Entscheidungsstichwort (Thema)
Abhängigkeit einer Änderungskündigung von der vorherigen Zustimmung des Betriebsrats
Verfahrensgang
LAG Brandenburg (Vorlegungsbeschluss vom 29.09.1999) |
Tenor
Die Vorlage ist unzulässig.
Tatbestand
A.
Die Vorlage betrifft die Frage, ob das Personalvertretungsgesetz für das Land Brandenburg mit dem Grundgesetz vereinbar ist, soweit es die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung von der vorherigen Zustimmung des Personalrats abhängig macht.
I.
Die einschlägigen Vorschriften des Personalvertretungsgesetzes für das Land Brandenburg (PersVG) vom 15. September 1993 (GVBl. I S. 358) haben folgenden Wortlaut:
§ 61
Mitbestimmungsverfahren
(1) Eine der Mitbestimmung des Personalrates unterliegende Maßnahme kann nur mit seiner vorherigen Zustimmung getroffen werden.
(2) Welche Maßnahmen im Einzelnen der Mitbestimmung unterliegen, ergibt sich aus den §§ 62 bis 66.
…
(8) Kommt bei Gemeinden, Ämtern und Kreisen oder sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts mit einstufigem Verwaltungsaufbau zwischen Dienststellenleitung und Personalrat eine Einigung nicht zustande, so kann die Dienststellenleitung innerhalb der Frist nach Absatz 5 Satz 1 die Einigungsstelle anrufen. …
§ 63
Mitbestimmung bei personellen Maßnahmen
(1) Der Personalrat hat bei folgenden personellen Angelegenheiten mitzubestimmen:
…
17. ordentliche Kündigung einschließlich Änderungskündigung,
…
§ 71
Bildung der Einigungsstelle, Kosten
(1) Bei jeder obersten Dienstbehörde, bei den der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften des öffentlichen Rechts, den rechtsfähigen Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts beim obersten Organ wird eine Einigungsstelle gebildet.
(2) Die Einigungsstelle ist eine Einrichtung für die jeweilige Amtszeit der Personalvertretung. Die Mitglieder der Einigungsstelle üben ihr Amt unabhängig und frei von Weisungen aus.
(3) Die Einigungsstelle besteht aus je drei Mitgliedern, die von der zuständigen obersten Dienstbehörde und der dort bestehenden Personalvertretung unverzüglich nach Amtsantritt der Personalvertretung bestellt werden und einem weiteren unparteiischen Mitglied, auf das sich die Dienststelle und Personalvertretung einigen. Das unparteiische Mitglied führt den Vorsitz. Es ist innerhalb von vier Wochen nach Amtsantritt der Personalvertretung zu bestellen.
…
§ 72
Verhandlung und Beschlussfassung der Einigungsstelle
…
(3) Die Einigungsstelle entscheidet nach mündlicher Beratung durch Beschluss. Er wird von den Mitgliedern der Einigungsstelle mit Stimmenmehrheit gefasst. …
(4) Der Beschluss ist unverzüglich schriftlich abzufassen, zu begründen, von dem unparteiischen Mitglied zu unterzeichnen und den Beteiligten zu übersenden. Der Beschluss ist für die Beteiligten bindend, soweit er nicht nach § 73 ganz oder teilweise aufgehoben wird.
§ 73
Aufhebung von Beschlüssen der Einigungsstelle
(1) Die oberste Dienstbehörde kann Beschlüsse der Einigungsstelle, die wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwesen die Regierungsverantwortung wesentlich berühren, insbesondere solche
- in personellen Angelegenheiten der Beamten, der angestellten Lehrkäfte an öffentlichen Schulen, derjenigen Angestellten, die in der staatlichen Verwaltung in Vergütungsgruppe II a des BAT-O und darüber eingruppiert sind, derjenigen Angestellten, die in der kommunalen Verwaltung als Amtsleiter in Vergütungsgruppe V b des BAT-O und darüber eingruppiert sind und derjenigen Angestellten, die hoheitliche Funktionen ausüben,
- in organisatorischen Angelegenheiten,
- über die Gestaltung von Lehrveranstaltungen im Rahmen des Vorbereitungsdienstes einschließlich der Auswahl von Lehrpersonen spätestens innerhalb einer Frist von zwanzig Tagen nach Übersendung ganz oder teilweise aufheben und endgültig entscheiden.
