Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung des Familiennamens. Namensänderung. wichtiger Grund. „Scheidungshalbwaise”. Förderlichkeit für das Kindeswohl. Erforderlichkeit für das Kindeswohl
Leitsatz (amtlich)
Ist die Ehe der Eltern eines minderjährigen Kindes, das den Ehenamen der Eltern als Geburtsnamen erhalten hat, geschieden worden und hat der nicht erneut verheiratete allein sorgeberechtigte Elternteil wieder seinen Geburtsnamen angenommen, so ist auch nach In-Kraft-Treten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes vom 16. Dezember 1997 (BGBl I 2942) die Änderung des Geburtsnamens des Kindes („Scheidungshalbwaise”) auf öffentlich-rechtlicher Rechtsgrundlage möglich.
Ein wichtiger Grund im Sinne des § 3 NÄG, der die Änderung des Geburtsnamens des Kindes in den Namen des sorgeberechtigten Elternteils rechtfertigt, liegt bei fehlender Einwilligung des anderen Elternteils nicht schon dann vor, wenn die Namensänderung für das Wohl des Kindes förderlich ist, sondern nur, wenn sie für das Kindeswohl erforderlich ist (Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere BVerwGE 95, 21).
Normenkette
NÄG § 3 Abs. 1; BGB §§ 1355, 1616-1617, 1617a, 1617b, 1617c, 1618
Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 22.02.2001; Aktenzeichen 1 S 929/00) |
VG Karlsruhe (Urteil vom 11.10.1998; Aktenzeichen 12 K 2028/99) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 22. Februar 2001 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Tatbestand
I.
Der Kläger ist der leibliche Vater des Beigeladenen zu 1. Er wendet sich gegen die Änderung des Familiennamens des Kindes.
Der Beigeladene zu 1 wurde am 15. Februar 1993 als eheliches Kind des Klägers und der Beigeladenen zu 2 geboren. Die Ehe wurde am 27. Oktober 1997 rechtskräftig geschieden. Die elterliche Sorge für das Kind wurde der Mutter übertragen. Diese hat mit Wirkung vom 10. Dezember 1997 wieder ihren Geburtsnamen „Z.” angenommen. Aus der Verbindung mit einem neuen Partner, die zwischenzeitlich beendet wurde, ist die am 10. März 1999 geborene Tochter N. Z. hervorgegangen.
Am 15. Januar 1998 beantragte die Beigeladene zu 2 für ihren Sohn die Änderung des Familiennamens von „K.” in „Z.”. Zur Begründung wies sie auf wegen der Namensverschiedenheit erfolgende Hänseleien im Kindergarten sowie darauf hin, dass der Name „K.” kein schöner Name sei. Zu diesem Antrag gab die Bezirksstelle für Sozial- und Jugendwesen der Beklagten nach Anhörung der Beteiligten zunächst eine negative Stellungnahme ab. Es sei nicht erkennbar, dass das Kind, das zu beiden Elternteilen und allen Großeltern einen sehr guten Kontakt habe, unter der Namensgebung leide. Nur seine Mutter scheine mit der Namensverschiedenheit ein Problem zu haben.
Die Beigeladene zu 2 wies auf die zu erwartende Geburt eines Halbgeschwisters hin, das wie sie „Z.” heißen solle. Sie führte ferner aus, dass sie auch im Falle einer Eheschließung ihren Geburtsnamen beibehalten wolle.
Der Beklagte gab dem Antrag auf Namensänderung mit Bescheid vom 29. März 1999 statt. In dem Bescheid heißt es, dass die Urkunde über die Namensänderung erst ausgestellt werde, wenn der Bescheid bestandskräftig geworden sei. Zur Begründung wird dargelegt, dass der Namensgleichheit zwischen Geschwistern in der Familie besondere Bedeutung beikomme und daher die Angleichung des Namens für den Beigeladenen zu 1 förderlich sei. Die Interessen des Vaters müssten demgegenüber zurücktreten.
Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch. Das Regierungspräsidium Karlsruhe holte eine erneute Stellungnahme der Bezirksstelle für Sozial- und Jugendwesen der Beklagten ein. Diese hielt die Namensänderung nunmehr im Hinblick auf die Geburt der Halbschwester für dem Kindeswohl förderlich. Das Regierungspräsidium wies den Widerspruch des Klägers durch Bescheid vom 24. Juni 1999 zurück.
Der Kläger hat Klage erhoben und geltend gemacht, es genüge für eine Namensänderung nicht, dass sie für das Wohl des Kindes förderlich sei. Durch die Namensänderung werde der Beigeladene zu 1 ihm entfremdet. Eine Namensgleichheit mit Mutter und Stiefschwester sei nicht für das Kindeswohl erforderlich. Denn bei der heutigen Namensvielfalt bestehe nicht die Gefahr, dass sein Sohn unter der Namensverschiedenheit zu leiden habe. Eine Namensänderung verschließe ihm zudem ein Mitwirkungsrecht gemäß § 1618 BGB.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat der Klage mit Urteil vom 11. Oktober 1999 stattgegeben. Der Verwaltungsgerichtshof hat die von ihm zugelassene Berufung mit Urteil vom 22. Februar 2001 (L.S.: BWVBl Beilage Heft 6) zurückgewiesen. Er hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Behörde sei auch nach In-Kraft-Treten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes vom 16. Dezember 1997 (BGBl I S. 2942) befugt, in Fällen der vorliegenden Art einen Namensänderungsantrag nach § 3 NÄG zu beurteilen und zu bescheiden. Die für so genannte Stiefkinderfälle bestehende Regelung des § 1618 BGB greife in den so genannten Scheidungshalbwaisenfällen nicht ein. Sie hindere insoweit auch keine öffentlich-rechtliche Namensänderung. Für die Änderung des Namens des Beigeladenen zu 1 spreche kein wichtiger Grund. Ein solcher setze voraus, dass das schutzwürdige Interesse des die Namensänderung Beantragenden so gewichtig sei, dass es die für die Beibehaltung des Namens sprechenden Belange der Allgemeinheit und Interessen Dritter überwiege. Es müssten so gewichtige Umstände vorliegen, dass der Name in Abweichung von der namensrechtlichen Ordnung des bürgerlichen Rechts gerechtfertigt sei. Dazu genüge es nicht, dass die Namensänderung für das Wohl eines Kindes förderlich sei. Vielmehr müsse die Namensänderung zum Wohl des Kindes erforderlich sein. Zu dieser Verschärfung der Anforderungen zwinge die in § 1618 BGB zum Ausdruck kommende Wertung. Der Gesetzgeber habe mit dem Kindschaftsrechtsreformgesetz die Belange des nicht sorgeberechtigten Elternteils durch Stärkung des namensrechtlichen Bandes zu dem Kind aufgewertet. Dabei sei es ohne Bedeutung, ob das Kind einen wieder angenommenen Namen des sorgeberechtigten Elternteils oder nach dessen Eheschließung den nunmehrigen Ehenamen erhalten solle. Die zeitliche Einordnung der Namensänderung vor erneuter Verheiratung des sorgeberechtigten Elternteils oder danach dürfe die Anforderungen nicht verändern. Denn auch im Anwendungsbereich des § 1618 BGB sei die Führung eines wieder angenommenen Namens des sorgeberechtigten Elternteils als Ehe- und Familienname denkbar.
