Verfahrensgang
Hessischer VGH (Beschluss vom 12.02.1990; Aktenzeichen 1 UE 3218/86) |
Tenor
Der Antrag der Klägerin, ihr für die Durchführung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluß des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. Februar 1990 Prozeßkostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten Beschluß wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 28 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die beantragte Prozeßkostenhilfe kann nicht bewilligt werden, da die von der Klägerin beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den nachstehenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO in Verbindung mit § 114 ZPO).
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO sind nicht gegeben.
Die Rechtssache hat nicht die ihr von der Beschwerde beigelegte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Aus dem Vorbringen in der Beschwerdeschrift ergibt sich nicht, daß das erstrebte Revisionsverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen konkreten Rechtsfragen mit über den Einzelfall hinausreichender Tragweite beitragen könnte, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortbildung des Rechts höchstrichterlicher Klärung bedürfen (vgl. BVerwGE 13, 90 ≪91≫).
Die Fragen,
ob die Verfügungen vom 6. Februar 1981 und 28. Januar 1982, mit denen die Probezeit der Klägerin verlängert wurde, wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 2 und 6 der Hessischen Laufbahnverordnung (HLVO) nichtig sind im Sinne des § 44 Abs. 1 HVwVfG, da sie an einem besonders schwerwiegenden und offenkundigen Fehler leiden,
und
ob ein Verwaltungshandeln, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, rechtswirksam sein kann oder unwirksam ist,
sind nicht klärungsbedürftig. Das Berufungsgericht ist unter Bezugnahme auf seinen Beschluß vom 3. Februar 1984 – 1 TH 48/83 – rechtlich zutreffend davon ausgegangen, daß die Verlängerungen der Probezeit jedenfalls bestandskräftig geworden sind, weil sie nicht angefochten worden sind, und daß beide Verlängerungsverfügungen auch nicht im Hinblick auf § 44 HVwVfG nichtig sind. Die Ausführungen der Beschwerde sind nicht geeignet, in einem erstrebten Revisionsverfahren zu einer weiteren Klärung der damit zusammenhängenden grundsätzlichen Rechtsfragen etwas beizutragen.
Die in diesem Zusammenhang erhobene “Divergenzrevision” genügt nicht dem Darlegungserfordernis des § 132 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Die Frage,
ob in einem Fall, in dem der Dienstherr nach Ablauf der regelmäßigen Probezeit die Entscheidung über Bewährung, Entlassung oder Probezeitverlängerung nicht in angemessener Frist vorgenommen hat und der Beamte darauf vertrauen durfte, daß seine Bewährung festgestellt sei, der Ernennungsanspruch noch dadurch beseitigt werden kann, daß nach Fristablauf eine Verfügung über die Verlängerung der Probezeit ergeht und bestandskräftig wird,
würde sich in dem erstrebten Revisionsverfahren in dieser Form nicht stellen. Im Hinblick auf die bestandskräftige Verlängerung der Probezeit bis zum 31. Juli 1982 ist der am 11. August 1982 ergangene Entlassungsbescheid rechtzeitig unverzüglich nach Ablauf der laufbahnrechtlichen Probezeit ergangen, und zwar auch innerhalb der statusrechtlichen Probezeit von 5 Jahren. Ein “Ernennungsanspruch” – von dem die Fragestellung in der Beschwerde ausgeht – lag unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vor.
Die unter 2. der Beschwerdeschrift geltend gemachten Verfahrensmängel rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
Die Beschwerde ist der Auffassung, das Berufungsgericht habe offenbar in den Akten befindliche Unterlagen verwendet, auf die sich der Beklagte bei seiner Feststellung der Nichtbewährung nicht gestützt habe. Dies stelle einen Verstoß gegen den dem Gericht zustehenden Überprüfungsrahmen des § 114 VwGO dar. Dies stelle zusätzlich eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar (Überraschungsurteil), da der Klägerin vorher kein Hinweis gegeben worden sei, daß das Schreiben vom 14. Juli 1981 und der Bericht vom 18. Juli 1982 maßgeblich zu Lasten der Klägerin bei der Entscheidung des Berufungsgerichts verwertet werden sollten.
