Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen seine Nichtberücksichtigung bei Entscheidungen des Insolvenzrichters über die Bestellung von Insolvenzverwaltern.
1. Der Beschwerdeführer ist seit vielen Jahren als Rechtsanwalt zugelassen. Er ist Fachanwalt unter anderem für Insolvenzrecht und betätigt sich als Autor rechtswissenschaftlicher Veröffentlichungen zum Insolvenzrecht. Ferner ist er Lehrbeauftragter einer Universität und Leiter insolvenzrechtlicher Fortbildungsveranstaltungen. Während er zuvor bei dem betreffenden Amtsgericht wiederholt zum Konkursverwalter, vorläufigen Konkursverwalter und Sequester bestellt worden war, berücksichtigte ihn der zuständige Insolvenzrichter in den letzten Jahren trotz Aufnahme in die Vorauswahlliste nicht bei der Bestellung von Insolvenzverwaltern, vorläufigen Insolvenzverwaltern und Gutachtern. Letztmalig wurde dem Beschwerdeführer im September 2004 durch den Insolvenzrichter mitgeteilt, dass er zwar in der Vorauswahlliste geführt werde, aber eine konkrete Bestellung mit Blick auf das richterliche Auswahlermessen nicht erfolgt sei.
2. Daraufhin stellte der Beschwerdeführer beim Oberlandesgericht Antrag auf gerichtliche Entscheidung im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG. Auf Anfrage des Gerichts erklärte der zuständige Insolvenzrichter, die ihm von seinem Vorgänger und den Rechtspflegern mitgeteilte mangelnde Präsenz des Beschwerdeführers vor Ort und Klagen über die Qualität einzelner Verfahrenshandlungen des Beschwerdeführers hätten ihn bewogen, diesen zwar in die Vorauswahlliste aufzunehmen, in den konkreten Verfahren jedoch andere zur Auswahl stehende Bewerber zu bestellen, die er als jeweils geeigneter eingestuft habe. Gerade die kurzfristige persönliche Erreichbarkeit und die unmittelbare räumliche Nähe zum Insolvenzgericht sei ein wesentliches Kriterium zur Beurteilung der Geeignetheit. Im Einzelfall könne es aber Konstellationen geben, bei denen dieser Nachteil in der Geeignetheit nicht oder nicht wesentlich zu Buche schlage und sich gegebenenfalls auch zum Vorteil wandele.
Das Oberlandesgericht hat den Antrag des Beschwerdeführers, das Amtsgericht Mainz zu verpflichten, ihn zukünftig zumindest im gleichen Verhältnis als Sachverständigen, vorläufigen Insolvenzverwalter und als Insolvenzverwalter einzusetzen wie die übrigen Personen, mit dem angegriffenen Beschluss als unzulässig abgewiesen. Ein solcher Anspruch widerspreche dem Grundsatz der einzelfallbezogenen Auswahl und Bestellung. Den weiteren auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Nichtberücksichtigung in der Vergangenheit gerichteten Antrag hat das Oberlandesgericht für unbegründet erachtet. Zwar sei es zulässig, dass der Beschwerdeführer zur Vorbereitung einer Amtshaftungsklage einen Antrag auf nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner fehlenden Berücksichtigung stelle. Der Antrag bleibe jedoch in der Sache selbst ohne Erfolg, weil der Insolvenzrichter für die Nichtbestellung Gründe angeführt habe, die nicht sachfremd seien.
3. Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 3, Art. 12 und Art. 19 Abs. 4 GG.
Das Oberlandesgericht habe nicht beachtet, dass der gestellte Verpflichtungsantrag auch den „reduzierten Antrag” umfasse, im gleichen Verhältnis wie andere Bewerber eingesetzt zu werden, soweit keine Sachgründe für eine Abweichung bestünden. Im Hinblick auf den Feststellungsantrag könnten keine tragfähigen Gründe für seine andauernde Nichtberücksichtigung genannt werden; denn er sei ein anerkannter und erfahrener Insolvenzverwalter.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Voraussetzungen des § 93 a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insbesondere durch den Beschluss des Ersten Senats vom 23. Mai 2006 (1 BvR 2530/04) geklärt, so dass der Verfassungsbeschwerde keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Grundrechte angezeigt (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG); denn die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.
Eine grundsätzliche Verkennung des Bedeutungsgehalts der als verletzt gerügten Grundrechte aus Art. 3, Art. 12 und Art. 19 Abs. 4 GG ist der angegriffenen Entscheidung des Oberlandesgerichts nicht zu entnehmen.
