1. Die in Hamburg, Bezirk Bergedorf wohnenden Beschwerdeführer begehren die Ergänzung eines Planfeststellungsbeschlusses betreffend die wesentliche Änderung des Schienenweges Hamburg-Berlin (Maßnahmen des Schallschutzes).
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Klage in erster Instanz unter anderem aus folgenden Erwägungen abgewiesen: Den Einwendungen der Beschwerdeführer gegen die materielle Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses stehe die Präklusionswirkung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Allgemeines Eisenbahngesetz (im folgenden: AEG) entgegen. Danach seien Einwendungen, die nach Ablauf der Einwendungsfrist erhoben würden, ausgeschlossen. Voraussetzung sei die ordnungsgemäße Durchführung des Anhörungsverfahrens. Dies sei hier der Fall. Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AEG habe die Freie und Hansestadt Hamburg die Auslegung des Planes vorher ortsüblich bekanntmachen müssen. Was als ortsübliche Bekanntmachung in diesem Sinne anzusehen sei, ergebe sich primär aus den dafür maßgeblichen Normen des Landes- und Ortsrechts. Gemäß § 73 Abs. 5 Satz 1 des Hamburgischen Verwaltungsverfahrensgesetzes – HmbVwVfG – vom 9. November 1977 (GVBl S. 333) habe die Veröffentlichung im Bekanntmachungsteil des vom Senat der Freien und Hansestadt Hamburg herausgegebenen Amtlichen Anzeigers ausgereicht. Eine zusätzliche Bekanntmachung in örtlichen Tageszeitungen, die in dem Bereich verbreitet seien, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken werde, sei danach gerade nicht erforderlich gewesen. Die Beschwerdeführer könnten auch nicht darauf verweisen, in der örtlichen Presse werde ansonsten stets auf die Auslegung von Plänen hingewiesen. Auf diese Berichterstattung komme es schon deshalb nicht an, weil sie, anders als ein von den Behörden veranlaßtes “Einrücken” des Hinweistextes in der örtlichen Zeitung, keine Tätigkeit der Verwaltung im Sinne des § 1 HmbVwVfG sei.
2. Die Beschwerdeführer wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluß sowie das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts und rügen die Verletzung der Art. 2 Abs. 2 Satz 1, 14 Abs. 1, 19 Abs. 4 und 103 Abs. 1 GG.
Die Freie und Hansestadt Hamburg, das Bundesverwaltungsgericht sowie die im Ausgangsverfahren Beklagte (Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Präsidenten des Eisenbahn-Bundesamtes) und die Beigeladene (Deutsche Bahn AG) haben zu der Verfassungsbeschwerde Stellung genommen; die Beschwerdeführer haben auf die Stellungnahme der Stadt Hamburg erwidert.
Die Voraussetzungen für eine Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung liegen nicht vor.
1. Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 4. ist bereits unzulässig.
Hinsichtlich der Klage dieses Beschwerdeführers hat das Bundesverwaltungsgericht die angegriffene Entscheidung auf die Erwägung gestützt, der Beschwerdeführer habe die Möglichkeit gehabt, seine im falschen Verfahrensabschnitt erhobenen Einwendungen auf der Grundlage eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in das Verfahren einzubringen, weil er erst nach Ablauf der Einwendungsfrist erfahren habe, in welchem Verfahrensabschnitt der Schallschutz für sein Grundstück festgelegt werde. Diese Möglichkeit habe er schuldhaft versäumt. Der Beschwerdeführer legt nicht substantiiert dar, weshalb diese Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts mit Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbar sein sollte.
2. Die Verfassungsbeschwerde der übrigen Beschwerdeführer hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Es ist verfassungsgerichtlich geklärt, daß der Ausschluß verspäteter Einwendungen im gerichtlichen Verfahren nur dann mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar ist, wenn die Mitwirkungsobliegenheiten im Verwaltungsverfahren für den betroffenen Bürger typischerweise erkennbar und nicht geeignet sind, den gerichtlichen Rechtsschutz zu vereiteln oder in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. BVerfGE 61, 82 ≪110, 116 f.≫).
Die Annahme ihrer Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der Grundrechte der Beschwerdeführer angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪26≫).
a) Die Auslegung und die Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AEG durch das Bundesverwaltungsgericht sind im Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu beanstanden.
aa) Die Rügen sind teilweise unzulässig.
