I.
1. Vor dem Landgericht Darmstadt fand ein Strafverfahren wegen Totschlags statt, in dem die Beschwerdeführerin als Schwester des Getöteten mit Beschluß vom 18. September 1997 als Nebenklägerin zugelassen war. Die Hauptverhandlung begann am 9. Oktober 1997 und endete am 16. Februar 1998 mit einer Verurteilung des Angeklagten zu lebenslanger Freiheitsstrafe. Das Urteil, das auch die Verpflichtung zur Tragung der notwendigen Auslagen der Nebenklage enthält, ist noch nicht rechtskräftig.
Am 23. Oktober 1997 beantragte die Beschwerdeführerin Prozeßkostenhilfe; dem Antrag war eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt, die lediglich Angaben über persönliche Daten enthielt und ansonsten auf den beigefügten Bescheid über Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz verwies.
2. Mit Beschluß vom 12. Januar 1998 wies das Landgericht in laufender Hauptverhandlung den Prozeßkostenhilfeantrag zurück. Die Bedürftigkeit der Beschwerdeführerin sei nach den vorgelegten Unterlagen und nach den Erkenntnissen der Strafkammer im Rahmen der Beweisaufnahme nicht glaubhaft gemacht. Die von ihr vorgelegte Erklärung vom 20. Oktober 1997 über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse enthalte keine oder falsche Angaben bezüglich ihres Vermögens. Die Beschwerdeführerin verschweige namentlich die Haltung eines Pkw's, wie sich aus dem vorgelegten Sozialhilfebescheid ergebe. Darüber hinaus halte es die Kammer für ausgeschlossen, daß der Familie der Beschwerdeführerin nur das von dieser angegebene Einkommen in Höhe von 1.160 DM zur Verfügung stehe. Nach dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme halte es die Kammer für auf der Hand liegend, daß die Familie des Opfers und der Ehemann der Beschwerdeführerin sich in einem Milieu bewegten, in dem man sich um weitere Erwerbsquellen bemühe, deren Erträge vorhanden seien, aber von den Beteiligten nicht offenbart würden. Dafür spreche, daß im Rahmen der Beweisaufnahme bekannt geworden sei, daß der Ehemann der Beschwerdeführerin zeitweilig als Türsteher gearbeitet habe.
3. Hiergegen erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 16. Januar 1998 Gegenvorstellung. Zum einen habe die Beweisaufnahme nicht ergeben, daß ihr Ehemann als Türsteher gearbeitet habe. Zum anderen habe sie einen aktuellen Sozialhilfebescheid zu den Akten gereicht, wobei als gerichtsbekannt unterstellt werde, daß die Sozialverwaltung bereits überprüfe, in welchen wirtschaftlichen Verhältnissen sich ein Antragsteller nach dem Bundessozialhilfegesetz befinde. Im Rahmen dieser Prüfungen seien sowohl die Einkommens- als auch die Vermögensverhältnisse zu durchleuchten. Gemäß § 397a StPO i. V. m. § 115 Abs. 2 ZPO und § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG dürfe die Gewährung von Sozialhilfe nicht von der Verwertung kleinerer Vermögen, bei ihr 4.200 DM, abhängig gemacht werden. Da das bei ihr vorhandene Kraftfahrzeug bereits bei der Bedarfsprüfung durch das Sozialamt berücksichtigt worden sei, könne das bei ihr vorhandene Vermögen somit 4.200 DM nicht überschritten haben. Sonst hätte sie keine oder nur eine gekürzte Sozialhilfe erhalten. Mithin könne auch das im Beschluß der Kammer angeführte Argument, sie sei Halterin eines Kraftfahrzeuges, zu keiner anderen Einschätzung führen. Schließlich sei in dem Formular, das von ihr ausgefüllt worden sei, der Passus vermerkt gewesen, daß – sofern das Gericht nicht etwas anderes anordne – die Beifügung eines Sozialhilfebescheides anstelle detaillierter Angaben in der vorgelegten Erklärung ausreichend sei. Dies besage nichts anderes, als daß ein Spruchkörper, der Angaben zur Sozialhilfe ungeprüft übernehmen wolle, dem Antragsteller rechtliches Gehör im Sinne von Art. 103 Abs. 1 GG zu gewähren habe. Dieser rechtlichen Verpflichtung sei die Kammer, die zu keinem Zeitpunkt Anlaß gesehen habe nachzufragen, ob über das in der Erklärung angegebene Einkommen hinaus weitere Einkommens- und Vermögensbestandteile vorhanden seien, aber nicht nachgekommen.
Mit Beschluß vom 30. Januar 1998 wurde dieser Gegenvorstellung ohne weitere Begründung nicht abgeholfen.
