Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtannahmebeschluss: Teilweise unzulässige, im Übrigen unbegründete Verfassungbeschwerden gegen Durchsuchungsbeschlüsse. keine strengeren Anforderungen an die Begründungstiefe von Durchsuchungsbeschlüssen in Steuerermittlungsverfahren wegen "Umsatzsteuerkarussellen"
Normenkette
GG Art. 13 Abs. 2; BVerfGG § 23 Abs. 1 S. 2, § 92
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OLG (Beschluss vom 12.04.2024; Aktenzeichen 1 Ws 69/24) |
Schleswig-Holsteinisches OLG (Beschluss vom 12.04.2024; Aktenzeichen 1 Ws 68/24) |
Schleswig-Holsteinisches OLG (Beschluss vom 12.04.2024; Aktenzeichen 1 Ws 70/24) |
LG Lübeck (Beschluss vom 26.03.2024; Aktenzeichen 6 Qs 24/23) |
LG Lübeck (Beschluss vom 26.03.2024; Aktenzeichen 6 Qs 22/23) |
LG Lübeck (Beschluss vom 26.03.2024; Aktenzeichen 6 Qs 23/23) |
LG Lübeck (Beschluss vom 16.01.2024; Aktenzeichen 6 Qs 24/23) |
LG Lübeck (Beschluss vom 16.01.2024; Aktenzeichen 6 Qs 22/23) |
LG Lübeck (Beschluss vom 16.01.2024; Aktenzeichen 6 Qs 23/23) |
LG Lübeck (Beschluss vom 06.10.2023; Aktenzeichen 6 Qs 24/23) |
LG Lübeck (Beschluss vom 06.10.2023; Aktenzeichen 6 Qs 22/23) |
LG Lübeck (Beschluss vom 06.10.2023; Aktenzeichen 6 Qs 23/23) |
AG Lübeck (Beschluss vom 22.08.2023; Aktenzeichen 76 Gs 23/22) |
AG Lübeck (Beschluss vom 22.08.2023; Aktenzeichen 76 Gs 23/22) |
AG Lübeck (Beschluss vom 19.01.2023; Aktenzeichen 76 Gs 23/22) |
AG Lübeck (Beschluss vom 06.01.2022; Aktenzeichen 76 Gs 5/22) |
AG Lübeck (Beschluss vom 06.01.2022; Aktenzeichen 76 Gs 3/22) |
AG Lübeck (Beschluss vom 06.01.2022; Aktenzeichen 76 Gs 2/22) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
I.
Rz. 1
Die Verfassungsbeschwerde betrifft mehrere strafprozessuale Durchsuchungsanordnungen.
Rz. 2
Die Staatsanwaltschaft führt gegen die Beschwerdeführer zu 1) und zu 2) sowie gegen den Alleingesellschafter der Beschwerdeführerin zu 3) ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Die Beschwerdeführerin zu 3) ist als juristische Person Einziehungsbeteiligte in diesem Verfahren. Sie soll in eine Lieferkette eingebunden gewesen sein, in der an einer vorgeschalteten Stelle der Lieferkette von Briefkastenfirmen ("missing trader") keine Umsatzsteuer an den Staat abgeführt wurde, obwohl Umsatzsteuer an die jeweiligen missing trader gezahlt und bei späteren Gliedern der Lieferkette als Vorsteuer vom Staat zurückerstattet wurde ("Umsatzsteuerkarussell", vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 17. März 2009 - 2 BvR 1940/05 -, Rn. 3). Den Beschuldigten in diesem Ermittlungsverfahren wird vorgeworfen, als Geschäftsführer oder verantwortliche Mitarbeiter der Beschwerdeführerin zu 3) dieses Steuerhinterziehungsmodell koordiniert oder daran mitgewirkt zu haben.
Rz. 3
Nach Durchführung einer Betriebsprüfung durch das Finanzamt erstellte die Steuerfahndung einen Ermittlungsbericht auf dessen Grundlage das Amtsgericht neben zahlreichen weiteren Beschlüssen auch die hier angegriffenen Durchsuchungsbeschlüsse für die Privatanschriften der Beschwerdeführer zu 1) und zu 2) sowie den Geschäftssitz der Beschwerdeführerin zu 3) erließ.
II.
Rz. 4
Die Beschwerdeführenden rügen unter anderem eine Verletzung von Art. 13 Abs. 2 GG. Das Amtsgericht habe bei Erlass der Durchsuchungsbeschlüsse keine hinreichende Prüfung vorgenommen. Dafür spreche unter anderem eine Vielzahl von Fehlern in den Beschlüssen sowie die Tatsache, dass der zuständige Ermittlungsrichter an einem Tag 17 Beschlüsse in der gleichen komplexen Sache erlassen habe. Die Durchsuchungsbeschlüsse seien zudem nicht hinreichend umgrenzt, weil sie sich auf alle Handelsgeschäfte der Beschwerdeführerin zu 3) bezögen. Die knappe Umschreibung des angenommenen Steuerhinterziehungsmodells entspreche nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Umschreibung und Konkretisierung des Tatverdachts. Für die Beschwerdeführenden sei daher nicht erkennbar, was ihnen vorgeworfen werde.