Die Beschwerdeführer haben erstmals im Schriftsatz vom 8. Februar 1999 gerügt, die Bekanntmachung des Planfeststellungsverfahrens allein im Amtlichen Anzeiger habe die Ausschlußfrist für Einwendungen aus verfassungsrechtlicher Sicht schon deshalb nicht auslösen können, weil sie wegen des äußerst geringen Verbreitungsgrades des Amtlichen Anzeigers den Betroffenen nicht die Möglichkeit eröffnet habe, rechtswahrend tätig werden zu können. Da die angegriffene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts am 18. Juni 1997 zugestellt worden war, ist diese Rüge, mit der ein neuer Sachverhalt zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde gemacht wird, gemäß §§ 92, 93 Abs. 1 BVerfGG verspätet (vgl. BVerfGE 81, 208 ≪214 f.≫).
bb) Im übrigen sind die Rügen nicht begründet.
(1) Das gilt einmal für die Rüge, die Bekanntmachung des Planfeststellungsverfahrens allein im Amtlichen Anzeiger habe die Ausschlußfrist für Einwendungen aus verfassungsrechtlicher Sicht deshalb nicht auslösen können, weil entgegen sonstiger Übung nicht auch in der örtlichen Tagespresse auf das Planfeststellungsverfahren hingewiesen worden sei.
Auszugehen ist von der – von den Beschwerdeführern als solche nicht angegriffenen – Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, grundsätzlich müsse zwischen amtlich verantworteten und in eigener Verantwortung der Presse erfolgenden Hinweisen auf öffentliche Vorhaben unterschieden werden. Diese Auffassung ist aus verfassungsrechtlicher Sicht unbedenklich. Käme die eigenverantwortliche Berichterstattung der Presse als eine Form “ortsüblicher Bekanntmachung” in Betracht, hätte die Verwaltung keinen Einfluß auf den Eintritt der Ausschlußwirkung. Dieser hinge vielmehr maßgeblich davon ab, ob und mit welchem Inhalt die privaten Presseorgane den von der Behörde übermittelten Hinweistext abdrucken. Es wäre dann nicht mehr gewährleistet, daß die Zwecke erreicht werden, deretwegen der Ausschluß von Einwendungen im gerichtlichen Verfahren verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist (vgl. BVerfGE 61, 82 ≪114 ff.≫). Die Fragwürdigkeit einer derartigen “ortsüblichen Bekanntmachung” könnte letztlich das Ende der Öffentlichkeitsarbeit bewirken, um der vorgeschriebenen amtlichen Bekanntmachung die ihr zukommende Bedeutung für die Anwendung der Präklusion wieder einzuräumen. Dies wäre wiederum der “Anstoßwirkung” der amtlichen Bekanntgabe abträglich, die auch davon abhängt, daß sie auf ein vor Ort bereits vorinformiertes Publikum trifft (vgl. BVerfG, Beschluß des Vorprüfungsausschusses vom 28. November 1984, NJW 1985, S. 729; vgl. auch BVerwGE 66, 206 ≪211 f.≫).
Es kann dahinstehen, ob die weitergehende Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts mit Verfassungsrecht vereinbar ist, auf die Praxis einer nicht von den zuständigen Behörden verantworteten Berichterstattung über die Auslegung von Plänen in der örtlichen Presse komme es für die Frage der Anwendbarkeit der Präklusion generell nicht an, weil keine Verwaltungstätigkeit vorliege. Nach den obigen Ausführungen könnte sich ein Bürger allenfalls dann auf eine ständige Berichterstattung in der örtlichen Presse über Planfeststellungsverfahren berufen, wenn diese den Anschein amtlicher Bekanntgabe erweckt. Er kann nicht davon ausgehen, daß die Behörden den Eintritt der Ausschlußwirkung in die Hand der privaten Presse geben. Daher kann von der Kenntnisnahme der gesetzlich vorgeschriebenen amtlichen Bekanntgabe jedenfalls dann nicht abgesehen werden, wenn die regelmäßigen Hinweise auf Planauslegungen in der örtlichen Tagespresse erkennbar von der Presse selbst verantwortet werden. So ist es hier.
