Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylfolgeverfahren. Asylrechtliches vorläufiges Rechtsschutzverfahren. Echtheit einer Urkunde
Beteiligte
Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde betrifft im Wesentlichen die Frage, ob die Zurückweisung eines Beweisantrags zur Überprüfung der Echtheit einer vorgelegten ausländischen öffentlichen Urkunde auf Grund eigenen Fachwissens des Gerichtes in einem asylrechtlichen vorläufigen Rechtsschutzverfahren nach Ablehnung eines Asylfolgeantrags den Anforderungen des Anspruchs auf rechtliches Gehör genügt.
Die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung (§ 93a Abs. 2 BVerfGG) liegen nicht vor. Weder kommt ihr grundsätzliche Bedeutung zu noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten Verfassungsrechte des Beschwerdeführers angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Soweit der vietnamesische Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG durch die angegriffenen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts im vorläufigen Rechtsschutz rügt, genügt die Verfassungsbeschwerde nicht den Begründungsanforderungen der §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG. Ohne auf die angegriffenen Entscheidungen einzugehen, wird lediglich eigener Tatsachenvortrag entgegengehalten.
Die angegriffenen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Wiesbaden verletzen den Beschwerdeführer nicht in seinem gerügten Anspruch auf rechtliches Gehör. Dabei kann offen bleiben, inwieweit die nachfolgend dargelegten Maßstäbe in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach Ablehnung eines Asylfolgeantrags in dem die Aufklärungspflicht des Verwaltungsgerichts von Verfassungs wegen eingeschränkt ist (Art. 16a Abs. 4 Satz 1, 2. Halbsatz GG; §§ 71 Abs. 4, 36 Abs. 4 AsylVfG; vgl. dazu Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 16. März 1999 – 2 BvR 2131/95 –, DVBl 1999, 1204), überhaupt anwendbar sind. Selbst wenn dies hier bei der Prüfung, ob ein Abschiebungshindernis nach § 53 AuslG vorliegt, zu bejahen sein sollte, ist ein Verfassungsverstoß nicht ersichtlich.
Art. 103 Abs. 1 GG bietet keinen Schutz dagegen, dass ein angebotener Beweis aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts nicht erhoben wird. Die Nichtberücksichtigung eines von den Fachgerichten als erheblich angesehenen Beweisangebots verstößt nur dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (vgl. BVerfGE 50, 32 ≪35 f.≫; 65, 305 ≪307≫). Einem Antrag auf Prüfung der Echtheit einer vorgelegten ausländischen öffentlichen Urkunde durch Einholung einer Auskunft ist daher nicht stets nachzugehen. Nach der auch im Verwaltungsprozess grundsätzlich anwendbaren Regelung des § 438 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO hat das Gericht nach den Umständen des Einzelfalles zu ermessen, ob eine Urkunde, die sich darstellt als von einer ausländischen Behörde oder von einem mit öffentlichem Glauben versehenen Person des Auslandes errichtet, ohne näheren Nachweis als echt anzusehen sei. Die Verfassung zwingt nicht zu einer Auslegung dieser Bestimmung dahingehend, dass der Nachweis der Unechtheit ausnahmslos durch Einschaltung der deutschen Auslandsvertretung – hier durch die Einholung einer Auskunft über das Auswärtige Amt – herbeizuführen ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 11. Februar 1992 – 2 BvR 1003/91 –, veröffentlicht in JURIS). Der Verzicht des Gerichts auf Einholung einer Auskunft zur Echtheit des vorgelegten „Verfolgungsbefehles” vom 26. Januar 1992 ist nach den Umständen des Einzelfalles nicht zu beanstanden. Das Gericht hat im Beschluss vom 18. Januar 2002 deutlich gemacht, dass es selbst über das nötige Fachwissen zur Beurteilung der Echtheit der Urkunde verfügt (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 28. Juni 1990 – 9 B 15/90, NVwZ-RR 1990, 652; OVG NW, Beschluss vom 29. Oktober 2001 – 8 A 3664/01.A –, AuAS 2002, 40).
Dass das Gericht dabei die Probleme der Übertragbarkeit der zu einer anderen Urkunde eingeholten Auskunft auf die hier zu beurteilende Urkunde nicht berücksichtigt hat, ist nicht ersichtlich. Auch vor dem Hintergrund des Verbotes der Beweisantizipation ist weder erkennbar noch hat der Beschwerdeführer substantiiert vorgetragen, dass die vom Gericht im Beschluss aufgeführten, gegen die Echtheit der Urkunde streitenden Indizien keine eindeutige Beurteilung erlauben, die sichere Grundlage einer rechtlichen Überzeugung sein können (vgl. dazu Berlit-GK-AsylVfG, Stand: Januar 2002, § 78 Rn. 406).
Durch die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde erledigt sich zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Sommer, Osterloh, Di, Fabio
Fundstellen
Haufe-Index 708126 |
NVwZ 2002, 73 |
DVBl. 2002, 834 |