In Gemeinden, Ämtern, Kreisen und Zweckverbänden entscheidet abweichend von Satz 1 in personellen Maßnahmen der Hauptverwaltungsbeamte, soweit diese Maßnahmen nicht durch Gesetz oder Hauptsatzung der Entscheidung einer Gemeindevertretung, des Amtsausschusses, des Kreistages, der Verbandsversammlung oder vergleichbarer Organe vorbehalten sind.
…
II.
1. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens ist seit 1979 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängern als Erzieherin beschäftigt. Zu Beginn des Schuljahres 1997/98 beschäftigte die Beklagte in ihren zwei Kinderbetreuungseinrichtungen insgesamt 36 vollzeitbeschäftigte Erzieherinnen mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden. Da das Land Brandenburg Personalaufwendungen der Gemeinden nur im Umfang der landesrechtlich vorgegebenen Personalbedarfsbemessung erstattet, beschloss die Beklagte, ihren Personalbestand im Erzieherbereich den Vorgaben des Haushaltsstrukturgesetzes 1997 des Landes Brandenburg anzupassen und auf 26 vollzeitbeschäftigte Erzieherinnen zu reduzieren. Zu diesem Zweck sprach sie drei Beendigungskündigungen aus; den übrigen nicht sonderkündigungsgeschützten Erzieherinnen, darunter der Klägerin, bot sie an, die wöchentliche Arbeitszeit von 40 auf 32 Stunden zu reduzieren. Mit Schreiben vom 29. April 1997 bat sie ihren Personalrat um Zustimmung zu den geplanten Änderungskündigungen. Der Personalrat verweigerte die Zustimmung. Am 23. Juni 1997 beschloss die zuständige Einigungsstelle, die Zustimmung zu den beabsichtigten 31 Änderungskündigungen nicht zu erteilen. Gleichwohl erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 30. Juni 1997 gegenüber der Klägerin die streitgegenständliche Änderungskündigung. Das Arbeitsgericht stellte durch Urteil vom 19. November 1997 fest, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Kündigung der Beklagten vom 30. Juni 1997 sozial nicht gerechtfertigt sei. Die Kündigung sei bereits wegen fehlender Personalratsbeteiligung unwirksam.
2. Das Landesarbeitsgericht hat das Verfahren gem. Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 63 Abs. 1 Nr. 17 i.V.m. § 61 Abs. 1 und 8 i.V.m. § 72 Abs. 3 und 4 Satz 2 PersVG mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Die Entscheidung über die Berufung hänge von der Verfassungsmäßigkeit der genannten Normen ab. Nach den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes sei die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial gerechtfertigt. Die Kündigung wäre jedoch unwirksam, wenn die genannten Vorschriften des PersVG anzuwenden seien. Denn der Personalrat habe der von der Beklagten geplanten Kündigung nicht zugestimmt; die Zustimmung sei auch nicht durch die Einigungsstelle ersetzt worden. Das Gericht halte die genannten Vorschriften für verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht habe mit Beschluss vom 24. Mai 1995 (BVerfGE 93, 37) entschieden, dass Bestimmungen des schleswig-holsteinischen Mitbestimmungsgesetzes über die Beteiligung des Personalrats mit Art. 28 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 2 GG unvereinbar seien. Maßnahmen, mit denen Staatsgewalt ausgeübt werde, dürften nicht auf Stellen zur Alleinentscheidung übertragen werden, die Parlament und Regierung nicht verantwortlich seien. Zu diesen Maßnahmen gehörten insbesondere solche der Personalpolitik, also alle Maßnahmen, die den Rechtsstatus von Beamten, Angestellten und Arbeitern des öffentlichen Dienstes betreffen. Im brandenburgischen Personalvertretungsgesetz seien die Vorschriften über die Beteiligung