Nach den von den Beschwerdeführern insoweit nicht bestrittenen Angaben der Freien und Hansestadt Hamburg werden über die Auslegung von Plänen in eisenbahnrechtlichen und anderen Planfeststellungsverfahren im Rahmen der städtischen Öffentlichkeitsarbeit regelmäßig Mitteilungen an die örtliche Presse herausgegeben. Deren Text ist nicht immer identisch mit dem Text der Bekanntmachung im Amtlichen Anzeiger. Dies gilt insbesondere bei “komplizierten” Planfeststellungsverfahren, bei denen der amtliche Hinweistext im Interesse der Verständlichkeit für einen möglichst großen Empfängerkreis und der Chancen für den Abdruck stark zusammengefaßt wird. Die Presse entscheidet eigenverantwortlich darüber, ob und auf welche Weise über die Planauslegung informiert wird; häufig wird der Text der Pressemitteilung noch journalistisch bearbeitet. Die Pressemitteilungen werden durchweg im Rahmen der redaktionellen Berichterstattung verwertet ohne Hinweis darauf, daß es sich um “Amtliche Bekanntmachungen” handelt. Davon unterscheidet sich die – gesetzlich vorgeschriebene oder in bestimmten Verfahren praktizierte – amtliche Bekanntmachung in der örtlichen Tagespresse deutlich. In diesen Fällen wird stets derselbe Hinweistext wie im Amtlichen Anzeiger unter einer speziellen, vom redaktionellen Teil getrennten Rubrik “Amtliche Bekanntmachungen” abgedruckt.
Davon ausgehend durften die Beschwerdeführer nicht darauf vertrauen, ihre Rechte allein durch die Kenntnisnahme der Presseberichterstattung über Planfeststellungsverfahren wahren zu können.
(2) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge, die Bekanntmachung der hier in Rede stehenden Planauslegung im Amtlichen Anzeiger der Stadt Hamburg habe nach Inhalt und Gestaltung nicht die verfassungsrechtlich gebotene Anstoßwirkung entfalten können.
Die Beschwerdeführer lassen die Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts unbeanstandet, bereits aus der Überschrift der Bekanntmachung hätten sie erkennen können, daß sich das Vorhaben in unmittelbarer Nähe ihrer Grundstücke befinde. Ihr Einwand, gerade die Beschreibung des auf schleswig-holsteinischem Gebiet gelegenen Standortes des Vorhabens sei geeignet gewesen, Hamburger Bürger von der Kenntnisnahme des Textteils abzuhalten, vermag nicht zu überzeugen. Es liegt auf der Hand, daß der Plan nur dann in Hamburg ausgelegt und darauf durch Bekanntmachung im Amtlichen Anzeiger der Stadt hingewiesen wird, wenn mit Auswirkungen auf das Stadtgebiet zu rechnen ist. Es kann auch keine Rede davon sein, daß der Bekanntmachungstext den Beschwerdeführern ihre Betroffenheit unzureichend vor Augen geführt hätte. Der Grund für die Auslegung des Planes im Bezirksamt Hamburg-Bergedorf wird ausdrücklich genannt, nämlich die Möglichkeit von Lärmimmissionen insbesondere im Bereich M…., in dem die Beschwerdeführer wohnen. Schließlich wird auch entsprechend den gesetzlichen Vorschriften auf die Einwendungsfrist und den Ausschluß verspäteter Einwendungen hingewiesen. Diese Informationen hätten für die Beschwerdeführer Anlaß sein müssen, sich über weitere Einzelheiten des Vorhabens und über die Ergebnisse der in der Bekanntmachung genannten schalltechnischen Untersuchungen anhand der ausgelegten Planunterlagen zu unterrichten, um über ihr weiteres Vorgehen entscheiden zu können.
b) Nach allem geht die Rüge der Beschwerdeführer, die verfassungswidrige Anwendung der Ausschlußwirkung gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 AEG verletze sie zugleich in ihren Grundrechten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, ins Leere. Dasselbe gilt für die Rüge, das Bundesverwaltungsgericht habe bei der Feststellung der Immissionswirkungen auf die Grundstücke der Beschwerdeführer zu 1. und 2. gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen; diese Feststellung ist nicht entscheidungserheblich.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.