Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtannahmebeschluss: mangels substantiierter Begründung unzulässige Verfassungsbeschwerde gegen die Ablehnung der Wiederaufnahme eines Strafverfahrens
Normenkette
BVerfGG § 23 Abs. 1, § 79 Abs. 1, § 90 Abs. 2 S. 1; StPO § 359 Nr. 5; BVerfGG § 92
Beteiligte
Verfahrensgang
LG Amberg (Beschluss vom 29.04.1996; Aktenzeichen 1 Qs 41/96) |
AG Amberg (Beschluss vom 22.12.1995; Aktenzeichen 113 Cs 2 Js 9535/86) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde genügt nicht den Anforderungen, die nach §§ 23 Abs. 1, 92 BVerfGG an die Begründung einer Verfassungsbeschwerde zu stellen sind, und ist aus diesem Grund unzulässig.
1. Ein Beschwerdeführer muß innerhalb der Beschwerdefrist (vgl. § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG) die Grundrechtsverletzung durch Bezeichnung des angeblich verletzten Rechts und des die Verletzung enthaltenden Vorgangs substantiiert und schlüssig vortragen. Dazu sind die angegriffenen Entscheidungen vorzulegen oder ihrem wesentlichen Inhalt nach so mitzuteilen, daß beurteilt werden kann, ob sie mit dem Grundgesetz in Einklang stehen oder nicht (vgl. BVerfGE 88, 40 ≪45≫; 93, 266 ≪288≫).
Lehnen die Strafgerichte die Wiederaufnahme eines Strafverfahrens gemäß § 359 Nr. 5 StPO ab, weil die beigebrachten Tatsachen oder Beweismittel nicht neu oder nicht geeignet seien, dann gehört zu einer substantiierten Darlegung des Lebenssachverhalts in aller Regel neben der Vorlage der angegriffenen Entscheidungen auch, daß das Strafurteil und der Wiederaufnahmeantrag vorgelegt werden (vgl. Beschluß der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Februar 1999 - 2 BvR 1435/98 –).
Nichts anderes gilt bei einem auf § 79 Abs. 1 BVerfGG gestützten Wiederaufnahmeantrag. Denn ohne genaue Kenntnis der Einzelheiten des der Verurteilung zugrundeliegenden Sachverhalts, der von dem Strafgericht vorgenommenen Würdigung der Beweise und der Rechtslage sowie der Ausführungen des Beschwerdeführers, warum das rechtskräftige Strafurteil auf einer mit dem Grundgesetz für unvereinbar oder nach § 78 BVerfGG für nichtig erklärten Norm oder auf der für mit dem Grundgesetz für unvereinbar erklärten Auslegung einer Norm beruht, kann in der Regel nicht geprüft werden, ob die die Wiederaufnahme ablehnende Entscheidung mit dem Grundgesetz in Einklang steht.
Soweit ein Beschwerdeführer damit auch gehalten ist, seinen Wiederaufnahmeantrag vorzulegen, ist dies die Folge der gesetzlichen Regelung des § 79 Abs. 1 BVerfGG. Danach ist in den dort genannten Fällen die Rechtswirkung eines nur mittelbar betroffenen Strafurteils nicht ohne weiteres aufzuheben (vgl. BVerfGE 15, 303 ≪308≫; vgl. auch Lechner/Zuck, BVerfGG, 4. Aufl., § 79, Rn. 5), sondern lediglich eine Wiederaufnahmemöglichkeit für den Verurteilten zu schaffen, die bestimmte Anforderungen an Inhalt und Umfang seines Vorbringens, insbesondere auch die Notwendigkeit von Darlegungen zur Beruhensfrage, mit sich bringt (vgl. Gössel in: Löwe/ Rosenberg, StPO, 25. Aufl., vor § 359, Rn. 170; Marxen/ Tiemann, Die Wiederaufnahme in Strafsachen, Rn. 355).
Im übrigen ergibt sich die Notwendigkeit der Vorlage des Wiederaufnahmeantrags auch aus einem anderen Gesichtspunkt. Der Grundsatz der Subsidiarität (vgl. § 90 Abs. 2 BVerfGG) erfordert, daß ein Beschwerdeführer über das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinne hinaus alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Grundrechtsverletzungen bereits im fachgerichtlichen Verfahren zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (BVerfGE 81, 22 ≪27≫). Dies hat der Beschwerdeführer durch Übersendung oder inhaltliche Wiedergabe der maßgeblichen Schriftsätze und angegriffenen Entscheidungen substantiiert zu belegen (vgl. Beschluß der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 14. August 1998 - 1 BvR 897/98 –, NJW 1999, S. 857). Für die strafrechtliche Wiederaufnahme bedeutet dies, daß der Beschwerdeführer jedenfalls seinen Wiederaufnahmeantrag, regelmäßig aber auch seinen Rechtsmittelschriftsatz, vorzulegen bzw. im einzelnen wiederzugeben hat.
2. Der Verfassungsbeschwerde fehlt es – gemessen an diesen Maßstäben – an einer substantiierten Begründung, weil die Beschwerdeführerin weder ihren Wiederaufnahmeantrag noch die Begründung ihrer sofortigen Beschwerde vorgelegt oder deren wesentlichen Inhalt wiedergegeben hat.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Limbach, Winter, Hassemer
Fundstellen