.

Die Rückgabe sei nicht nach § 4 Abs. 2 VermG ausgeschlossen. Der Ausschlußgrund des Satzes 1 dieser Vorschrift gelte gemäß Satz 2 nicht, wenn das dem Erwerb zugrunde liegende Rechtsgeschäft nach dem 18. Oktober 1989 geschlossen worden sei und nach § 6 Abs. 1 und 2 der Verordnung über die Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Oktober 1990 (BGBl I S. 2162; im folgenden: AnmVO) nicht hätte genehmigt werden dürfen. Das sei hier der Fall. Der notarielle Kaufvertrag sei am 2. November 1989 geschlossen worden und nicht im Sinne des § 6 Abs. 1 und 2 AnmVO genehmigungsfähig gewesen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Nichtzulassungsbeschwerde der Beschwerdeführer zurückgewiesen (vgl. RGV B X 20 ≪ST≫). Die Frage, auf welche Fassung des § 4 Abs. 2 Satz 2 VermG in Fällen der vorliegenden Art abzustellen sei, habe es bereits dahin geklärt, daß die Änderungen des Vermögensgesetzes durch das Zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz nur auf solche Verfahren Anwendung fänden, die – anders als hier – bei Inkrafttreten dieses Gesetzes noch nicht durch eine das behördliche Verfahren abschließende Verwaltungsentscheidung beendet gewesen seien. Das Verwaltungsgericht sei mithin zutreffend davon ausgegangen, daß vorliegend noch auf das Vermögensgesetz in der Fassung vom 18. April 1991 abzustellen gewesen sei.

Die geltend gemachten Verfahrensmängel könnten der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Die Verweisung des Rechtsstreits von der Kammer an den Einzelrichter gemäß § 6 Abs. 1 VwGO lasse einen Verfahrensfehler nicht erkennen. Daß der Einzelrichter an dem in der vorliegenden Sache ergangenen Gerichtsbescheid beteiligt gewesen sei, stehe seiner erneuten Befassung mit der Sache nicht entgegen; eine Verletzung des Art. 19 Abs. 4 GG verbinde sich damit ersichtlich nicht. Weder ein Verfahrensfehler noch ein Zulassungsgrund sei schließlich der Rüge zu entnehmen, die Beschwerdeführer hätten den angefochtenen Bescheid vom Dezember 1990 nicht erhalten. Diese Rüge beziehe sich allein auf das Verwaltungsverfahren. Unabhängig davon hätten die Beschwerdeführer nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts vom Inhalt dieses Bescheids Kenntnis erlangt, ohne dessen fehlerhafte Bekanntgabe im weiteren Verwaltungsverfahren zu rügen.

2. Mit der Verfassungsbeschwerde wenden sich die Beschwerdeführer gegen die Verwaltungsbescheide und die beiden verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen. Sie rügen eine Verletzung von Art. 3, Art. 14, Art. 19 Abs. 4, Art. 101 und Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip.

a) Art. 19 Abs. 4 GG sei verletzt, weil das Verwaltungsverfahren ohne die Beschwerdeführer abgelaufen sei. Der zugunsten der Beigeladenen ergangene Restitutionsbescheid sei ihnen nicht zugestellt worden. Er sei ihnen erst dadurch zur Kenntnis gelangt, daß die Behörde sie unter Hinweis auf die ergangene Entscheidung zur Herausgabe des Grundstücks aufgefordert habe. Nur wenn der betroffene Grundstückseigentümer am Restitutionsverfahren beteiligt sei, sei es gerechtfertigt, die richterliche Kontrolle des Restitutionsbescheids auf eine einzige Instanz zu beschränken.

b) Im Verwaltungsprozeß sei zunächst das Verwaltungsgericht E.… zuständig gewesen. Im Einvernehmen mit den Verfahrensbeteiligten sei dort ein Gerichtsbescheid ergangen. Dann sei das Verwaltungsgericht W.… zuständig geworden. Der Rechtsstreit sei auch hier trotz Widerspruchs der Beschwerdeführer vom Einzelrichter entschieden worden. Die Zuständigkeit des neuen Gerichts hätte eine Entscheidung der Kammer erfordert. Durch die erneute Einzelrichterentscheidung sei Art. 101 Abs. 1 GG verletzt worden.

