Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterbliebene Anhörung des Personalrats bei Entlassung

 

Orientierungssatz

Es ist eindeutig, daß ein auf der unterbliebenen Anhörung der Gruppenvertretung beruhender Rechtsmangel einer fristlosen Entlassung in einem zweiten getrennten Entlassungsverfahren von vornherein vermieden werden kann. Es handelt sich dabei nicht wie in dem vom beschließenden Senat im Urteil vom 1. Dezember 1982 - BVerwG 2 C 59/81 - (BVerwGE 66, 291) entschiedenen Verwaltungsstreitverfahren um die rechtlich ausgeschlossene Nachholung der unterbliebenen Anhörung des Personalrats vor der fristlosen Entlassung eines Beamten auf Probe im Widerspruchsverfahren.

 

Normenkette

DO SH § 14; BG SH § 202 Abs. 3; PersVG SH § 72 Abs. 4; BG SH § 202 Abs. 2a Nr. 3

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches OVG (Entscheidung vom 28.04.1987; Aktenzeichen 5 OVG A 95/85)

 

Gründe

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwGO liegen nicht vor.

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie grundsätzliche, bisher höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfragen aufwirft, deren im künftigen Revisionsverfahren zu erwartende Entscheidung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder für eine bedeutsame Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Die in diesem Sinne zu verstehende grundsätzliche Bedeutung muß gemäß § 132 Abs. 3 Satz 3 VwGO durch Anführung mindestens einer konkreten, sich aus diesem Verwaltungsrechtsstreit ergebenden Rechtsfrage, die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird, und durch die Angabe des Grundes, der die Anerkennung der grundsätzlichen Bedeutung rechtfertigen soll, dargelegt werden (st.Rspr. des Bundesverwaltungsgerichts; u.a. BVerwGE 13, 90 ≪91, 92≫). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift nicht.

Die Frage, ob ein Beamter auf Probe gemäß § 202 Abs. 2 a Nr. 3 und Abs. 3 des Beamtengesetzes für das Land Schleswig- Holstein (Landesbeamtengesetz - LBG -) in der Fassung vom 10. Mai 1979 (GVOBl S. 299) wegen eines Verhaltens entlassen werden kann, das bei einem Beamten auf Lebenszeit mit Rücksicht auf das Maßnahmeverbot des § 14 der Landesdisziplinarordnung - LDO - neben einer gerichtlichen Strafe zu keiner zusätzlichen Disziplinarmaßnahme führt, ist nicht klärungsbedürftig in dem dargelegten Sinne. Aus der - auch vom Berufungsgericht angeführten - Rechtsprechung des beschließenden Senats ergibt sich eindeutig, daß das (disziplinarrechtliche) Maßnahmeverbot des § 14 LDO bei der Entlassung eines Beamten auf Probe nicht anwendbar ist. Bei der Entlassung eines Beamten auf Probe nach Maßgabe des § 202 Abs. 2 a Nr. 3 und Abs. 3 LBG ist an die bei einem Polizeibeamten auf Lebenszeit hypothetisch auszuwerfende Disziplinarmaßnahme anzuknüpfen und das erst dann eingreifende Maßnahmeverbot des § 14 LDO außer Betracht zu lassen (BVerwGE 66, 19 ≪21 ff.≫). Das von der Beschwerde zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung angeführte Urteil des ersten Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Dezember 1982 - BVerwG 1 D 42.82 - (BVerwGE 76, 43) ist nicht einschlägig. Es betrifft die gegen einen Beamten auf Lebenszeit verhängte Disziplinarmaßnahme. Die Entlassung eines Beamten auf Probe ist jedoch keine disziplinarrechtliche, sondern eine beamtenrechtliche Entscheidung (BVerwGE 62, 280 ≪281≫; 66, 19 ≪20≫). Die an ein gleichartiges Verhalten anknüpfenden unterschiedlichen Rechtsfolgen bei Beamten auf Lebenszeit und auf Probe finden in der unterschiedlichen Rechtsstellung dieser Beamten und in der Natur des Beamtenverhältnisses auf Probe ihre Rechtfertigung (BVerwGE 66, 19 ≪23 f.≫).

Ohne rechtsgrundsätzliche Bedeutung ist auch die Frage, ob die Gruppenvertretung, die vor der fristlosen Entlassung eines Beamten auf Probe nicht in der vorgeschriebenen Weise gemäß § 72 Abs. 4 des Personalvertretungsgesetzes für das Land Schleswig-Holstein (Personalvertretungsgesetz - PersVG -) in der Fassung vom 22. Februar 1982 (GVOBl S. 42) beteiligt worden ist, in einem zweiten Entlassungsverfahren noch rechtsfehlerfrei angehört werden kann. Es ist eindeutig, daß ein auf der unterbliebenen Anhörung der Gruppenvertretung beruhender Rechtsmangel einer fristlosen Entlassung in einem zweiten getrennten Entlassungsverfahren von vornherein vermieden werden kann. Es handelt sich dabei nicht wie in dem vom beschließenden Senat im Urteil vom 1. Dezember 1982 - BVerwG 2 C 59.81 - (BVerwGE 66, 291) entschiedenen Verwaltungsstreitverfahren um die rechtlich ausgeschlossene Nachholung der unterbliebenen Anhörung des Personalrats vor der fristlosen Entlassung eines Beamten auf Probe im Widerspruchsverfahren. Dies hat das Berufungsgericht im angefochtenen Urteil im einzelnen dargelegt.

Den weiteren Ausführungen der Beschwerde, mit denen sie einen Verstoß der Beklagten gegen § 72 Abs. 4 LPersVG zu begründen versucht, ist keine Frage von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung zu entnehmen. Die Beschwerde wendet sich vielmehr gegen die an die Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalles anknüpfende Würdigung des Sachverhalts und die Rechtsanwendung durch das Berufungsgericht. Mit solchen, den rechtssystematischen Unterschied zwischen der Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde und der Begründung einer Revision vernachlässigenden Angriffen kann aber die Nichtzulassungsbeschwerde keinen Erfolg haben.

Das angefochtene Urteil weicht entgegen der Auffassung der Beschwerde auch nicht gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ab. Wie sich aus den vorangehenden Ausführungen ergibt, betreffen die von der Beschwerde angeführten Urteile vom 9. Dezember 1982 - BVerwG 1 D 42.82 - (a.a.0.) und vom 1. Dezember 1982 - BVerwG 2 C 59.81 - (a.a.O.) andere Fälle.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI543769

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