Beteiligte
Rechtsanwälte Dr. Friedrich Wolff und Partner |
Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerde betrifft verwaltungsgerichtliche Entscheidungen über die Einziehung von Vermögen aufgrund des Gesetzes über den Nachweis der Rechtmäßigkeit des Erwerbs von Umstellungsguthaben vom 29. Juni 1990 (GBl der DDR Teil I S. 503 - UGG -). Nach § 5 Abs. 5 UGG wird unrechtmäßig erworbenes Vermögen eingezogen. Darunter fällt nach § 5 Abs. 2 UGG unter anderem auch Vermögen, das durch grob sittenwidriges Handeln erworben wurde.
I.
1. Die Beschwerdeführerinnen sind die Erbinnen eines früheren Mitglieds des Politbüros der SED. Dieser besaß ein Guthaben von rund 250.000 M/DDR aus regulärem Einkommen, das er zur Umstellung in DM anmeldete. Der dafür zuständige Sonderausschuß der Volkskammer der DDR verfügte, gestützt auf das UGG, die Einziehung dieses Guthabens. Das Verwaltungsgericht Berlin wies die dagegen erhobene Klage ab. Das Gesamtguthaben sei durch Ersparnisse infolge eines Mißbrauchs gesellschaftlicher Befugnisse zum Nachteil des Gemeinwohls erlangt. Der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerinnen habe sich durch eine gesetzlos erlangte eigentumsähnliche Grundstücksnutzung bereichert. Das betreffende Grundstück sei 1986 allein auf Wunsch des Erblassers mit einem Wochenend- und Ferienheim bebaut worden. Dafür seien aus öffentlichen Mitteln rund 6.500.000 M/DDR aufgewandt worden. Der ebenfalls aus öffentlichen Mitteln bestrittene Unterhaltungsaufwand habe jährlich rund 200.000 M/DDR betragen. Der Erblasser habe nur 271 M/DDR Monatsmiete gezahlt. Seine Bereicherung sei mit mindestens 3.000.000 M/DDR anzusetzen.
Auf die Berufung der Beschwerdeführerinnnen verurteilte das Oberverwaltungsgericht die beklagte Bundesrepublik zur Freigabe des Guthabens. § 5 Abs. 2 UGG erfasse nicht die Ersparnis aus regulärem Einkommen. Andernfalls müßten sämtliche unter DDR-Bedingungen erworbenen Vermögensgegenstände bewertet und mit den zur Umstellung angemeldeten Guthaben verrechnet werden.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der beklagten Bundesrepublik hob das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Oberverwaltungsgerichts auf und verwarf die Berufung der Beschwerdeführerinnen als unzulässig (Beschluß vom 5. Juni 1998 - BVerwG 3 B 258.97 -, ZOV 1998, S. 296 f.). Nach dem als Bundesgesetz fortgeltenden UGG und Art. 3 Nr. 12 lit. b der Vereinbarung zur Durchführung und Auslegung des Einigungsvertrages (BGBl II 1990 S. 1239 [1241]) entscheide eine Kammer für Verwaltungssachen bei dem Kreisgericht über Beschwerden nach § 6 UGG. Der in der Verwaltungsgerichtsordnung vorgesehene Instanzenzug sei insoweit nicht eingeführt worden. Der Gesetzgeber habe in der Umbruchsituation der bevorstehenden Wiedervereinigung eine schnelle, endgültige und fristabhängige Abwicklung gewünscht. Einen Instanzenzug erfordere Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht.
2. Die Beschwerdeführerinnen rügen eine Verletzung der Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG). Die Entscheidungen seien nur mit einem gröblichen Verstoß gegen die guten Sitten begründet. Das könne bei Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht den Verlust des gesamten Vermögens nach sich ziehen. Außerdem habe das Bundesverwaltungsgericht unter Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG dem UGG und der Durchführungsvereinbarung eine Beschränkung des Rechtswegs entnommen. Dies komme im Gesetz nicht mit hinreichender Klarheit zum Ausdruck.
Verletzt sei auch Art. 3 Abs. 1 und 3 GG. Das UGG sei lediglich dazu bestimmt gewesen, die Konten führender Parteifunktionäre bei der im Zentralkomitee der SED bestehenden Bankfiliale zu überprüfen. Das sei willkürlich.
Entscheidungsgründe
II.
Die Voraussetzungen des § 93 a Abs. 2 BVerfGG (vgl. BVerfGE 90, 22 [24 f.]) für eine Annahme der Verfassungsbeschwerde liegen nicht vor. Grundsätzliche verfassungsrechtliche Fragen werden durch sie nicht aufgeworfen. Die Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
1. § 5 Abs. 2 UGG enthält eine nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zulässige Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums. Der Gesetzgeber konnte, ohne in unverhältnismäßiger Weise in die Eigentumsgarantie einzugreifen, bei der Umstellung von DDR-Guthaben, die einer erheblichen Aufwertung gleichkam, Beträge außer acht lassen, die in grob sittenwidriger Weise erlangt waren und insofern nicht auf eigener Leistung beruhten. Daß die Gerichte bei der Anwendung von § 5 Abs. 2 UGG Bedeutung und Tragweite von Art. 14 Abs. 1 GG grundlegend verkannt hätten, läßt sich nicht feststellen. Das gilt auch für die Auffassung, daß regulär erworbenes Geldvermögen eingezogen werden konnte, soweit es infolge grob sittenwidrig erlangter Vorteile angespart worden war. Inwieweit dies beim Erblasser tatsächlich zutraf, kann das Bundesverfassungsgericht im einzelnen nicht nachprüfen. Die Würdigung der Tatsachen ist grundsätzlich Sache der Fachgerichte.
2. Die Vorschriften des UGG verstoßen nicht gegen Art. 19 Abs. 1 GG. Sie gelten allgemein und nicht nur für den Einzelfall (vgl. BVerfGE 25, 371 [399]; 85, 360 [374]). Daß der Sonderausschuß sich im Rahmen seiner Möglichkeiten auf die hohen Funktionäre der SED konzentriert hat, war durch sachliche Gesichtspunkte bedingt, ändert aber an der allgemeinen Geltung des Gesetzes nichts.
3. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen auch nicht die Rechtsschutzgewährleistung des Art. 19 Abs. 4 GG. Einen Instanzenzug gewährleistet dieses Grundrecht nicht (vgl. BVerfGE 96, 27 [39]). Die Auslegung des Art. 3 Nr. 12 lit. b der Durchführungsvereinbarung durch das Bundesverwaltungsgericht ist verfassungsrechtlich nicht angreifbar.
4. Im übrigen wird nach § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG von einer Begründung abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Kühling, Jaeger, Steiner
Fundstellen
Haufe-Index 543545 |
EuGRZ 1999, 613 |
VIZ 2000, 26 |