Verfahrensgang
Tenor
Das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 17. Dezember 1998 – 3 Sa 1109/97 – verletzt die Beschwerdeführerin in ihren Rechten aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes). Es wird aufgehoben.
Damit werden die Beschlüsse des Bundesarbeitsgerichts vom 11. Januar 2000 – 8 AZN 828/99 – und vom 11. Oktober 2000 – 5 AZN 616/00 – gegenstandslos.
Die Sache wird an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts München zurückverwiesen.
Der Freistaat Bayern hat der Beschwerdeführerin die notwendigen Auslagen zu erstatten.
Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 50.000 DM (in Worten: fünfzigtausend Deutsche Mark) festgesetzt.
Tatbestand
A.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen zwei Beschlüsse des Bundesarbeitsgerichts im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren und gegen die Berufungsentscheidung eines Landesarbeitsgerichts, die der Beschwerdeführerin in vollständiger Fassung erst mehr als 18 Monate nach Verkündung zugestellt worden ist.
I.
Die Beschwerdeführerin war seit 1991 als „freiberufliche Werbeberaterin” für die Beklagte des Ausgangsverfahrens tätig. Mit Schreiben vom 29. April 1994 kündigte diese das Vertragsverhältnis. Hiergegen hat die Beschwerdeführerin Kündigungsschutzklage gemäß § 4 KSchG erhoben und die Feststellung begehrt, dass zwischen den Parteien seit Vertragsbeginn ein Arbeitsverhältnis bestanden habe.
Nach einem Streit über die Rechtswegzuständigkeit und zwei Beweisaufnahmen hat das Arbeitsgericht am 4. Dezember 1996 ein klagabweisendes Urteil verkündet. Dieses ist den Parteien in vollständiger Fassung erst im April 1998 zugestellt worden, nachdem die Beschwerdeführerin bereits vorher Berufung eingelegt und diese auch begründet hatte.
Nach Berufungsverhandlungen und Beweisaufnahmen am 4. Mai 1998 und 11. Dezember 1998 hat das Landesarbeitsgericht durch ein am 17. Dezember 1998 verkündetes Urteil die Berufung zurückgewiesen; die Revision hat es nicht zugelassen. Diese Entscheidung ist den Parteien zunächst nicht zugestellt worden. Im Oktober 1999 hat die Beschwerdeführerin daraufhin Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht erhoben und diese auf das Fehlen der Urteilsgründe gestützt. Das Bundesarbeitsgericht hat die Nichtzulassungsbeschwerde mangels hinreichender Begründung als unzulässig verworfen, da die Beschwerdeführerin lediglich einen absoluten Revisionsgrund, nicht aber Revisionszulassungsgründe gemäß §§ 72, 72 a ArbGG benannt habe. Die Überschreitung der fünfmonatigen Frist zur vollständigen Niederlegung von Tatbestand und Entscheidungsgründen stelle zwar einen Verfahrensverstoß dar, könne aber die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen.
Nach Erhebung der Verfassungsbeschwerde ist den Parteien das landesarbeitsgerichtliche Urteil in vollständiger Form am 26. Juni 2000 zugestellt worden. Die von der Beschwerdeführerin gegen diese Entscheidung erneut mit der Rüge der verspäteten Urteilsabsetzung eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat das Bundesarbeitsgericht wiederum mit gleicher Begründung als unzulässig verworfen. Es hat dabei offen gelassen, ob die Nichtzulassungsbeschwerde nach 18 Monaten überhaupt noch wirksam eingelegt werden konnte und welche Folgerungen gegebenenfalls aus der vorher verworfenen Nichtzulassungsbeschwerde zu ziehen gewesen wären.
II.
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 103 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG und Art. 91 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung.