Erforderlich sei eine Namensänderung in Scheidungshalbwaisenfällen, wenn das Kindeswohl die Änderung des Familiennamens auch bei angemessener Berücksichtigung der für die Beibehaltung des bisherigen Namens sprechenden Gründe gebiete. Maßgebend seien hier die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch. Diese ließen nicht erkennen, dass die Namensänderung zum Wohl des Beigeladenen zu 1 erforderlich sei. Das Kind habe ein gutes Verhältnis auch zu seinem leiblichen Vater und dessen Angehörigen. Dieser kümmere sich auch um seinen Sohn. Aus der Namensverschiedenheit folgende Alltagsprobleme seien zu bewältigen. Es sei nicht erkennbar, dass das Kind unter der Namensverschiedenheit zu seiner Mutter leide. Die Beigeladene zu 2 habe vor allem ein Interesse daran, die Namensänderung durchzusetzen. Das beruhe auf bisherigen Konfrontationen bzw. Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der Scheidung. Die Geburt einer Halbschwester führe angesichts der stabilen Entwicklung des Beigeladenen zu 1 ebenfalls nicht zur Erforderlichkeit der Namensänderung.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Revision, mit welcher die Beklagte die Abweisung der Klage erstrebt. Sie rügt eine Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und meint, die Änderung der kindschaftsrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches rechtfertige keine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Sie verweist auf die nach der bisherigen Rechtsprechung schon gegebene Ungleichbehandlung zwischen sog. Stiefkinder- und sog. Scheidungshalbwaisenfällen. Sie vermisst zudem eine ausreichende Berücksichtigung des Vorhandenseins einer Halbschwester, die den Namen ihrer Mutter trage. Dieser Umstand lasse die Namensänderung des beigeladenen Kindes sogar als erforderlich erscheinen.
Der Kläger tritt der Revision entgegen.
Die Beigeladenen unterstützen die Revision.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist nicht begründet. Das Berufungsurteil verletzt kein revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO).
Die von der Beklagten vorgenommene Änderung des Familiennamens ist rechtswidrig. Rechtsgrundlage für die Namensänderung kann nur § 3 Abs. 1 Namensänderungsgesetz (NÄG) in der Fassung vom 16. Dezember 1997 (BGBl I S. 2942) sein. Danach darf ein Familienname durch Entscheidung der zuständigen Verwaltungsbehörde nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
1. Der Anwendung des § 3 Abs. 1 NÄG stehen die Vorschriften der §§ 1616 bis 1618 BGB nicht entgegen.
Die § 1617 a Abs. 2, §§ 1617 b, 1617 c und 1618 sind zwar gemäß Art. 224 § 3 Abs. 1 EGBGB auch bei Kindern anwendbar, die vor dem 1. Juli 1998 geboren worden sind und bereits einen Geburtsnamen führen. Sie erfassen aber nicht die hier vorliegende Fallsituation.
Durch das Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts (Kindschaftsrechtsreformgesetz – KindRG) vom 16. Dezember 1997 (BGBl I S. 2942) sind mit Wirkung vom 1. Juli 1998 das elterliche Sorgerecht und das Kindesnamensrecht einer Neuordnung zugeführt worden. Insbesondere sind rechtliche Unterschiede zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern soweit wie möglich abgebaut worden. Dem Kindesnamensrecht liegt folgendes System zugrunde:
Gemäß § 1616 BGB erhält das Kind den Ehenamen seiner Eltern als Geburtsnamen. Dies setzt voraus, dass die Eltern im Zeitpunkt der Geburt ihres Kindes einen – sich nach § 1355 BGB bestimmenden – gemeinsamen Familiennamen (Ehenamen) führen. Für die Fälle, in denen die Eltern keinen Ehenamen führen, trifft § 1617 BGB die Regelung, dass sie bei gemeinsamer elterlicher Sorge durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten den Geburtsnamen des Kindes bestimmen. § 1617 a BGB regelt Fallkonstellationen, in denen die Eltern keinen Ehenamen führen und die elterliche Sorge nur einem Elternteil zusteht. Das Kind erhält dann grundsätzlich den Namen, den dieser Elternteil im Zeitpunkt der Geburt des Kindes führt (Abs. 1). Abs. 2 Satz 1 der Norm räumt dem sorgeberechtigten Elternteil das Recht ein, dem Kind durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten mit Wirkung für die Zukunft den Namen des anderen Elternteils zu erteilen. Die Erteilung des Namens bedarf nach Abs. 2 Satz 2 der Einwilligung des anderen Elternteils und des Kindes, wenn es das 5. Lebensjahr vollendet hat.
