Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 14.11.1991; Aktenzeichen 12 B 90.286) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. November 1991 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme etwaiger außergerichtlicher Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Der Kläger begehrt die Zustimmung der Hauptfürsorgestelle zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beigeladenen. Seine Verpflichtungsklage ist in der Berufungsinstanz mangels Rechtsschutzbedürfnisses abgewiesen worden.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht ist unbegründet. Der Rechtssache kommt die mit der Beschwerde allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht zu.
Nach Auffassung des Klägers ist in einem Revisionsverfahren zu klären, „ob es allein zu Lasten einer der Prozeßparteien geht, wenn die tatsächliche Situation sich nach Erlaß des erstinstanzlichen Urteils geändert hat und ob es nicht andererseits besonders berücksichtigungsfähig ist, wenn bereits ein obsiegendes erstinstanzliches Urteil vorliegt.” Diese Frage läßt sich nicht allgemein für alle denkbaren Fallkonstellationen beantworten. Die Antwort darauf hängt vielmehr vom Streitgegenstand und den tatsächlichen Gegebenheiten des konkret anhängigen Verwaltungsstreitverfahrens ab. Danach geht es dem Kläger im vorliegenden Rechtsstreit um eine Klärung dahin, ob eine auf die Verpflichtung der Hauptfürsorgestelle zur Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Schwerbehinderten gerichtete Klage in der Berufungsinstanz unzulässig werden kann, wenn der Arbeitnehmer, für dessen Kündigung die Voraussetzungen nach dem Schwerbehindertengesetz geschaffen werden sollen, während des Berufungsverfahrens in den Betriebsrat beim Betrieb seines Arbeitgebers gewählt wird und eine Kündigung seines Arbeitsverhältnisses innerhalb der Frist des § 18 Abs. 3 SchwbG F. 1986 nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG nicht in Betracht kommt. Daß diese Frage in Übereinstimmung mit dem Berufungsurteil zu bejahen ist, ergibt sich ohne weiteres aus der bereits vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung und den hier einschlägigen gesetzlichen Vorschriften.
Wie die Vorinstanz zutreffend angenommen hat, ist das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis als Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Klage unter anderem dann nicht gegeben, wenn der Kläger mit der Klage eine Verbesserung seiner Rechtsstellung nicht erreichen kann (vgl. BVerwGE 61, 246 ≪247≫; Urteil vom 31. Juli 1984 – BVerwG 9 C 156.83 – ≪Buchholz 402.25 § 6 AsylVfG Nr. 4 S. 7≫), d.h. wenn eine Inanspruchnahme des Gerichts sich als für die subjektive Rechtsstellung des Klägers zur Zeit nutzlos darstellt (BVerwGE 78, 85 ≪91≫). Ob dies der Fall ist, hat als Sachurteilsvoraussetzung auch das Berufungsgericht zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 1979 – VII ZR 48/78 – ≪NJW 1980, 520≫ mit weiteren Nachweisen). Anlaß dazu besteht etwa dann, wenn im Berufungsverfahren zweifelhaft geworden ist, ob das Rechtsschutzinteresse des Klägers, das im Verfahren erster Instanz außer Frage gestanden hatte, im Hinblick auf ein später eingetretenes Ereignis noch fortbesteht (s. auch BGH, Beschluß vom 7. Dezember 1977 – V BLw 16/77 – ≪MDR 1978, 566≫). Ein solches Ereignis hat das Berufungsgericht hier zu Recht darin gesehen, daß der Beigeladene während des Verfahrens der von ihm gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts eingelegten Berufung in den Betriebsrat der von dem Kläger betriebenen Behindertenwerkstatt gewählt worden ist.
Nach § 18 Abs. 3 SchwbG F. 1986 kann der Arbeitgeber, wenn die Hauptfürsorgestelle der Kündigung des Arbeitsverhältnisses zustimmt, die Kündigung nur innerhalb eines Monats nach Zustellung erklären. Von dieser Möglichkeit könnte der Kläger auch dann keinen Gebrauch machen, wenn es bei der Verpflichtung der Hauptfürsorgestelle durch das Verwaltungsgericht, über den Antrag des Klägers auf Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Beigeladenen erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden, verbleiben könnte und die Hauptfürsorgestelle die Zustimmung aussprechen würde. Denn nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts kann das Arbeitsverhältnis des Beigeladenen nach dessen Wahl in den Betriebsrat gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG derzeit und nach der jetzigen Lage bis in das Jahr 1995 hinein nicht gekündigt werden, weil Tatsachen, die den Kläger zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen könnten, nicht vorliegen. Bei dieser Sachlage, die der Kläger mit Verfahrensrügen nicht in Frage gestellt hat, ist die Vorinstanz zutreffend davon ausgegangen, daß der Kläger mit der von ihm erhobenen Klage eine Verbesserung seiner Rechtsstellung zur Zeit nicht erreichen kann. Daran ändert es nichts, daß der Kläger im ersten Rechtszug ein Bescheidungsurteil erstritten hatte. Die Klage war deshalb, wie geschehen, mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit beruht auf § 188 Satz 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Franke, Dr. Hömig, Dr. Pietzner
Fundstellen