Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet, weil der angefochtene Beschluss des Bundesgerichtshofs den Beschwerdeführer nicht in Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten verletzt.
1. Der Beschluss verstößt nicht gegen das aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitende Willkürverbot.
a) Der Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Verbot objektiver Willkür ist nicht schon bei fehlerhafter Rechtsanwendung verletzt, sondern erst dann, wenn die Rechtsanwendung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 75, 329 ≪347≫, 80, 48 ≪51≫; 83, 82 ≪84≫; 86, 59 ≪63≫; 87, 273 ≪278 f.≫; 89, 1 ≪13≫; 96, 189 ≪203≫; stRspr). Es muss sich um eine krasse Fehlentscheidung (vgl. BVerfGE 89, 1 ≪14≫) beziehungsweise um einen besonders schweren Rechtsanwendungsfehler – wie die Nichtberücksichtigung einer offensichtlich einschlägigen Norm oder die krasse Missdeutung des Inhalts einer Norm (vgl. BVerfGE 87, 273 ≪279≫) – handeln.
b) Gemessen hieran ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, die Beschränkung der Revision auf die Anordnung der Vorwegvollstreckung als unzulässig zu erachten und seine Prüfungsbefugnis auf die Anordnung der Unterbringung dem Grunde nach zu erstrecken, nicht zu beanstanden.
Die Unzulässigkeit der Beschränkung der Revision auf die Bestimmung des Vorwegvollzugs begründet der Senat in der Sache damit, dass die rechtsfehlerfreie Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzugs im konkreten Fall neue Feststellungen zur Erfolgsaussicht der Unterbringung erfordere und dies zur Aufhebung der Feststellungen zur Anordnung der Unterbringung dem Grunde nach zwinge. Diese Entscheidung lässt willkürliche Erwägungen nicht erkennen.
Der Bundesgerichtshof geht im Einklang mit dem Gesetz davon aus, dass die Dauer des Vorwegvollzugs von der Höhe der verhängten Strafe und der voraussichtlichen Dauer der Unterbringung abhängt (§ 67 Abs. 2 Satz 3 StGB). Zutreffend ist auch die weitere Annahme, dass sich die zugrunde zu legende Dauer der Unterbringung an der voraussichtlichen Dauer der Suchtbehandlung bis zur Erzielung eines Behandlungserfolges zu orientieren hat (vgl. Fischer, StGB, 55. Aufl. 2008, § 67 Rn. 11).
Wenn der Bundesgerichtshof weiter annimmt, dass die Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzugs, auf die der Beschwerdeführer seine Revision beschränkt hatte, im konkreten Fall neue Feststellungen zur Erfolgsaussicht der Maßnahme erfordert, ist auch dies nicht zu beanstanden. Der Bundesgerichtshof konnte sich darauf stützen, dass das Landgericht keine verlässlichen, eindeutigen und auf eigener Überzeugungsbildung gründenden Feststellungen zur voraussichtlichen Dauer einer erfolgreichen Behandlung im Maßregelvollzug getroffen hatte. Die Ausführungen der Strafkammer erschöpften sich in der Tat darin, dass nach den Einschätzungen des Sachverständigen bei dem Beschwerdeführer eine Therapie von eineinhalb bis zu zwei Jahren erforderlich sei. Da hinsichtlich der voraussichtlichen Dauer eines erfolgreichen Maßregelvollzugs neue tatrichterliche Feststellungen erforderlich waren, war dem Bundesgerichtshof eine eigene Sachentscheidung nach § 354 Abs. 1 StPO verwehrt; weil die voraussichtliche Dauer einer erfolgreichen Behandlung nicht feststand, beschränkte sich der Fehler des Landgerichts bei der Anordnung des Vorwegvollzugs nicht lediglich auf die falsche Berechnung des Vorwegvollzugs.
Macht die Bestimmung des vorweg zu vollstreckenden Teils der Freiheitsstrafe neue Feststellungen über die voraussichtliche Dauer einer erfolgreichen Therapie im Maßregelvollzug erforderlich, sind diese Feststellungen sinnvoll nur zu treffen, wenn Klarheit über die grundsätzliche Erfolgsaussicht der Behandlung besteht. Ein neues Tatgericht kann – auch sachverständig beraten – die voraussichtliche Dauer einer erfolgreichen Therapie nicht (nachvollziehbar) bestimmen, wenn es bereits an der Erfolgsaussicht der Therapie fehlt oder diese zweifelhaft ist. Kann die Entscheidung über die Dauer des Vorwegvollzugs nicht sinnvoll ohne Feststellungen zur Erfolgsaussicht der Unterbringung getroffen werden, erweist sich die Beschränkung des Rechtsmittels – wie vom Bundesgerichtshof entschieden – als unzulässig, da sich die Rechtmäßigkeit des ausdrücklich angegriffenen Teils der Entscheidung – Dauer der Vorwegvollstreckung – nicht ohne Rückgriff auf nicht angefochtene Teile – Anordnung der Unterbringung und deren grundsätzliche Erfolgsaussicht – beurteilen lässt.
2. Hat der Bundesgerichtshof in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die Rechtsmittelbeschränkung als unzulässig erachtet, ist nicht zu beanstanden, dass er seine Prüfungskompetenz auf die Anordnung der Unterbringung dem Grunde nach erstreckte. Für einen vom Beschwerdeführer gerügten Verstoß gegen das Gebot eines fairen Verfahrens, der auf die Überschreitung revisionsgerichtlicher Prüfungsbefugnis (§ 352 Abs. 1 StPO) und auf die Verletzung des Verschlechterungsverbots (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) gestützt war, ist damit von vornherein kein Raum.
3. Da die Verfassungsbeschwerde unbegründet ist, erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Hassemer, Di Fabio, Landau
Fundstellen
Haufe-Index 2055439 |
NStZ 2008, 614 |