Es gehöre zur Gewährung rechtlichen Gehörs, dass der Betroffene erfahre, warum das Gericht ihm eine Instanz verwehre, damit er sich mit der Nichtzulassungsbeschwerde unter Bezug auf die Urteilsgründe dagegen wehren könne. Ganz gleich auf welchen Tatsachen die Nichtbegründung des Berufungsurteils beruhe; für die Beschwerdeführerin stelle sie sich als Willkürakt dar. Auch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz sei zu erwägen, wenn sich das Berufungsgericht aussuchen könne, welchen rechtsuchenden Bürger es durch schlichte Nichtbegründung und Nichtzulassung der Revision von einer weiteren Überprüfung einer Rechtsfrage abhalte. Das Bundesarbeitsgericht hätte den Grundrechtsverstoß des Landesarbeitsgerichts nicht vertiefen dürfen, sondern die Revision zulassen müssen. Der absolute Revisionsgrund des § 551 Nr. 7 ZPO dürfe nicht nur für Urteile gelten, bei denen die Revision zugelassen sei, sondern auch für solche, bei denen eine Begründung fehle. Die gegenteilige Auffassung des Bundesarbeitsgerichts verstoße grob gegen allgemeine Gerechtigkeitsvorstellungen und führe zu einer Verkürzung des Rechtswegs.
III.
Zur Verfassungsbeschwerde haben das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit und der Präsident des Bundesarbeitsgerichts Stellung genommen. Letzterer hat unter anderem mitgeteilt, dass unterschiedliche Erwägungen dazu angestellt würden, ob und gegebenenfalls wie durch Anwendung einfachen Rechts im Falle der fehlenden Urteilsgründe das Dilemma gelöst werden könne, dass einerseits ein absoluter Revisionsgrund vorliege, andererseits dieser Mangel aber dazu führe, dass die Nichtzulassungsbeschwerde auf keine der beiden vom Gesetz vorgesehenen Grundlagen gestützt werden könne. Mit den Grundsätzen eines fairen Verfahrens erscheine es nicht vereinbar, wenn der durch ein Urteil beschwerten Partei durch einen Verfahrensverstoß eines Gerichts ein gesetzlich vorgesehenes Rechtsmittel abgeschnitten werde. Einer erfolgreichen Nichtzulassungsbeschwerde dürfte in diesen Fällen indes entgegenstehen, dass § 72 a ArbGG auf bestimmte Fälle beschränkt sei, zu denen Verfahrensverstöße nicht gehörten.
Entscheidungsgründe
B.
I.
Die Kammer nimmt gemäß § 93 b BVerfGG die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung des Anspruchs der Beschwerdeführerin auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) angezeigt ist (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Der Verfassungsbeschwerde ist nach Maßgabe der Gründe stattzugeben. Die für die Beurteilung maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden.
1. Die Verfassungsbeschwerde ist allerdings unzulässig, soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Art. 91 der Bayerischen Verfassung rügt. Auf die Verletzung landesverfassungsrechtlicher Normen kann eine Verfassungsbeschwerde nicht gestützt werden (vgl. BVerfGE 2, 237 ≪244≫; 41, 88 ≪118 f.≫). Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde zulässig.
2. Die Verfassungsbeschwerde ist hinsichtlich des Urteils des Landesarbeitsgerichts begründet.
a) Keinen Erfolg kann die Verfassungsbeschwerde haben, soweit eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG durch die verspätete Absetzung der Entscheidungsgründe gerügt wird. Die im Dezember 1998 getroffene klagabweisende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts kann insoweit nicht auf späteren Vorgängen und insbesondere nicht auf der fehlenden Urteilsabsetzung beruhen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 4. August 1995, 1 BvR 606/94, NZA 1995, S. 1222 f.). Dass das Gericht Parteivortrag der Beschwerdeführerin nicht hinreichend berücksichtigt habe, hat die Beschwerdeführerin nicht gerügt (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 17. Juli 1996, 1 BvR 55/96, NJW 1996, S. 3203).
b) Das Bundesverfassungsgericht hat die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen zur Bedeutung des Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) bereits entschieden.