Der vorliegende Fall zeige auch, daß der Ausschluß der Berufung durch § 37 Abs. 2 VermG mit der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nicht vereinbar sei. Auch Art. 103 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG seien verletzt.

c) Außerdem sei durch die angegriffenen Entscheidungen gegen Art. 14 Abs. 1 GG verstoßen worden. Durch den Bescheid vom Dezember 1990 sei das Eigentum der Beschwerdeführer gelöscht worden, ohne daß sie die geringste Sicherheit für den Rückerhalt ihrer eigenen Leistungen hätten. Wenn man der Auffassung sei, daß dem restitutionsbelasteten Grundeigentum ab 18. Oktober 1989 der Makel der Anfechtbarkeit anhafte, könne das nur dazu führen, daß den Erwerbsvorgängen nachträglich die rechtliche Anerkennung versagt werde und die Rechtsverhältnisse rückabgewickelt würden. Eine Zug-um-Zug-Abwicklung habe hier aber nicht stattgefunden.

Die Stichtagsregelung zum 18. Oktober 1989 sei ein unzulässiger Eingriff in die Eigentumsgarantie. Sie könne nicht gelten, wenn der Eigentumserwerb auf unmittelbarer rechtsgeschäftlicher Grundlage zwischen Restitutionsberechtigtem und Erwerber beruhe. Demjenigen, der vom Restitutionsberechtigten nach dem 18. Oktober 1989 Eigentum erworben habe, werde vorgehalten, sein Erwerb sei nicht schutzwürdig, weil er den grundlegenden Wandel in der Eigentums- und Rechtsordnung der Deutschen Demokratischen Republik hätte erkennen und deshalb vom Mangel seines Eigentumserwerbs hätte ausgehen müssen. Dasselbe müsse dann aber für den Restitutionsberechtigten gelten, der in Kenntnis des unmittelbar bevorstehenden Wandels der sozialistischen Eigentums- und Rechtsordnung so lange hätte zuwarten können, bis er seine Rechte und Interessen hätte wahrnehmen können.

d) Darin liege zugleich ein unerträglicher Fall der Ungleichbehandlung. Eine weitere Ungleichbehandlung sei darin zu sehen, daß § 4 Abs. 2 Satz 2 VermG zwar für Privathausgrundstücke, nicht aber für unternehmerische Betriebsgrundstücke gelte. Schließlich verstoße es gegen Art. 3 Abs. 1 GG, daß der Restitutionsanspruch zurückgewiesen werde, wenn am Grundstück ein Nutzungsrecht begründet worden sei. Die Stichtagsregelung sei willkürlich.

3. Den Antrag der Beschwerdeführer auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung hat die Kammer abgelehnt (vgl. VIZ 1994, S. 349).

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen.

1. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung. Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 23. November 1999 – 1 BvF 1/94 – ist geklärt, daß die Stichtagsregelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 VermG mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Sie verstößt weder gegen Art. 14 Abs. 1 noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der von den Beschwerdeführern als verletzt bezeichneten Verfassungsrechte angezeigt. Denn die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.

a) Die Rüge, Art. 19 Abs. 4 GG sei verletzt, weil das Verwaltungsverfahren ohne Beteiligung der Beschwerdeführer durchgeführt und ihnen der Bescheid vom Dezember 1990 nicht zugestellt worden sei, ist schon unzulässig. Die Beschwerdeführer setzen sich in diesem Zusammenhang nicht in der nach § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 und § 92 BVerfGG gebotenen Weise mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts auseinander, daß sie im Januar 1990 vom Inhalt des Bescheids Kenntnis erlangt, im Widerspruchsverfahren Bekanntmachungsmängel nicht gerügt und deshalb nach Treu und Glauben das Recht verloren hätten, die fehlerhafte Bekanntgabe im Klageverfahren zu rügen. Auch zeigen sie nicht auf, daß und in welcher Weise der gerichtliche Rechtsschutz, der den Beschwerdeführern tatsächlich gewährt worden ist, durch deren Nichtbeteiligung im Verwaltungsverfahren und die unterbliebene Zustellung des Restitutionsbescheids konkret beeinträchtigt worden ist. Es ist für eine solche Beeinträchtigung auch sonst nichts ersichtlich.