des Personalrats vor dem Ausspruch einer ordentlichen Änderungskündigung inhaltlich wie die vom Bundesverfassungsgericht für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärten Vorschriften des schleswig-holsteinischen Mitbestimmungsgesetzes ausgestaltet. § 73 PersVG stehe weder der Erheblichkeit der aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Frage noch der Unvereinbarkeit der vorgelegten Vorschriften mit dem Grundgesetz entgegen. Die streitgegenständliche Änderungskündigung sei nicht eine personelle Angelegenheit i.S.d. § 73 Abs. 1 Ziffer 1 PersVG, da die Klägerin nicht dem dort genannten Personenkreis angehöre. Dem Gesamtzusammenhang der Vorschrift sei zu entnehmen, dass der Landesgesetzgeber eine wesentliche Berührung der Regierungsverantwortung nur dann annehmen wollte, wenn die personellen Maßnahmen auf Grund der Vergütung, der Stellung in der Behörde oder der Funktion der betroffenen Personen in besonderer Weise die Regierungsverantwortung berühren. Deshalb sollten individuelle Personalentscheidungen wie Kündigungen, die nicht den aufgezählten Personenkreis betreffen, nicht als wesentlicher Bestandteil der Regierungsgewalt zu qualifizieren sein (Klapproth/Eylert/Förster/Keilhold, Das Personalvertretungsrecht in Brandenburg, Band I, § 73 PersVG, Rn. 14 m.w.N.). Im Übrigen entspreche § 73 PersVG im Wesentlichen der Vorschrift des § 55 des schleswig-holsteinischen Mitbestimmungsgesetzes, die das Bundesverfassungsgericht ebenfalls für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt habe, da durch das Aufhebungsrecht das Letztentscheidungsrecht nicht vom Grundsatz her uneingeschränkt gewährt werde, sondern im Einzelfall an die Voraussetzung geknüpft sei, dass der Beschluss der Einigungsstelle wegen seiner Auswirkungen auf das Gemeinwesen die Regierungsverantwortung wesentlich berühre. Eine verfassungskonforme Auslegung der genannten Vorschriften des brandenburgischen PersVG sei ausgeschlossen. Das Bundesverfassungsgericht habe für die entsprechenden Vorschriften des schleswig-holsteinischen Mitbestimmungsgesetzes entschieden, dass sie sich nicht im Wege einer verfassungskonformen Auslegung auf einen den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden Inhalt zurückführen ließen. Die dortigen Erwägungen würden auch im vorliegenden Fall gelten. Es werde Sache des Gesetzgebers sein, entweder das Beteiligungsrecht selbst als ein bloßes Mitwirkungsrecht auszugestalten, so dass dem öffentlichen Arbeitgeber das letzte Entscheidungsrecht verbleibe, oder aber das Einigungsstellenverfahren so zu regeln, dass die verfassungsrechtlichen Vorgaben erfüllt seien.
Entscheidungsgründe
B.
Die Vorlage ist unzulässig.
I.
Gemäß Art. 100 Abs. 1 GG i.V.m. § 80 Abs. 2 BVerfGG muss das vorlegende Gericht darlegen, dass seine Entscheidung von der Gültigkeit der vorgelegten Norm abhängt. Richten sich die Bedenken gegen eine Vorschrift, von deren Auslegung die Entscheidung nicht allein abhängt, müssen die weiteren mit ihr im Zusammenhang stehenden Vorschriften in die rechtlichen Erwägungen einbezogen werden, soweit dies zum Verständnis der zur Prüfung gestellten Vorschrift oder zur Darlegung ihrer Entscheidungserheblichkeit erforderlich ist (BVerfGE 78, 306 ≪316≫; 86, 52 ≪56≫; 88, 187 ≪194≫; 89, 329 ≪337≫). § 80 BVerfGG verlangt, dass sich das Gericht dabei eingehend mit der Rechtslage auseinandersetzt und dabei die in Literatur und Rechtsprechung entwickelten Rechtsauffassungen berücksichtigt, soweit diese für die Entscheidungserheblichkeit von Bedeutung sein können (BVerfGE 79, 245 ≪249≫; 97, 49 ≪60≫).