Der Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. BVerfGE 41, 23 ≪25 f.≫; 69, 381 ≪385≫). Gleichzeitig gebietet die aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Pflicht zur Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes und zur Herstellung von Rechtssicherheit, dass strittige Rechtsverhältnisse in angemessener Zeit geklärt werden (vgl. BVerfGE 60, 253 ≪269≫; 88, 118 ≪124≫).
c) Nach diesem Maßstab verletzt die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts die Rechte der Beschwerdeführerin aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG).
Eine landesarbeitsgerichtliche Entscheidung, in der die Revision nicht zugelassen wurde und deren vollständige Gründe erst mehr als fünf Monate nach Verkündung unterschrieben der Geschäftsstelle übergeben worden sind (im Folgenden: Fünf-Monats-Frist), kann keine geeignete Grundlage mehr für das Revisionsgericht sein, um das Vorliegen von Revisionszulassungsgründen in rechtsstaatlicher Weise zu überprüfen. Ein Landesarbeitsgericht, das ein Urteil in vollständiger Fassung erst so spät absetzt, erschwert damit für die unterlegene Partei den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise.
aa) Das rechtsstaatliche Gebot auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes verlangt wegen der Besonderheiten der arbeitsgerichtlichen Verfahrensordnung die Begründung landesarbeitsgerichtlicher Berufungsentscheidungen. Allerdings bedarf aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht jede Entscheidung einer Begründung, insbesondere wenn es sich um letztinstanzliche Entscheidungen handelt, die den Rechtsweg abschließen und keinem ordentlichen Rechtsmittel mehr unterliegen (vgl. BVerfGE 50, 287 ≪289 f.≫; 94, 166 ≪210≫). Eine Begründungspflicht besteht aber dann, wenn durch das Fehlen der Begründung der Zugang zu einer in der jeweiligen Prozessordnung vorgesehenen weiteren Instanz verschlossen würde. Dies ist beim arbeitsgerichtlichen Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren der Fall.
Bei der Nichtzulassungsbeschwerde handelt es sich – unabhängig von ihrer Einordnung als Rechtsmittel oder Rechtsbehelf – insoweit um einen Teil des Instanzenzuges, als sie den Weg zur Revisionsinstanz öffnen kann. Die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde hemmt den Eintritt der formellen Rechtskraft der landesarbeitsgerichtlichen Berufungsentscheidung (§ 72 a Abs. 4 Satz 1 ArbGG). Die Nichtzulassungsbeschwerde kann durch die unterlegene Partei entweder mit dem Bestehen einer Divergenz (§ 72 a Abs. 1, § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG) oder einer grundsätzlichen Bedeutung begründet werden; Letzteres allerdings nur in bestimmten tarifvertrags- oder koalitionsrechtlichen Streitigkeiten (§ 72 a Abs. 1, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG). Eine Begründung in der gesetzlich verlangten und durch die Rechtsprechung näher ausgeformten Weise kann damit aber zwangsläufig nur bei Kenntnis der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils erfolgen. Ohne Begründung wird zwangsläufig der Zugang zum Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren und damit gegebenenfalls zur Revision verschlossen.
bb) Es ist verfassungsrechtlich auch geboten, dass diese Begründung in angemessener Zeit gegeben wird. Die Pflicht zur Gewährung wirkungsvollen, das heißt auch zeitnahen, Rechtsschutzes gilt für den gesamten Verfahrensablauf bis zu dessen endgültigem Abschluss, das bedeutet dem Eintritt der formellen Rechtskraft einer Entscheidung. Dies hat zur Folge, dass jedenfalls Urteile, gegen die noch ein Rechtsmittel oder Rechtsbehelf mit Suspensiveffekt gegeben ist, so zeitnah abzusetzen sind, dass diesem Anspruch Genüge getan wird. Dies muss wegen der Wirkungen für beide Parteien insbesondere dann gelten, wenn es sich um den Bestand von Dauerschuldverhältnissen handelt. Dabei lässt sich allerdings aus der Verfassung kein allgemein gültiger Wert entnehmen, wann das verspätete Absetzen eines Urteils für sich genommen gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes verstößt. Vielmehr ist es grundsätzlich von den Umständen des einzelnen Verfahrens abhängig, wann von einer überlangen Verfahrensdauer auszugehen ist (vgl. dazu beispielsweise BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Ersten Senats vom 6. Mai 1997, 1 BvR 711/96, NJW 1997, S. 2811 f. und der 2. Kammer des Ersten Senats vom 17. November 1999, 1 BvR 1708/99, NJW 2000, S. 797).