III.
Rz. 5
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund im Sinne des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt. Sie ist teilweise unzulässig (1) und im Übrigen unbegründet (2).
Rz. 6
1. Die Verfassungsbeschwerde ist teilweise unzulässig. Hinsichtlich einiger der angegriffenen Entscheidungen ist ein Rechtsschutzbedürfnis nicht dargelegt (a). In Hinblick auf die verbleibenden Entscheidungen zeigen die Beschwerdeführenden jedenfalls eine mögliche Verletzung der richterlichen Prüfungspflicht aus Art. 13 Abs. 2 GG nicht auf (b).
Rz. 7
a) Hinsichtlich der unter 1. a) und b), 2. a) und b), 3. a) und b) angegriffenen Entscheidungen genügt die Verfassungsbeschwerde nicht den Begründungsanforderungen nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG, weil sie keinen Vortrag dazu enthält, warum ein Rechtsschutzbedürfnis gegen gerichtliche Entscheidungen, die auf offensichtlich unzulässige Rechtsbehelfe ergangen sind, bestehen soll. Den angegriffenen Entscheidungen liegen eine erneute Anhörungsrüge des Beschwerdeführers zu 1) sowie Beschwerden gegen vorangegangene Entscheidungen über Anhörungsrügen der Beschwerdeführenden zu 2) und zu 3) zugrunde. Hierbei handelt es sich um offensichtlich unzulässige, weil nicht statthafte Rechtsbehelfe (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 26. April 2011 - 2 BvR 597/11 -, Rn. 5 m.w.N.), wovon auch die Beschwerdeführenden selbst ausgehen.
Rz. 8
b) Soweit die Beschwerdeführenden eine Verletzung der eigenverantwortlichen ermittlungsrichterlichen Prüfungspflicht aus Art. 13 Abs. 2 GG rügen, zeigen sie nicht substantiiert auf, dass deren Verletzung nach den verfassungsrechtlichen Maßstäben (vgl. dazu BVerfGE 57, 346 ≪355 f.≫; 103, 142 ≪151≫) möglich ist. Die von den Beschwerdeführenden verlangte Begründungstiefe der Durchsuchungsbeschlüsse entspricht nicht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Gerade bei komplexen wirtschaftlichen Sachverhalten mit mehreren Beteiligten kann und muss sich ein Durchsuchungsbeschluss nicht zu jedem denkbaren Gesichtspunkt des Tatverdachts äußern (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 17. März 2009 - 2 BvR 1940/05 -, Rn. 29; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 11. Februar 2015 - 2 BvR 1694/14 -, Rn. 25). Die Beschwerdeführenden zeigen aber auch keine offensichtlichen Probleme auf, deren Erörterung sich dem Amtsgericht aufgrund besonderer Umstände hätte aufdrängen müssen und dessen Prüfung dennoch vollständig fehlt. Die als Fehler gerügten Inhalte der Durchsuchungsbeschlüsse lassen auch in einer Gesamtschau gerade nicht den Schluss zu, dass das Amtsgericht seiner Prüfungspflicht nicht nachgekommen wäre. Denn die Beschwerdeführenden zeigen zum Teil schon nicht auf, dass es sich überhaupt um einfachrechtliche Fehler handeln könnte. Im Übrigen legen sie nicht dar, dass und inwieweit es sich bei den wenigen und zudem nicht gewichtigen fehlerhaften Inhalten (wie etwa Grammatik- und Rechtschreibfehler) um die unkorrigierte Übernahme sinnentstellender Fehler oder offenkundiger Mängel aus dem Antrag der Staatsanwaltschaft (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 1. August 2014 - 2 BvR 200/14 -, Rn. 19) handeln könnte.
Rz. 9
2. Soweit die Beschwerdeführenden zulässig eine mögliche Verletzung der Umgrenzungsfunktion der angegriffenen Durchsuchungsbeschlüsse aus Art. 13 Abs. 2 GG rügen, ist die Verfassungsbeschwerde nicht begründet. Eine Grundrechtsverletzung liegt nicht vor.