Weitere Fälle nachträglicher Namensänderung sind in §§ 1617 b ff. BGB geregelt. § 1617 b BGB ermöglicht Namensänderungen bei späterer Begründung gemeinsamer Sorge der Eltern sowie bei Scheinvaterschaft. § 1617 c BGB trägt Fällen elterlichen Namenswechsels Rechnung. Nach § 1617 c Abs. 1 erstreckt sich die Bestimmung eines Ehenamens nach der Geburt des Kindes mit Wirkung für die Zukunft auf dessen Geburtsnamen, nach der Vollendung des 5. Lebensjahres allerdings nur dann, wenn es sich der Namensgebung anschließt. Diese Vorschrift gilt gemäß § 1617 c Abs. 2 entsprechend bei späterer Änderung des zum Geburtsnamen des Kindes gewordenen Ehenamens, also des gemeinsamen Familiennamens der Eltern (Abs. 2 Nr. 1) bzw. wenn sich in den Fällen der §§ 1617, 1617 a, 1617 b BGB der Familienname eines Elternteils, der Geburtsname des Kindes geworden ist, auf andere Weise als durch Eheschließung ändert (Abs. 2 Nr. 2).
Schließlich wird in § 1618 BGB die so genannte Einbenennung von Stiefkindern geregelt. Steht einem Elternteil die elterliche Sorge zu, so kann er gemeinsam mit seinem Ehegatten, der nicht Elternteil des Kindes ist, dem Kind durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten seinen Ehenamen erteilen. Führt das Kind bisher den Namen des anderen Elternteils, so bedarf es dessen Einwilligung, die durch das Familiengericht ersetzt werden kann, wenn die Namenserteilung zum Wohl des Kindes erforderlich ist.
Dieses Regelungssystem bietet keine Rechtsgrundlage für die Namensänderung von Kindern, die den Ehenamen ihrer Eltern als Geburtsnamen erhalten haben und nach Trennung der Eltern und Wiederannahme des früheren Namens des nicht wiederverheirateten allein sorgeberechtigten Elternteils dessen Nachnamen erhalten sollen.
§ 1617 c Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 BGB regeln diese Fallkonstellation nicht. Diese Frage ist in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur allerdings umstritten (vgl. einerseits OLG Düsseldorf, FamRZ 2000, 1181 sowie Palandt/Diederichsen, BGB, 61. Aufl. 2002, § 1617 c Rn. 9; Staudinger/Coester, BGB, 13. Bearbeitung 2000, § 1617 c Rn. 30; andererseits OLG Dresden, StAZ 2000, 341 sowie Henrich/Wagenitz/Bornhofen, Deutsches Namensrecht, § 1617 c Rn. 58 [Anwendbarkeit des § 1617 c Abs. 2 Nr. 2 BGB]; Erman/Michalski, BGB, 10. Aufl. 2000, § 1617 c Rn. 18 [Anwendbarkeit des § 1617 c Abs. 2 Nr. 1]). Überzeugend ist allein die Auffassung, dass die genannten Vorschriften auf den Fall der Namensänderung eines Kindes nach Wiederannahme eines früheren Namens durch den nicht wiederverheirateten sorgeberechtigten Elternteil nicht anzuwenden ist.
Eine Anwendung des § 1617 c Abs. 2 Nr. 1 BGB scheidet schon deshalb aus, weil sich im Falle der Wiederannahme eines früheren Namens nach Maßgabe des § 1355 Abs. 5 Satz 2 BGB nicht der Ehename ändert, wie es § 1617 c Abs. 2 Nr. 1 BGB voraussetzt. § 1617 c Abs. 2 Nr. 2 BGB knüpft an die Änderung des nur von einem Elternteil geführten Familiennamens an, der Geburtsname des Kindes geworden ist. Wenn die Eltern hingegen wie hier einen gemeinsamen Ehenamen geführt haben, fehlt es an einer Grundvoraussetzung für die Anwendung dieser Vorschrift. Keine der beiden in § 1617 c Abs. 2 BGB genannten Varianten enthält demnach einen Kollisionsfall der hier in Rede stehenden Art, in welchem nach einer Ehescheidung bei dem aus der Ehe hervorgegangenen Kind der Name des einen Elternteils zugunsten desjenigen des anderen Elternteils weichen soll. Vielmehr geht es dort lediglich um Änderungen des Ehenamens bzw. des Familiennamens des namensgebenden Elternteils, welche unter Beachtung der in § 1617 c Abs. 1 BGB getroffenen Bestimmungen im Sinne einer Automatik auf den Kindesnamen „durchschlagen”.