1. Die Auffassung des Oberlandesgerichts, der Beschwerdeführer habe keinen Anspruch darauf, bei der Bestellung zum Insolvenzverwalter im gleichen Umfang berücksichtigt zu werden wie seine Mitbewerber, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Aus § 56 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO), der die Bestellung eines Insolvenzverwalters regelt, folgen für sich genommen keine subjektiven Rechte hinsichtlich der Bestellung zum Insolvenzverwalter. Diese Vorschrift dient der sachgerechten Durchführung des Insolvenzverfahrens und damit der Wahrung der Interessen der Gläubiger sowie auch des Schuldners; sie ist nicht zu dem Zweck geschaffen, Insolvenzverwaltern die berufliche Betätigung zu ermöglichen (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 23. Mai 2006 – 1 BvR 2530/04 –, Umdruck S. 18). Bei seiner Auswahlentscheidung hat der Richter jedoch insbesondere den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten. Das Verbot einer willkürlichen Ungleichbehandlung begründet bei Einräumung von Ermessen – wie hier durch § 56 Abs. 1 InsO – eine Verpflichtung zu dessen sachgerechter Ausübung. Da hiernach bei der Auswahlentscheidung auch die durch Art. 3 Abs. 1 GG geschützten Interessen der geeigneten Bewerber zu berücksichtigen sind, besteht für diese bei der Auswahl des Insolvenzverwalters ein Anspruch auf pflichtgemäße Ermessensausübung. Jeder Bewerber um das Insolvenzverwalteramt muss eine faire Chance haben, entsprechend seiner in § 56 Abs. 1 InsO vorausgesetzten Eignung berücksichtigt zu werden. Nur insofern kann einem Bewerber um das Insolvenzverwalteramt ein subjektives Recht zustehen (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 23. Mai 2006 – 1 BvR 2530/04 –, Umdruck S. 18 f.).
a) Auf der Grundlage dieses subjektiven Rechts kann der Beschwerdeführer allerdings nicht – wie von ihm in erster Linie erstrebt – beanspruchen, im gleichen Verhältnis wie seine Mitbewerber zum Insolvenzverwalter bestellt zu werden. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die regelmäßige Bestellung eines Bewerbers nicht als Ergebnis pflichtgemäßer Ermessensausübung angesehen und daher den Prätendenten um das Insolvenzverwalteramt nicht als Anspruch zugebilligt wird. Ein Ausrichten insolvenzgerichtlicher Bestellungsentscheidungen am Kriterium gleichmäßiger Berufung kann nicht sicherstellen, dass eine – mit Blick auf die Eigenheiten des konkreten Verfahrens und die spezielle Eignung der Bewerber – sachgerechte und damit pflichtgemäße Ermessensausübung erfolgt (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 23. Mai 2006 – 1 BvR 2530/04 –, Umdruck S. 26 f., 35).
b) Ebensowenig begegnet es verfassungsrechtlichen Bedenken, dass das Oberlandesgericht dem Antrag des Beschwerdeführers auf proportionale Berücksichtigung bei den Auswahlentscheidungen nicht mit der Einschränkung stattgegeben hat, dass im Einzelfall keine Sachgründe für eine Abweichung bestehen. Selbst wenn dieses Ziel tatsächlich als Minus in dem weitergehenden Antrag des Beschwerdeführers enthalten sein sollte, ist auch insoweit eine gleichmäßige Beteiligung des Beschwerdeführers an den Bestellungsentscheidungen von Verfassungs wegen nicht geboten. Eine Verpflichtung zur gleichmäßigen Bestellung, von der nur aus Sachgründen abgewichen werden darf, trägt den vorrangigen Interessen der Gläubiger und des Schuldners (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 23. Mai 2006 – 1 BvR 2530/04 –, Umdruck S. 20) nicht in angemessenem Umfang Rechnung. Sie würde vielmehr die Interessen der Bewerber um das Insolvenzverwalteramt in den Mittelpunkt der Auswahlentscheidung rücken; die Besonderheiten des jeweiligen Insolvenzverfahrens könnten erst in zweiter Linie als Korrektiv berücksichtigt werden.
2. Die Abweisung des Feststellungsantrags durch das Oberlandesgericht ist verfassungsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.
Das Oberlandesgericht hat ohne Verfassungsverstoß die Sachwidrigkeit der Bestellungsentscheidungen verneint. Es ist Sache der Fachgerichte, Kriterien für eine sachgerechte Ausübung des Auswahlermessens zu entwickeln (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 23. Mai 2006 – 1 BvR 2530/04 –, Umdruck S. 26). Hinsichtlich der im vorliegenden Fall herangezogenen Auswahlgesichtspunkte (mangelnde Präsenz vor Ort und Erfahrungen aus früheren Verfahren) gibt es keinen Anlass zu verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie stehen insbesondere einer ermessensfehlerfreien Entscheidung nicht grundsätzlich entgegen. Außerdem ist nach der Stellungnahme des zuständigen Insolvenzrichters davon auszugehen, dass diese Kriterien nicht schematisch und nicht ohne Ansehung des Einzelfalles Anwendung finden. Dass die Besonderheiten der jeweiligen Insolvenzverfahren die Berücksichtigung der vom Insolvenzrichter herangezogenen Kriterien verboten hätten, hat der Beschwerdeführer nicht dargetan. Ebensowenig lassen sich seinem Vortrag verfassungsrechtlich Einwände hinsichtlich der vom Oberlandesgericht zugrunde gelegten tatsächlichen Feststellungen entnehmen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93 d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).
Unterschriften
Papier, Steiner, Gaier
Fundstellen
Haufe-Index 1974829 |
WM 2006, 1681 |
WuB 2006, 871 |
ZIP 2006, 1954 |
NZI 2007, 13 |
ZInsO 2006, 1101 |
ZVI 2006, 508 |