Nach § 86 Abs. 1 VwGO erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen. Daher ist das Gericht nicht gehindert, die Feststellung entscheidungserheblicher Tatsachen auch auf den Inhalt ihm vorliegender Akten zu stützen, insbesondere dann, wenn sie bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 8. August 1986 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden waren. Die Beschwerde verkennt insoweit, daß das Berufungsgericht diese Akten nicht zur eigenen Begründung einer Ermessensentscheidung, sondern zur Prüfung der vom Dienstherrn bereits im gleichen Sinne angestellten Erwägungen zur mangelnden Bewährung in der Probezeit verwendet hat.
Im Hinblick darauf kann auch von einem Überraschungsurteil keine Rede sein.
Hinsichtlich des in diesem Zusammenhang geltend gemachten Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) einer Verletzung der Aufklärungspflicht fehlt es an den nach § 132 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Darlegungen. Die Beschwerde enthält keine Ausführungen dazu, warum sich dem Gericht auf der Grundlage seiner materiellrechtlichen Auffassung eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen und inwieweit die angefochtene Entscheidung auf einer unterbliebenen Aufklärung beruht oder beruhen kann (vgl. Beschluß vom 26. Juni 1975 – BVerwG 6 B 4.75 – ≪Buchholz 232 § 26 Nr. 17≫).
Die unter 3. der Beschwerdeschrift bezeichnete Frage,
ob der Dienstherr im Falle eines Probezeitverhältnisses einer schulischen Lehrkraft bei der Verlängerung der Probezeit bezüglich der Bewährungsfeststellung nach Ablauf der verlängerten Probezeit wesentlich auf die in der verlängerten Probezeit gezeigten fachlichen Leistungen, Befähigungen und Eignungen abzustellen hat und inwieweit sich der Dienstherr originär durch Unterrichtsbesuche, dienstliche Beurteilungen usw. einen konkreten Einblick im Hinblick auf die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben durch die Lehrkraft verschaffen muß,
ist nicht klärungsbedürftig. Aus § 42 Abs. 1 Nr. 2 HBG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und 6 HLVO ergibt sich, daß allein die Bewährung oder Nichtbewährung in der laufbahnrechtlichen Probezeit für die zu treffende Entscheidung maßgebend ist. Innerhalb dieser Zeit ist dem Beamten die Möglichkeit zu geben, seine Eignung nachzuweisen. Gelangt der Dienstherr zu der Überzeugung, daß der Beamte hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung nicht behebbare Mängel aufweist, muß er den Probebeamten entlassen. Für die Bewährungsbeurteilung kann der Dienstherr einerseits einzelne Tatsachen oder Vorkommnisse im Beurteilungszeitraum aufgreifen und aus ihnen wertende Schlußfolgerungen ziehen, wenn er sie etwa zur Charakterisierung des Beamten für besonders typisch hält oder für eine überzeugende Aussage zu einzelnen Beurteilungsmerkmalen für wesentlich erachtet. Er kann sich andererseits aber auch auf die Angabe zusammenfassender Werturteile aufgrund einer unbestimmten Vielzahl nicht benannter Einzeleindrücke und -beobachtungen während der laufbahnrechtlichen Probezeit beschränken. Schließlich kann er die aufgezeigten verschiedenen Möglichkeiten, über Eignung und Leistung des Beamten ein aussagekräftiges, auch für Dritte verständliches Urteil abzugeben, in abgestufter Form nebeneinander verwenden oder miteinander verbinden (vgl. Beschluß vom 14. Januar 1988 – BVerwG 2 B 64.87 – ≪Buchholz 232 § 31 Nr. 42≫ mit weiteren Nachweisen).