b) Unzulässig ist auch die Rüge, das Verwaltungsgericht habe Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG dadurch verletzt, daß statt der Kammer nach § 6 Abs. 1 VwGO der Einzelrichter entschieden hat. Insoweit fehlt es ebenfalls an einem hinreichend substantiierten Beschwerdevorbringen. Die Beschwerdeführer gehen nicht darauf ein, daß das Bundesverwaltungsgericht die Entscheidung durch den Einzelrichter nicht beanstandet und einen Verstoß sowohl gegen (einfaches) Verfahrensrecht als auch (unter dem Gesichtspunkt des Art. 19 Abs. 4 GG) gegen Verfassungsrecht verneint hat. Auch zeigen die Beschwerdeführer nicht auf, daß und aus welchen Gründen das Vorgehen des Verwaltungsgerichts willkürlich gewesen sein könnte (zu den Voraussetzungen von Willkür vgl. BVerfGE 87, 282 ≪284 f.≫ m.w.N.). Ein Verstoß gegen die Gewährleistung des gesetzlichen Richters kann unter diesen Umständen nicht festgestellt werden.

Soweit die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang verfassungsrechtliche Bedenken dagegen erheben, daß nach § 37 Abs. 2 Satz 1 VermG in vermögensrechtlichen Streitigkeiten die Berufung gegen die Urteile des Verwaltungsgerichts ausgeschlossen ist, können sie auch damit nicht durchdringen. Weder Art. 19 Abs. 4 GG noch Art. 103 Abs. 1 GG noch das Rechtsstaatsprinzip verlangt, für eine gerichtliche Entscheidung ein Rechtsmittel an ein Gericht höherer Instanz vorzusehen (vgl. BVerfGE 74, 358 ≪377≫ m.w.N.). § 37 Abs. 2 Satz 1 VermG ist deshalb verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, NJW 1996, S. 2722 ≪2723≫).

c) Die Rüge, die angegriffenen Entscheidungen verstießen gegen Art. 14 Abs. 1 GG, bleibt ebenfalls ohne Erfolg.

aa) Daß die Stichtagsregelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 VermG die Eigentumsgarantie nicht verletzt, hat das Bundesverfassungsgericht für die unter dem 3. August 1992 (BGBl I S. 1446) bekanntgemachte Fassung der Vorschrift in dem genannten Urteil vom 23. November 1999 schon entschieden. Für die Regelung in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. April 1991, die die Verwaltungsgerichte ihren Entscheidungen zugrunde gelegt haben, ohne daß dagegen verfassungsrechtliche Bedenken bestünden, gilt nichts anderes (vgl. dazu näher Beschluß der Kammer vom heutigen Tage im Verfahren 1 BvR 176/94).

bb) Auch die Anwendung des § 4 Abs. 2 Satz 2 VermG führt nicht dazu, daß die angegriffenen Entscheidungen im Hinblick auf das Eigentumsgrundrecht zu beanstanden wären.

aaa) Soweit die Beschwerdeführer geltend machen, bei Wirksamkeit der Stichtagsregelung hätte das Erwerbsgeschäft rückabgewickelt und ihnen Zug um Zug der Kaufpreis zurückgezahlt werden müssen, steht der Zulässigkeit dieses Vorbringens der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde entgegen. Ausweislich der Begründung der zum Bundesverwaltungsgericht erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde haben die Beschwerdeführer diese Frage, obwohl sie nach dem genannten Grundsatz dazu verpflichtet gewesen wären (vgl. BVerfGE 81, 22 ≪27≫ m.w.N.), im dortigen Verfahren nicht aufgeworfen. Sie können sie deshalb nicht jetzt zum Gegenstand ihrer Verfassungsbeschwerde machen.