II.
Diesen Anforderungen genügt die Vorlage nicht.
Das Gericht hat nicht hinreichend dargelegt, weshalb die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung, die sich aus den vorgelegten Vorschriften über die Erforderlichkeit einer Zustimmung des Personalrats ergeben würde, nicht durch die Heranziehung von § 73 Abs. 1 PersVG vermieden werden kann. Der Wortlaut dieser Vorschrift steht einer Anwendung auf den vorliegenden Fall nicht entgegen. Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PersVG können die oberste Dienstbehörde und in den Gemeinden der Hauptverwaltungsbeamte (Satz 2) Beschlüsse der Einigungsstelle, die wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwesen die Regierungsverantwortung wesentlich berühren, insbesondere solche in personellen Angelegenheiten der Beamten und bestimmter Gruppen von Angestellten, ganz oder teilweise aufheben und endgültig entscheiden. Die Klägerin ist zwar weder Beamtin noch gehört sie zu den aufgeführten Angestellten; wie sich aus dem Wort „insbesondere” ergibt, werden die Beschlüsse der Einigungsstelle, die der Aufhebung unterliegen, in den Nrn. 1 bis 3 des § 73 Abs. 1 Satz 1 PersVG jedoch nicht abschließend umschrieben. Für eine Aufhebung genügt es, wenn die Beschlüsse wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwesen die Regierungsverantwortung wesentlich berühren. Entscheidungen in personellen Angelegenheiten der Beamten dürfen die Länder nach der rahmengesetzlichen Vorschrift des § 104 Satz 3 BPersVG nicht den Stellen entziehen, die der Volksvertretung verantwortlich sind. Das Land Brandenburg hat das Aufhebungsrecht auf bestimmte Angestellte ausgedehnt, zum einen weil in den neuen Bundesländern ein großer Teil der öffentlichen Funktionen – auch im hoheitlichen Bereich – von Angestellten wahrgenommen wird, zum anderen weil in den alten Bundesländern an der Entscheidungsbefugnis der Einigungsstellen in Personalangelegenheiten der Angestellten schon verschiedentlich verfassungsrechtliche Zweifel geäußert wurden (Gesetzentwurf der Landesregierung, Landtag Brandenburg, Drucksache 1/2089, S. 14). Bei Erlass des Gesetzes bezogen sich diese Zweifel vor allem auf Angestellte, deren Personalangelegenheiten auf Grund ihrer Vergütung oder der Ausübung hoheitlicher Funktionen die Regierungsverantwortung in besonderer Weise berühren (Hessischer Staatsgerichtshof, Urteil vom 30. April 1986 – P.St.1023 – DVBl 1986, S. 936). Inzwischen hat das Bundesverfassungsgericht im Verfahren betreffend das schleswig-holsteinische Mitbestimmungsgesetz jedoch entschieden, dass die Entscheidungen der Einigungsstellen über Maßnahmen der Personalpolitik nicht nur bei Beamten, sondern auch bei Angestellten und Arbeitern des öffentlichen Dienstes unabhängig von der Vergütungsgruppe und der Ausübung hoheitlicher Funktionen allenfalls den Charakter einer Empfehlung an die zuständige Dienstbehörde haben dürfen (BVerfGE 93, 37 ≪73≫). In der Literatur ist daraus gefolgert worden, dass, soweit die Einigungsstellen nach dem PersVG in personellen Angelegenheiten der Angestellten des öffentlichen Dienstes noch bindende Beschlüsse treffen können, diese Beschlüsse bis zu einer gesetzlichen Neuregelung dem Aufhebungsrecht der Dienststelle nach § 73 PersVG unterliegen (Klapproth/Eylert/Förster/Keilhold, Das Personalvertretungsrecht in Brandenburg, Band I, § 73 Rn. 15 a – Stand: Februar 1996 –). Hiermit hat das Gericht sich nicht auseinandergesetzt. Es hat auch keine Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass der Landesgesetzgeber in § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PersVG nur den bei Verabschiedung des Gesetzes bekannten Zweifeln an der Zulässigkeit einer Letztentscheidung der Einigungsstellen, nicht aber den nachträglich vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich festgestellten Grenzen der Befugnisse der Einigungsstellen Rechnung tragen wollte.
