Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 05.03.1990; Aktenzeichen 6 S 1954/89) |
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 5. März 1990 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Die Revision kann nicht wegen – allein geltend gemachter – grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zugelassen werden.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine – vom Beschwerdeführer zu bezeichnende – grundsätzliche, bisher höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren im künftigen Revisionsverfahren zu erwartende Entscheidung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder für eine bedeutsame Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Der Beklagte, der sich gegen die vom Verwaltungsgerichtshof vertretene Rechtsauffassung wendet, die Klägerin habe als Erbin ihres sozialhilfebedürftigen Bruders noch dessen Erbschaft nach dem gemeinsamen (vermögenden) Vater ausschlagen dürfen, formuliert als rechtsgrundsätzlich die Frage nach der „rechtlichen Qualifizierung der Erstattungspflicht des Erben nach § 92 c BSHG … und darauf fußend (nach) der Beachtlichkeit oder Unbeachtlichkeit von Handlungen des Erben, die den Bestand des Nachlasses betreffen”. Diese Frage – soweit sie im vorliegenden Verwaltungsstreitverfahren erheblich sein kann – erfordert die Zulassung der Revision nicht. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (u.a. BVerwGE 66, 161 ≪163≫) ist geklärt, daß die in § 92 c BSHG verwendeten Begriffe „Erbe” sowie „Wert des Nachlasses” und demgemäß des „Nachlasses”, die des Bürgerlichen Gesetzbuches sind; es besteht kein Anhaltspunkt dafür, daß diesen Begriffen in § 92 c BSHG eine andere, spezifisch sozialhilferechtliche Bedeutung beigelegt worden ist. Hieraus folgt, daß eine Erbschaft auf den berufenen Erben nur vorbehaltlich des Rechts, sie auszuschlagen, übergeht, daß er bis zur Annahme nur vorläufiger Erbe ist (§ 1942 Abs. 1 BGB) und bei einer Ausschlagung der Anfall an den Ausschlagenden als nicht erfolgt gilt (§ 1953 Abs. 1 BGB). Da das Ausschlagungsrecht vererblich ist (§ 1952 Abs. 1 BGB), gehört eine Erbschaft des Erblassers nur mit dieser Maßgabe zu seinem Nachlaß auch im Sinne des § 92 c BSHG. Das Ausschlagungsrecht des Erbeserben – hier der Klägerin – wird durch diese Vorschrift damit nicht eingeschränkt.
Die weiter formulierte Frage nach „der Sittenwidrigkeit einer Erbausschlagung jedenfalls dann, wenn ein Erbeserbe die Ausschlagung erklärt, um so der Erstattungspflicht nach § 92 c BSHG zu entgehen”, ist – soweit ihr überhaupt eine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung beigemessen werden kann – ebenfalls nicht klärungsbedürftig, über sie kann angesichts des einhelligen Meinungsstandes in der zivilrechtlichen Rechtsprechung und dem Schrifttum kein Streit bestehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat im einzelnen dargelegt, daß Rechtsprechung und Lehre im Zivilrecht aus Gründen, die in dem Sinn und Zweck der zivilrechtlichen Regelung selbst wurzeln, die Anwendung des § 138 BGB bei der Ausschlagung einer Erbschaft einhellig ablehnen (S. 9 des Urteilsumdrucks). Die daraus vom Berufungsgericht gezogene Konsequenz, es könne nicht auf die Motive ankommen, weshalb der Berufene die Erbschaft annehme oder ausschlage, wie auch sein Rechtsstandpunkt, es könne auch nach öffentlichem Recht dem Einzelnen eine Erbenstellung nicht aufgenötigt werden – und zwar auch nicht nur deshalb, um ihn in eine nach öffentlichem Recht vorgesehene Pflichtenstellung zu zwingen – (Urteilsumdruck a.a.O.), begegnen keinen Zweifeln, so daß es hierzu keiner Revisionsentscheidung bedarf.
Dem Beschwerdevorbringen ist auch im übrigen nichts zu entnehmen, was auf eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Sache hinführen würde. Dies gilt insbesondere für die Darlegung des Beklagten, das angegriffene Urteil beruhe auf „unrichtiger Rechtsanwendung” und „(verkenne) die Besonderheiten des Sozialhilferechts” (S. 3 der Beschwerdeschrift), für die vom Verwaltungsgerichtshof vorgenommene Wertung der Ausschlagung einer Erbeserbschaft sei „kein verständlicher Grund ersichtlich” (S. 4 der Beschwerdeschrift). Hiermit ist nur dargetan, daß der Beklagte die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs für unzutreffend hält. Daß diese Rechtsauffassung auf einem klärungsbedürftigen Standpunkt rechtsgrundsätzlicher Art beruhte, ergibt sich daraus indessen nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit auf § 188 Satz 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Franke, Schmidt, Dr. Rothkegel
Fundstellen