bbb) Steht § 4 Abs. 2 Satz 2 VermG, wie in dem Urteil vom 23. November 1999 ausgeführt ist, in dem typischen Fall des Erwerbs volkseigener Grundstücke und Gebäude mit Art. 14 Abs. 1 GG in Einklang, kann mit Blick auf den hier gegebenen Fall des Verkaufs von Privat an Privat nichts anderes gelten. Ob § 4 Abs. 2 Satz 2 VermG auch einen derartigen Sachverhalt erfaßt, ist zunächst eine von den Verwaltungsgerichten zu entscheidende einfachrechtliche Frage. Wird sie wie im Fall der Beschwerdeführer bejaht, kann dies vom Bundesverfassungsgericht vor dem Hintergrund der Senatsentscheidung vom 23. November 1999 nur noch daraufhin überprüft werden, ob der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sachfremde Erwägungen zugrunde liegen, weil sich der Richterspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt vertreten läßt (vgl. BVerfGE 89, 1 ≪13 f.≫). Auch insoweit sind verfassungsrechtliche Bedenken nicht zu erheben.

Daß auch die Veräußerung von in Privateigentum stehenden Gebäuden unter die Stichtagsregelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 VermG fällt, wenn das zugrunde liegende Rechtsgeschäft nach dem 18. Oktober 1989 geschlossen worden ist, entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwGE 96, 178 ≪181 f.≫; BVerwG, VIZ 1996, S. 91 ≪92≫); das vermögensrechtliche Schrifttum ist dieser Rechtsprechung zumindest teilweise gefolgt (vgl. Schmidt, in: Kimme, Offene Vermögensfragen, § 4 VermG Rn. 46, 155 ff. ≪Stand: Mai 1997≫; a.A. dagegen noch Koch, in: Rädler/Raupach/Bez-zenberger, Vermögen in der ehemaligen DDR, § 4 VermG Rn. 42 ≪Stand: 11. Erg.Lfg.≫). Das Bundesverwaltungsgericht hat seine Auffassung nachvollziehbar mit dem Wortlaut des § 4 Abs. 2 Satz 2 VermG und vor allem mit dem Zweck der Regelung begründet, der darauf gerichtet sei, der Durchkreuzung der Restitution durch redlichen Erwerb bei Rechtsgeschäften nach dem Stichtag entgegenzuwirken, und auch für Veräußerungen von in privatem Eigentum stehenden Objekten zutreffe (vgl. BVerwG, VIZ 1996, S. 91 ≪92≫). Als kraß fehlerhaft kann diese Argumentation nicht angesehen werden. Die auf ihr beruhenden Entscheidungen verstoßen deshalb nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Bedeutung als Willkürverbot.

d) Auch im übrigen kann nicht festgestellt werden, daß Art. 3 Abs. 1 GG durch die angegriffenen Entscheidungen verletzt ist.

Die Situation des früheren Eigentümers, der sein Gebäudeeigentum kurz nach dem 18. Oktober 1989 infolge Machtmißbrauchs im Sinne von § 1 Abs. 3 VermG verloren hat, wie dies im Ausgangsverfahren in bezug auf die Beigeladenen festgestellt worden ist, unterscheidet sich so wesentlich von der Lage des Erwerbers des auf dieser Grundlage veräußerten Gebäudes, daß es unter dem Blickwinkel des allgemeinen Gleichheitssatzes nicht beanstandet werden kann, wenn in den angegriffenen Entscheidungen der Umstand, daß seit dem 18. Oktober 1989 das Bevorstehen eines grundlegenden Wandels der sozialistischen Eigentums- und Rechtsordnung hätte erkannt werden können, auf seiten des Veräußerers nicht berücksichtigt worden ist. Soweit die Beschwerdeführer eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung weiter damit begründen, daß § 4 Abs. 2 Satz 2 VermG zwar auf Privathausgrundstücke, nicht aber auf unternehmerische Betriebsgrundstücke angewandt werde, haben sie dies nicht näher ausgeführt; den Darlegungserfordernissen des § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 und des § 92 BVerfGG ist deshalb insoweit nicht genügt. Im übrigen kann, was den Vorwurf der Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG durch § 4 Abs. 2 Satz 2 VermG selbst angeht, auf die Ausführungen in dem Senatsurteil vom 23. November 1999 verwiesen werden.

e) Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).

 

Unterschriften

Papier, Grimm, Hömig

 

Fundstellen

Haufe-Index 1276215

VIZ 2000, 148

WM 2000, 244

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