Verfahrensgang

LG Bochum (Beschluss vom 20.12.1993; Aktenzeichen 2 Qs 13/93)

AG Bochum (Beschluss vom 26.10.1993; Aktenzeichen 30 Ls 35 Js 285/92)

 

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

 

Tatbestand

I.

Die Beschwerdeführerin wendet sich mit der am 9. Februar 1994 eingelegten Verfassungsbeschwerde gegen Beschlüsse des Amtsgerichts und Landgerichts Bochum, mit denen eine von ihr gemäß § 116 Abs. 1 Nr. 4 StPO geleistete Sicherheit gemäß § 124 StPO für verfallen erklärt und ihre sofortige Beschwerde hiergegen als unbegründet verworfen wurde. Sie rügt eine Verletzung ihrer Grund- und Menschenrechte aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 8 der Menschenrechtskonvention, Art. 14 Abs. 1, Art. 20 GG (Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und Verhältnismäßigkeit) in Verbindung mit Art. 5 Abs. 3, Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Menschenrechtskonvention.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an, weil die Annahmevoraussetzungen nicht vorliegen. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.

  • Die Verfassungsbeschwerde ist nicht innerhalb der Monatsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG eingelegt worden.

    Die Beschwerdeführerin hatte im Ausgangsverfahren neben dem Bevollmächtigten noch einen weiteren Rechtsanwalt mit ihrer Verteidigung beauftragt, der zur Entgegennahme von Zustellungen bevollmächtigt war. Diesem Verteidiger wurde der angegriffene Beschluß des Landgerichts bereits am 7. Januar 1994 zugestellt. Dem Bevollmächtigten als weiterem Verteidiger wurde der Beschluß am 10. Januar 1994 und der Beschwerdeführerin am 12. Januar 1994 zugestellt. Die Einlegungsfrist begann mit der ersten Zustellung. Das Bundesverfassungsgericht hat in dem Beschluß vom 19. Juli 1966 – 2 BvR 356/66 – bereits entschieden, daß § 37 Abs. 2 StPO a.F. (= § 37 Abs. 3 StPO n.F.) sich nur auf Zustellungen, die strafprozessuale Fristen in Lauf setzen, bezieht und auf das Verfassungsbeschwerde-Verfahren keine Anwendung findet. Dieser Entscheidung ist weiterhin zu folgen.

  • Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einlegungsfrist (§ 93 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG) kann der Beschwerdeführerin nicht gewährt werden.

    Ein Wiedereinsetzungsantrag ist nicht gestellt. Die Gewährung der Wiedereinsetzung von Amts wegen (§ 93 Abs. 2 Satz 4 Halbs. 2 BVerfGG) kommt nicht in Betracht. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Schriftsatz vom 11. März 1999 ist nicht davon auszugehen, daß die Beschwerdeführerin die Einlegungsfrist ohne Verschulden ihres Bevollmächtigten, das ihrem eigenen Verschulden gleichsteht (§ 93 Abs. 2 Satz 6 BVerfGG), versäumt hat.

    Die Fristversäumung beruht danach nicht auf einem Rechtsirrtum des Bevollmächtigten. Vielmehr hatte er von der früheren Zustellung des angegriffenen Beschlusses keine Kenntnis, obwohl er den weiteren Verteidiger der Beschwerdeführerin am 3. Februar 1994 per Telefaxschreiben um Nachricht gebeten hatte, “falls der Landgerichtsbeschluß im Beschwerdeverfahren nicht (wie hier) am 10. Januar 1994 zugestellt” worden sei.

    Der Bevollmächtigte hatte aufgrund des ihm erteilten Auftrags, Verfassungsbeschwerde einzulegen, alles ihm Zumutbare zu tun und zu veranlassen, damit die Einlegungsfrist gewahrt wird. Dazu gehörte die eigenverantwortliche Feststellung der Einlegungsfrist. Dies erforderte die Ermittlung des Zeitpunkts weiterer Zustellungen der letzten angegriffenen Entscheidung. Die zu diesem Zweck ergriffenen Maßnahmen mußten eine zuverlässige Information gewährleisten. Dafür war die Anfrage des Bevollmächtigten nicht geeignet. Sie bedurfte aufgrund der Fragestellung nicht in jedem Fall einer Antwort und ließ den Adressaten über ihren Anlaß im Unklaren.

    Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Unterschriften

Limbach, Winter, Hassemer

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1276502

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