4. Die im Wege der einstweiligen Anordnung beantragte Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts Darmstadt vom 12. Januar 1998 lehnte das Bundesverfassungsgericht durch Beschluß vom 12. Februar 1998 nach Maßgabe von Folgeerwägungen ab.
II.
1. Die Beschwerdeführerin rügt die Verletzung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG sowie einen Verstoß gegen das Willkürverbot nach Art. 3 Abs. 1 GG. Indem das Gericht den Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe abgelehnt habe, ohne zuvor von ihr gegebenenfalls ergänzende Auskünfte zu ihrer wirtschaftlichen Situation anzufordern, habe die Strafkammer die ihr aus Art. 103 Abs. 1 GG zukommende Informationspflicht verletzt. Damit sei ihr die Möglichkeit genommen worden, sich zu möglichen Bedenken des Gerichts zu äußern. Der ablehnende Beschluß habe ihr in vielerlei Hinsicht Anlaß geboten, Äußerungen sowohl zur Tatsachenwürdigung als auch zu rechtlichen Aspekten, etwa zur Berücksichtigung von Vermögen im Rahmen der Gewährung von Sozialhilfe, zu machen. Durch die rechtsfehlerhafte Versagung von Prozeßkostenhilfe habe die Kammer schon deshalb gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs verstossen, weil das Institut der Prozeßkostenhilfe für sich genommen bereits Ausfluß von Art. 103 Abs. 1 GG sei. Es solle schließlich finanziell minderbemittelten Verfahrensbeteiligten ermöglichen, sich nach dem Grundsatz der Waffengleichheit im Rahmen ihrer prozessualen Rechte Gehör zu verschaffen. Nicht zuletzt sei auch das in Art. 3 Abs. 1 GG wurzelnde Willkürverbot verletzt, indem das Gericht die Voraussetzungen der §§ 114 ff. ZPO nicht bedacht oder aber diese Voraussetzungen ohne plausible und sachlich zureichende Gründe verneint habe.
2. Die Hessische Staatskanzlei hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.
Die Verfassungsbeschwerde wird zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung von Grundrechten der Beschwerdeführerin angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchst. b BVerfGG). Auch liegen die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung vor (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG), da das Bundesverfassungsgericht die für die Entscheidung maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden hat.
Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet. Die angegriffenen Beschlüsse verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem in Art. 103 Abs. 1 GG verbürgten Anspruch auf rechtliches Gehör.
1. Das Gebot rechtlichen Gehörs soll unter anderem gewährleisten, daß der Einzelne nicht bloßes Objekt des Verfahrens ist, sondern vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommt, um Einfluß auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können (vgl. BVerfGE 7, 275 ≪279≫; 55, 1 ≪5 f.≫; 57, 250 ≪275≫). Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten in einem gerichtlichen Verfahren die Gelegenheit, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlaß der Entscheidung zu äußern (vgl. BVerfGE 1, 418 ≪429≫; stRspr). An einer solchen Gelegenheit fehlt es nicht erst dann, wenn ein Beteiligter gar nicht zu Wort gekommen ist oder wenn das Gericht seiner Entscheidung Tatsachen zugrunde legt, zu denen die Beteiligten nicht Stellung nehmen konnten (vgl. BVerfGE 10, 177 ≪182 f.≫; 19, 32 ≪36≫; stRspr). Eine dem verfassungsrechtlichen Anspruch genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt auch voraus, daß der Verfahrensbeteiligte bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermag, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann. Art. 103 Abs. 1 GG verlangt zwar grundsätzlich nicht, daß das Gericht vor der Entscheidung auf seine Rechtsauffassung hinweist; ihm ist auch keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht des Richters zu entnehmen (vgl. BVerfGE 66, 116 ≪147≫). Es kommt jedoch im Ergebnis der Verhinderung eines Vortrags gleich, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozeßbeteiligter nach dem bisherigen Prozeßverlauf nicht zu rechnen brauchte (vgl. BVerfGE 84, 188 ≪190≫). Diesem verfassungsrechtlichen Maßstab genügt die Entscheidung des Landgerichts vom 12. Januar 1998 nicht.
a) Die Auffassung des Landgerichts in seinem Beschluß vom 12. Januar 1998, die Beschwerdeführerin habe ihre Bedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht, war für diese nicht voraussehbar. Das Gericht hätte deswegen – bevor es den Antrag ohne weiteres zurückwies – zu erkennen geben müssen, daß es trotz Vorlage des Bescheides über Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz die wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine Prozeßkostenhilfegewährung für nicht dargetan hielt.