Des Weiteren hätte das vorlegende Gericht in Erwägung ziehen müssen, ob die Änderungskündigung der Klägerin des Ausgangsverfahrens nicht als organisatorische Angelegenheit im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LPersVG Auswirkungen auf das Gemeinwesen hat, die die Regierungsverantwortung wesentlich berühren. Der Änderungskündigung der Klägerin des Ausgangsverfahrens lag nicht eine einzelne, nur individuell Wirkungen entfaltende Personalentscheidung zu Grunde.
Der Anwendung des § 73 PersVG auf den vorliegenden Fall steht auch nicht – wie das Gericht meint – entgegen, dass die Vorschrift im Wesentlichen der des § 55 des schleswig-holsteinischen Mitbestimmungsgesetzes entspricht. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Vorschrift für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt, weil durch das Aufhebungsrecht das Letztentscheidungsrecht vom Grundsatz her nicht uneingeschränkt gewährt, sondern im Einzelfall an die Voraussetzung geknüpft wird, dass der Beschluss der Einigungsstelle wegen seiner Auswirkungen auf das Gemeinwesen die Regierungsverantwortung wesentlich berührt (BVerfGE 93, 37 ≪79≫). Sollte auch § 73 PersVG insoweit nicht den Anforderungen demokratischer Legitimation genügen, wäre dieses Defizit nur dann entscheidungserheblich, wenn der Hauptverwaltungsbeamte im Fall der Klägerin von seinem Aufhebungs- und Letztentscheidungsrecht keinen Gebrauch gemacht hätte oder die Voraussetzungen hierfür nicht vorlägen, weil die Regierungsverantwortung nicht wesentlich berührt wäre. Beides hat das Gericht nicht dargelegt.
Soweit das Gericht meint, eine insoweit verfassungskonforme Auslegung des § 73 PersVG sei ausgeschlossen, weil das Bundesverfassungsgericht bereits für die entsprechenden Vorschriften des schleswig-holsteinischen Mitbestimmungsgesetzes entschieden habe, dass sie sich nicht im Wege einer verfassungskonformen Auslegung auf ein den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden Inhalt zurückführen ließen (vgl. BVerfGE 93, 37 ≪79≫), verkennt es, dass das Bundesverfassungsgericht damals über einen Antrag im Verfahren derabstrakten Normenkontrolle gem. Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, §§ 76 ff. BVerfGG zu entscheiden hatte. Eine verfassungskonforme Auslegung hätte sich nicht auf die personellen Angelegenheiten bestimmter Angestellter beschränken können; sie hätte auch die übrigen Tatbestände des schleswig-holsteinischen Mitbestimmungsgesetzes einbeziehen müssen. Insbesondere bei Maßnahmen, die – anders als die personellen Angelegenheiten – nicht schwerpunktmäßig die Erledigung von Amtsaufgaben, sondern den Binnenbereich des Beschäftigungsverhältnisses betreffen, kann die erforderliche demokratische Legitimation auf unterschiedliche Weise bewirkt werden (vgl. BVerfGE 93, 37 ≪72≫). In personellen Angelegenheiten muss das Letztentscheidungsrecht hingegen bei der zuständigen Dienstbehörde verbleiben (vgl. BVerfGE 93, 37 ≪73≫). Wenn die Dienstbehörde das Aufhebungs- und Letztentscheidungsrecht für sich in Anspruch genommen hat, ergeben sich deshalb aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum schleswig-holsteinischen Mitbestimmungsgesetz (BVerfGE 93, 37) gegen eine Erstreckung des § 73 Abs. 1 PersVG auf Beschlüsse der Einigungsstellen in personellen Angelegenheiten auch der nicht ausdrücklich genannten Angestellten keine Bedenken.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Limbach, Jentsch, Di Fabio
Fundstellen
Haufe-Index 645111 |
NZA-RR 2002, 334 |