Rz. 10
a) Dem Gewicht des Eingriffs und der verfassungsrechtlichen Bedeutung des Schutzes der räumlichen Privatsphäre entspricht es, dass Art. 13 Abs. 2 GG die Anordnung einer Durchsuchung grundsätzlich dem Gericht vorbehält (vgl. BVerfGE 103, 142 ≪151≫). Dieses trifft als Kontrollorgan der Verfolgungsbehörden die Pflicht, durch eine geeignete Formulierung des Durchsuchungsbeschlusses im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren sicherzustellen, dass der Eingriff in die Grundrechte messbar und kontrollierbar bleibt (vgl. BVerfGE 96, 44 ≪51≫; 103, 142 ≪151≫). Dazu muss der Beschluss insbesondere den Tatvorwurf so beschreiben, dass der äußere Rahmen abgesteckt wird, innerhalb dessen die Zwangsmaßnahme durchzuführen ist (vgl. BVerfGE 103, 142 ≪151≫). Das Gericht muss die aufzuklärende Straftat, wenn auch kurz, doch so genau umschreiben, wie es nach den Umständen des Einzelfalls möglich ist (vgl. BVerfGE 20, 162 ≪224≫; 42, 212 ≪220 f.≫). Die Schilderung braucht nicht so vollständig zu sein wie die Formulierung eines Anklagesatzes oder gar die tatsächlichen Feststellungen eines Urteils (vgl. BVerfGK 8, 349 ≪353≫; 9, 149 ≪153≫). Auch die Art und der vorgestellte Inhalt derjenigen Beweismittel, nach denen gesucht werden soll, sind so genau zu umschreiben, wie es nach den gesamten Umständen des Falles vernünftigerweise möglich ist (vgl. BVerfGE 20, 162 ≪224≫). Zwar ist eine genaue Bezeichnung des Beweismaterials, auf das die Durchsuchung gerichtet ist, häufig nicht möglich. Das schließt jedoch nicht aus, die erwarteten Beweismittel wenigstens annäherungsweise - gegebenenfalls in Form beispielhafter Angaben - zu beschreiben (vgl. BVerfGE 42, 212 ≪221≫). Die Angaben zum Tatvorwurf und den zu suchenden Beweismitteln dienen den durchsuchenden Ermittlungspersonen zur Begrenzung des Eingriffs auf das zur Zweckerreichung erforderliche Maß (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 10. September 2010 - 2 BvR 2561/08 -, Rn. 28); zugleich versetzen sie die von der Durchsuchung Betroffenen in den Stand, die Durchsuchung ihrerseits zu kontrollieren und etwaigen Ausuferungen im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten von vornherein entgegenzutreten (vgl. BVerfGE 42, 212 ≪221≫; 103, 142 ≪151 f.≫). Der Schutz der Privatsphäre, die auch von übermäßigen Maßnahmen im Rahmen einer an sich zulässigen Durchsuchung betroffen sein kann, darf nicht allein dem Ermessen der mit der Durchführung der Durchsuchung beauftragten Ermittlungspersonen überlassen bleiben (vgl. BVerfGE 42, 212 ≪220≫; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 29. Juli 2020 - 2 BvR 1324/15 -, juris, Rn. 23 m.w.N.; zum Ganzen BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 27. Juni 2024 - 1 BvR 1194/23 -, Rn. 16).
Rz. 11
b) Auf Grundlage dieser Maßstäbe bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Formulierung der angegriffenen Durchsuchungsbeschlüsse. Sie stellen sich unter Berücksichtigung des Ermittlungsstands - insbesondere in der Gesamtschau (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 27. Juni 2024 - 1 BvR 1194/23 -, Rn. 17, 25 m.w.N.) - als messbar und kontrollierbar dar. Sowohl die Ermittlungspersonen als auch die Betroffenen konnten auf ihrer Grundlage aus verfassungsrechtlicher Sicht hinreichend genau erkennen, was der Fokus der Vorwürfe war, welche Art von Beweismitteln gesucht wurden und sichergestellt werden konnten (vgl. auch zu einer Steuerhinterziehung BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 20. April 2004 - 2 BvR 2043/03 u.a. -, Rn. 6). Die Beschwerdeführenden tragen keine Inhalte vor, deren Aufnahme dem Amtsgericht zum Zeitpunkt des Erlasses der Durchsuchungsbeschlüsse einerseits möglich und zumutbar gewesen wäre (vgl. BVerfGE 20, 162 ≪224≫; 42, 212 ≪220≫; 96, 44 ≪51≫; 103, 142 ≪151≫; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 27. Juni 2024 - 1 BvR 1194/23 -, Rn. 26) und die gleichzeitig die Messbarkeit und Kontrollierbarkeit nennenswert erhöht hätte.