Der Gesetzgeber hat den Besonderheiten von arbeitsrechtlichen Bestandsschutzstreitigkeiten mit den Beschleunigungsvorschriften in § 9 Abs. 1, § 61 a und § 64 Abs. 8 ArbGG Rechnung getragen. Ebenso dienen die im Arbeitsgerichtsgesetz vorgegebenen Fristen für das Absetzen der Urteile auch dem Ziel der Beschleunigung des Verfahrens. Landesarbeitsgerichtliche Urteile, die in dem Termin verkündet werden, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, müssen innerhalb von vier Wochen in vollständiger Form abgefasst der Geschäftsstelle übergeben werden (§ 69 Abs. 1 Satz 2, § 60 Abs. 4 Satz 3 ArbGG). Wird – wie vorliegend geschehen – ein Verkündungstermin bestimmt, so muss die Entscheidung bei der Verkündung in vollständiger Form abgefasst vorliegen (§ 69 Abs. 1 Satz 2, § 60 Abs. 4 Satz 2 ArbGG). Auch die Rechtsprechung, dass eine Berufung oder zugelassene Revision spätestens 17 Monate nach Verkündung eingelegt werden muss, auch wenn bis zu diesem Zeitpunkt das Urteil nicht in vollständiger Form vorliegt (vgl. zuletzt Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 8. Juni 2000, 2 AZR 584/99, NJW 2000, S. 3515 f.), trägt nicht zuletzt diesem Gebot der Beschleunigung Rechnung.
cc) Seit der Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (Beschluss vom 27. April 1993, AP Nr. 21 zu § 551 ZPO) ist davon auszugehen, dass ein Urteil, das nicht innerhalb von fünf Monaten nach der Verkündung in vollständiger Form unterschrieben der Geschäftsstelle übergeben wird, als nicht mit Gründen versehen anzusehen ist (vgl. für die Arbeitsgerichtsbarkeit: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 4. August 1993, AP Nr. 22 zu § 551 ZPO). Zu dieser Entscheidung haben insbesondere die Überlegungen geführt, dass ein nach einem solch langen Zeitraum abgesetztes Urteil die Beurkundungsfunktion nicht mehr erfülle und aufgrund des abnehmenden Erinnerungsvermögens der Richter die Gefahr bestehe, dass die Verhandlungs- und Beratungsergebnisse nur unzutreffend wiedergegeben und eher rekonstruiert als reproduziert würden. Aus Gründen der Rechtssicherheit müsse daher die Frist, in der Urteile abzusetzen sind, auf fünf Monate begrenzt werden. Darüber hinaus sei es der unterlegenen Partei bei rechtsmittelfähigen Entscheidungen nicht zumutbar, bis zu einem Jahr warten zu müssen, um die detaillierten Gründe zu erfahren, die zu ihrem Unterliegen geführt haben.
