Verfahrensgang
Sächsisches LSG (Beschluss vom 17.07.2006; Aktenzeichen L 6 B 168/06 R-KO) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Festsetzung der einem Rechtsanwalt aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen, nachdem der Partei im sozialgerichtlichen Ausgangsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt worden war.
I.
Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt. Er wurde der Klägerin in einem sozialgerichtlichen Rentenverfahren im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet.
Nachdem die Klägerin ein schriftliches Vergleichsangebot der beklagten Landesversicherungsanstalt angenommen hatte und der Rechtsstreit durch übereinstimmende Erledigungserklärungen beendet worden war, beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung seiner Kosten als beigeordneter Rechtsanwalt. Er legte hierbei 2/3 des Höchstbetrages der jeweiligen Gebühr zu Grunde und beantragte unter anderem die Festsetzung einer Terminsgebühr nach Nr. 3106 des Vergütungsverzeichnisses zum Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (RVG-VV). Das Sozialgericht setzte lediglich die jeweilige Mittelgebühr fest und lehnte die Festsetzung einer Terminsgebühr gänzlich ab.
Erinnerung und Beschwerde hatten keinen Erfolg. Das Landessozialgericht führte unter anderem aus, in Verfahren nach den Bestimmungen des Sozialgerichtsgesetzes gebe es entgegen den zivil- und verwaltungsprozessualen Vorschriften keinen “schriftlichen Vergleich”, der die Festsetzung einer Terminsgebühr rechtfertige. Es handele sich um einen außergerichtlichen Vergleich, der erst durch Erledigungs- oder Rücknahmeerklärung prozessbeendigende Wirkung zeige. Die Festsetzung nur der Mittelgebühren sei berechtigt, weil § 14 RVG im Zusammenhang mit der Gewährung von Prozesskostenhilfe nur bedingt anwendbar sei. Auftraggeber sei der Staat. Es passe nicht, diesen als erstattungspflichtigen Dritten im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG anzusehen. Der im Wege der Prozesskostenhilfe tätige Anwalt erbringe eine Standardleistung für eine Standardvergütung. Bei Rahmengebühren müsse es ähnlich den Vergütungsregelungen für Pflichtverteidiger eine Standardisierung geben.
Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung von Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG.
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor.
1. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG); die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt.
2. Die Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).
a) Die Auslegung des einfachen Rechts durch das Landessozialgericht, wonach bei sozialgerichtlichen Verfahren eine Terminsgebühr bei Abschluss eines “schriftlichen Vergleichs” nicht in Ansatz gebracht werden kann, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
b) Demgegenüber hält die Auffassung des Landessozialgerichts, im Falle der Bewilligung von Prozesskostenhilfe sei in sozialgerichtlichen Verfahren stets nur eine Standardvergütung für eine Standardleistung zu gewähren, einer verfassungsrechtlichen Prüfung im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG nicht stand.
Das Landessozialgericht lässt außer Acht, dass es hinsichtlich der Tätigkeit und der Aufgaben im System des Rechtsschutzes keinen Unterschied zwischen im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwälten einerseits und vom Mandanten beauftragten Rechtsanwälten andererseits gibt. Eine geringere Vergütung kann deshalb vor Art. 12 Abs. 1 GG nicht mit geringeren Leistungsanforderungen an beigeordnete Rechtsanwälte, wohl aber mit fiskalischen Interessen des Staates gerechtfertigt werden. Diesen hat der Gesetzgeber allerdings bereits durch Reduzierung der Vergütungssätze in § 49 RVG Rechnung getragen. Die fiskalischen Belange können daher ein weiteres Absenken der Vergütung durch die Rechtsprechung nicht rechtfertigen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 23. August 2005 – 1 BvR 46/05 –, NJW 2005, S. 2980 ≪2981≫).
Im vorliegenden Fall ist die Auffassung des Landessozialgerichts allerdings ohne Folgen für dessen Entscheidung geblieben. Das Landessozialgericht ist offensichtlich davon ausgegangen, dass hier die vom Beschwerdeführer getroffene Gebührenfestsetzung auch unbillig im Sinne von § 14 RVG ist, weil es sich um eine insgesamt durchschnittliche Angelegenheit handelt, die lediglich die Festsetzung der Mittelgebühren angemessen erscheinen lässt.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).
Unterschriften
Papier, Steiner, Gaier
Fundstellen
Haufe-Index 1676481 |
RVGreport 2007, 107 |