Rz. 12
Das gilt trotz der relativ weiten gattungsmäßigen Umschreibung der gesuchten Beweismittel vor allem deshalb, weil die Durchsuchungsbeschlüsse eine vergleichsweise detaillierte Schilderung des vorgeworfenen Verhaltens der beteiligten Akteure und der zugrundeliegenden Indizien enthalten (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 27. Juni 2024 - 1 BvR 1194/23 -, Rn. 17 m.w.N.). Diese Angaben ermöglichen sowohl Ermittlungspersonen als auch Betroffenen, die Vorwürfe, ihre Hintergründe und damit auch die beweisgeeigneten Unterlagen einzugrenzen. Als Indizien nennen die Durchsuchungsbeschlüsse etwa die monatsweise abgrenzbaren ausschließlichen Lieferbeziehungen zu wechselnden, konkret benannten Lieferanten, die nur Serviceadressen aufweisen. Genannt werden die konkreten Umsatzzahlen und die auf dieser Grundlage geschätzte Höhe der hinterzogenen Umsatzsteuern. Auch die Tatzeiträume sind zeitlich eingegrenzt (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 27. Juni 2024 - 1 BvR 1194/23 -, Rn. 18 m.w.N.). So ist den Durchsuchungsbeschlüssen klar zu entnehmen, dass nur Unterlagen und Daten sicherzustellen sind, die Handelsgeschäfte der Beschwerdeführerin zu 3) mit einer konkreten Ware betreffen und dass es Ziel der Durchsuchungen ist, Lieferungen im Zeitraum 2017-2021 durch auffällige Lieferanten zu beleuchten. Auch die übereinstimmenden und verdachtsbegründenden Eigenschaften dieser auffälligen Lieferanten (reine Briefkastenfirmen, unwirtschaftliche Geschäftsmodelle, kaufmännisch unsinnige Beteiligung an der Lieferkette, nach dem Layout offenbar Scheinrechnungen erstellt) werden benannt, sodass klar erkennbar ist, dass der Durchsuchungsbeschluss alle Unterlagen über Geschäftsbeziehungen mit den konkret benannten auffälligen Lieferanten sowie mit solchen (weiteren) Lieferanten im Tatzeitraum umfassen soll, die diese Eigenschaften teilen und die die konkrete Ware betreffen.
Rz. 13
Letztlich wird auch die Umgrenzung hinsichtlich der persönlichen Verantwortlichkeit der Beschwerdeführer zu 1) und zu 2) dahin klargestellt, dass sich der Verdacht aus deren Geschäftsführereigenschaft ergibt, weil nicht plausibel erscheine, dass Verantwortliche eines Unternehmens keine Kenntnis von dem angenommenen Hinterziehungsmodell hatten. Auch dies grenzt die Durchsuchungsbeschlüsse hinreichend ein, weil wiederum klar wird, dass nur Unterlagen mit Bezug zur konkret verdächtigen Ware sowie Geschäftsunterlagen, die die Kenntnis der Beschwerdeführer zu 1) und zu 2) von diesen konkreten Geschäften belegen, vom Durchsuchungsbeschluss erfasst sind. In einem vergleichsweise kleinen Unternehmen wie der Beschwerdeführerin zu 3) mit 14 Mitarbeitenden im Jahr 2020 ist die Ausweitung des Durchsuchungsbeschlusses auf Unterlagen, die neben den Lieferunterlagen selbst auch eine Kenntnis der Geschäftsführungsebene belegen können, auch nicht besonders extensiv.
Rz. 14
Soweit die Beschwerdeführenden rügen, dass von den Durchsuchungsbeschlüssen nahezu alle Lieferunterlagen der Beschwerdeführerin zu 3) erfasst seien, bestehen hierzu aufgrund der Struktur der Beschwerdeführerin zu 3) keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Da die hier verdächtigen Lieferungen einen Großteil des Jahresumsatzes der Beschwerdeführerin zu 3) ausmachen, ist eine Erfassung der entsprechenden Lieferunterlagen im Tatzeitraum auch dann nicht zu beanstanden, wenn es sich um nahezu alle Lieferunterlagen handelt. Dass der Schutz der Privatsphäre allein dem Ermessen der durchführenden Ermittlungspersonen überlassen bliebe, ist daher gerade nicht erkennbar.
Rz. 15
c) Strengere Anforderungen an die Begründungstiefe von Durchsuchungsbeschlüssen ergeben sich - jedenfalls im Hinblick auf ihre Umgrenzungsfunktion aus Art. 13 Abs. 2 GG - im hier vorliegenden frühen Ermittlungsstadium auch nicht für Steuerermittlungsverfahren wegen "Umsatzsteuerkarussellen" (vgl. insoweit aber BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 3. April 2007 - 2 BvR 1797/05 -, juris, Rn. 19 ff.; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 17. März 2009 - 2 BvR 1940/05 -, Rn. 22 ff.).
Rz. 16
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Rz. 17
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen
Dokument-Index HI16707332 |