Diese Erwägungen konkretisieren die Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips an das gerichtliche Verfahren in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise. Dies gilt insbesondere für die Überlegung, dass mit zunehmendem Abstand zwischen Beratung der Entscheidung und ihrer Begründung die Gefahr eines Auseinanderfallens von Beratungsergebnis und Entscheidungsgründen zwangsläufig ständig größer wird. Damit steht nach Ablauf der Fünf-Monats-Frist fest, dass eine rechtsstaatliche Urteilsbegründung, auf die eine Revisionsbegründung gestützt werden könnte, nicht mehr möglich ist.
dd) Gleichzeitig gibt die Begründung eines landesarbeitsgerichtlichen Urteils aber in den Fällen, in denen die Revision nicht zugelassen wurde, die Grundlage für die Entscheidung über den Zugang zu einer weiteren Instanz ab. Für eine solche Entscheidung des Revisionsgerichts bilden aber die nach Ablauf der Fünf-Monats-Frist abgesetzten Entscheidungsgründe eines landesarbeitsgerichtlichen Urteils keine rechtsstaatlich unbedenkliche Grundlage mehr. Wenn dem Urteil das Beratungsergebnis aus den in der Rechtsprechung entwickelten Gründen nicht mit der nötigen Gewissheit zu entnehmen ist, hat die betroffene Partei keine verlässliche Möglichkeit festzustellen, ob das Urteil auf einer Abweichung beruht; ebenso wenig kann das Revisionsgericht das Vorliegen eines Revisionszulassungsgrundes beurteilen. Damit wird der unterlegenen Partei durch das verspätete Absetzen der Urteilsgründe der Zugang zu einer in der Prozessordnung vorgesehenen Instanz in unzumutbarer Weise erschwert (vgl. BVerfGE 41, 23 ≪25 f.≫; 69, 381 ≪385≫); faktisch wird die Nichtzulassungsbeschwerde vereitelt.
Gleichzeitig kann im arbeitsgerichtlichen Verfahren, anders als in anderen Verfahrensordnungen (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG, § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), ein Verfahrensmangel die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen. Dies gilt aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Regelung nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausnahmslos, selbst wenn der Verfahrensfehler offenkundig ist oder es sich – wie beim Fehlen von Gründen – um einen absoluten Revisionsgrund handelt (§ 72 Abs. 5 ArbGG, § 551 Nr. 7 ZPO; vgl. Beschlüsse vom 20. September 1993, AP Nr. 28 zu § 72 a ArbGG 1979 und vom 13. Dezember 1995, AP Nr. 36 zu § 72 a ArbGG 1979).
Solange dieser aus rechtsstaatlicher Sicht auf Dauer schwer hinzunehmende Zustand besteht, hat daher der Bürger bereits nach Ablauf der Fünf-Monats-Frist das Recht, unmittelbar Verfassungsbeschwerde gegen eine solche landesarbeitsgerichtliche Entscheidung einzulegen. Da mit Überschreiten der Fünf-Monats-Frist auch endgültig feststeht, dass eine rechtsstaatlich unbedenkliche Urteilsbegründung durch das Landesarbeitsgericht nicht mehr erfolgen kann, wird in Zukunft davon auszugehen sein, dass die Frist zur Einlegung einer Verfassungsbeschwerde gemäß § 93 BVerfGG mit diesem Zeitpunkt beginnt.
II.
Die angegriffene Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist aufzuheben und die Sache – zur Vermeidung weiterer Verzögerungen – an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückzuverweisen.
Die ebenfalls angegriffenen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts werden damit gegenstandslos, so dass es keines weiteren Eingehens auf die insoweit erhobenen Rügen bedarf.
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34 a Abs. 2 BVerfGG, die Festsetzung des Wertes des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit auf § 113 Abs. 2 Satz 3 BRAGO.
Unterschriften
Jaeger, Hömig, Bryde
Fundstellen
Haufe-Index 1267177 |
DStZ 2001, 608 |
NJW 2001, 2161 |
NWB 2001, 1897 |
FA 2001, 174 |
NZA 2001, 982 |
ZAP 2001, 587 |
AP, 0 |
EzA |
AUR 2001, 348 |
MittRKKöln 2001, 270 |
VA 2001, 153 |