Die Frage,
ob im Hinblick auf § 21 Abs. 1 HLVO die Bewährungsfeststellung bei Beamten auf Probe stets durch eine dienstliche Beurteilung getroffen werden muß,
ist nicht klärungsbedürftig. Die Entscheidung des Dienstherrn, ob der Beamte sich in der Probezeit nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bewährt hat, ist ein Akt wertender Erkenntnis des für diese Beurteilung zuständigen Organs des Dienstherrn. In welcher Form er diese Feststellungen trifft, ist dem Dienstherrn überlassen. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer auf § 42 Abs. 1 Nr. 2 HBG gestützten Entlassungsverfügung ist allein maßgebend, ob die zur Stützung des negativen Urteils über die Bewährung des Probebeamten herangezogenen Tatsachen zutreffen und ob sie im Rahmen der dem Dienstherrn eingeräumten Beurteilungsermächtigung die Entlassung wegen mangelnder Bewährung rechtfertigen können, nicht hingegen, ob eine über die Probezeit abgegebene dienstliche Beurteilung den formellen Erfordernissen entspricht (vgl. Beschluß vom 14. Januar 1988 – BVerwG 2 B 64.87 – ≪a.a.O.≫).
Die Frage,
ob bei einer amtsärztlich festgestellten Dienstfähigkeit, der sich der Dienstherr inhaltlich anschließt, eine Entlassung wegen mangelnder Bewährung im Sinne von § 42 Abs. 1 Nr. 2 HBG auf eine Schwäche der körperlichen oder geistigen Kräfte zur Erfüllung der Dienstpflichten abgestellt werden kann,
würde sich in dem erstrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Aus der amtsärztlich festgestellten Dienstfähigkeit ergibt sich keine Bindungswirkung für den Dienstherrn bei der Entscheidung nach Ablauf der Probezeit, ob der Beamte sich bewährt hat.
Die Frage,
ob wesentliche Schriftstücke, die sich mit der Erfüllung der dienstlichen Obliegenheiten durch einen Probebeamten befassen und zur Personalakte oder sonstigen Behördenakte genommen werden, gegen den betreffenden Beamten im Rahmen der Bewährungsfeststellung verwertet werden dürfen, wenn die Berichte dem Beamten weder vor der Aufnahme in die Personal- oder sonstigen Behördenakten, noch danach zugänglich gemacht worden sind,
ist nicht klärungsbedürftig. Wie bereits dargelegt, ist der Dienstherr berechtigt, für die Bewährungsbeurteilung auf einzelne Tatsachen oder Vorkommnisse zurückzugreifen. Selbstverständlich ist der Dienstherr auch berechtigt, die darüber bestehenden Vorgänge zum Bestandteil der Personalakten zu machen.
Der Beamte ist andererseits berechtigt, jederzeit Einblick in seine Personalakten zu nehmen.
Die Beschwerde weist in diesem Zusammenhang auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs und eine Fürsorgepflichtverletzung hin und erhebt gleichzeitig die Divergenzrüge, weil das Berufungsgericht in seiner Entscheidung die Grundsätze der von der Beschwerde zitierten Rechtsprechung nicht beachtet habe.
Ein Revisionszulassungsgrund, der zur Zulassung der Revision führen könnte, ist damit nicht in einer den nach § 132 Abs. 3 Satz 3 VwGO zu fordernden Form bezeichnet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG. Dabei hat der Senat gemäß seiner ständigen Praxis in Streitsachen, die die Begründung oder Beendigung eines Beamtenverhältnisses auf Probe zum Gegenstand haben, pauschalierend den halben Jahresbetrag des Endgrundgehalts als Anhaltspunkt für die Bemessung der Bedeutung der Sache zugrunde gelegt (vgl. Urteil vom 22. Februar 1990 – BVerwG 2 C 27.88 – ≪DVBl. 1990, 869≫; BVerwG-Entwurf eines Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 1989, 1042 ≪1044≫).
Unterschriften
Dr. Lemhöfer, Dr. Müller, Dr. Maiwald
Fundstellen