Wer als Nebenkläger Prozeßkostenhilfe beantragt und dabei dem gemäß § 397a StPO i. V. m. § 117 Abs. 2 ZPO zu verwendenden Vordruck einen Bescheid des Sozialamts über ihm gewährte Leistungen zum Lebensunterhalt beifügt, ist davon befreit, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im einzelnen darzulegen und nachzuweisen (vgl. § 2 Abs. 2 der Prozeßkostenhilfevordruckverordnung vom 17. Oktober 1994, BGBl I S. 3001). Er darf darauf vertrauen, daß das Gericht sein Prozeßkostenhilfegesuch auf der Grundlage dieser Angaben prüft und ihm aus der Verwendung einer vereinfachten Erklärung keine Nachteile erwachsen (vgl. Wax, in: Münchner Kommentar zur ZPO, § 117, Rn. 19). Hat das Gericht Zweifel an der Richtigkeit der in dem Bescheid enthaltenen Angaben oder hält es diesen für unvollständig, ist es ihm deshalb verwehrt, den Antrag ohne weiteres zurückzuweisen. Vielmehr muß es dem Antragsteller Gelegenheit geben, die vorhandenen Zweifel zu entkräften, indem es entsprechend § 2 Abs. 3 der genannten Verordnung die vollständige Ausfüllung des Vordrucks anordnet. Wäre das Gericht nach diesen Grundsätzen verfahren, hätte sich die Beschwerdeführerin auch insoweit rechtliches Gehör verschaffen und – wie auch später in der Gegenvorstellung geschehen – darlegen können, daß die Angaben in dem vorgelegten Bescheid zutreffend seien.
b) Dieser Mangel rechtlichen Gehörs ist auch nicht dadurch geheilt worden, daß die Beschwerdeführerin im Rahmen einer Gegenvorstellung Gelegenheit hatte, zu den die Ablehnung von Prozeßkostenhilfe tragenden Gründen Stellung zu nehmen. Das Landgericht hat in seiner die Gegenvorstellung zurückweisenden Entscheidung vom 30. Januar 1998 nicht zu erkennen gegeben, daß es das Vorbringen der Beschwerdeführerin in seine Entscheidungsfindung einbezogen hat, und hat dadurch die Verletzung des der Beschwerdeführerin zustehenden Anspruchs auf rechtliches Gehör weiter vertieft.
Zwar geht das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich davon aus, daß die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen auch im Rahmen ihrer Entscheidungsfindung zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Die Gerichte sind auch nicht verpflichtet, sich in den Entscheidungsgründen mit jedem Vorbringen ausdrücklich zu befassen, insbesondere nicht bei letztinstanzlichen, mit ordentlichen Rechtsbehelfen nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen. Deshalb müssen im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, daß das tatsächliche Vorbringen eines Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen worden oder doch jedenfalls nicht in die Entscheidung eingeflossen ist (vgl. BVerfGE 65, 293 ≪295 f.≫; 70, 288 ≪293≫). Geht indes das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags eines Beteiligten zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen gar nicht ein, so läßt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (vgl. BVerfGE 47, 182 ≪189≫; 86, 133 ≪146≫).
Hier hat das Landgericht die Gegenvorstellung der Beschwerdeführerin gegen den die Prozeßkostenhilfe versagenden Beschluß zurückgewiesen, ohne auch nur in einem einzigen Punkt inhaltlich darauf einzugehen. Die ohne jegliche Begründung ergangene Entscheidung läßt deshalb nicht erkennen, daß das Landgericht das Vorbringen der Beschwerdeführerin in seine Entscheidungsfindung einbezogen hat. Es liegen auch im übrigen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß das Landgericht den Vortrag der Beschwerdeführerin zwar erwogen, aber im Ergebnis als unwesentlich beurteilt haben könnte. Dabei hätten die ins einzelne gehenden Einwendungen der Beschwerdeführerin, die zu Recht auf die grobe Verkennung der Bedeutung ihrer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hingewiesen hat, wenn nicht ohne weiteres eine Abänderung der Ausgangsentscheidung, so doch zumindest eine intensive Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen nahegelegt.
2. Angesichts des festgestellten Grundrechtsverstoßes kommt es auf die weiteren Rügen der Beschwerdeführerin nicht mehr an.
3. Die angegriffenen Entscheidungen beruhen auf der festgestellten Verfassungsverletzung, da nicht auszuschließen ist, daß das Landgericht dem Prozeßkostenhilfegesuch der Beschwerdeführerin bei einer verfassungsrechtlich einwandfreien Rechtsfindung entsprochen hätte.
Die angegriffenen Entscheidungen sind daher aufzuheben, die Sache ist an das Landgericht zurückzuverweisen (§§ 93c Abs. 2, 95 Abs. 2 BVerfGG).
Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.