Auch die Voraussetzungen des § 1618 BGB liegen nicht vor, denn der sorgeberechtigte Elternteil hat nicht wieder geheiratet, so dass keine Erteilung des Namens eines Stiefvaters beabsichtigt ist. Demgemäß kann auch die Verweisung in § 1618 Satz 6 BGB nicht zur Anwendung des § 1617 c BGB führen. Diese Verweisung bedeutet ungeachtet bestehender Auffassungsunterschiede im Einzelnen nur, dass sich eine Namensänderung der Stiefeltern nach Maßgabe des § 1617 c BGB auf das einbenannte Stiefkind auswirkt.
§ 1618 BGB kann nicht entsprechend auf Namensänderungen von so genannten Scheidungshalbwaisen angewandt werden. Es fehlt für die Zulässigkeit einer solchen Anwendung jedenfalls an einer unbeabsichtigten Regelungslücke. Vielmehr ist dem Gefüge der §§ 1616 ff. BGB und den Gesetzesmaterialien zu entnehmen, dass die Namensänderung der Scheidungshalbwaisen nicht zivilrechtlich geregelt werden sollte. Wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt, kann nicht davon ausgegangen werden, die §§ 1616 ff. BGB seien – gemessen an der Regelungsabsicht des Gesetzgebers – in der Weise unvollständig, dass dieser versehentlich eine Fallgruppe in einem an sich abgestimmten System keiner Regelung zugeführt habe. Vielmehr hat der Gesetzgeber allein die Fälle der Namensänderung von „Stiefkindern” in Erweiterung der bisherigen Bestimmung zivilrechtlich regeln wollen, andere Konstellationen aber unberührt gelassen.
Mit der Neufassung des § 1618 BGB hat der Gesetzgeber der Forderung in der Diskussion um die Reform des Kindschaftsrechts entsprochen, die Rechtsstellung der „Stiefeltern” zu verbessern. Durch die Möglichkeit der Einbenennung von „Stiefkindern” soll die Integration solcher Kinder in die neue „Stieffamilie” gefördert werden; der manchmal schwierige Weg über das öffentliche Namensänderungsgesetz muss nicht mehr gegangen werden (Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Reform des Kindschaftsrechts, BTDrucks 13/4899, S. 29 ≪66, 92≫). In der Einzelbegründung zu § 1618 Abs. 1 des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (BTDrucks 13/4899, S. 29 ≪92≫), wird auf die Stellungnahme des Bundesrates aus dem Jahr 1993 (BTDrucks 12/3163) zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung eines Familiennamensrechts (Familiennamensrechtsgesetz – FamNamRG) verwiesen. Darin bemängelt der Bundesrat, dass der Entwurf eine Namensrechtsregelung für „Stiefkinderfälle” vermissen lasse. Dies habe zur Folge, dass die so genannten Stiefkinderfälle nach wie vor auf eine öffentlich-rechtliche Namensänderung angewiesen seien. Entsprechende Verfahren seien in der Praxis relativ häufig und überdurchschnittlich konfliktbeladen; Verwaltungsgerichtsentscheidungen zum Namensänderungsgesetz beträfen ganz überwiegend die „Stiefkinderfälle”. Dieser Befund belege, dass es bei der erwähnten Problematik im weitesten Sinne um Scheidungsfolgen bzw. Fragen der Personensorge gehe, die durch bürgerlich-rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten und nicht durch die als Ultima Ratio für den Einzelfall gedachte öffentlich-rechtliche Namensänderung gelöst werden sollten. Es werde daher darum gebeten, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die namensmäßige Eingliederung der so genannten Stiefkinder in die neue Familie einer bürgerlich-rechtlichen Lösung zugeführt werden könne.
Daraus ergibt sich, dass kein Anhalt dafür besteht, der Gesetzgeber habe alle sich als Folge von Trennungen darstellenden Probleme der Änderung des Namens von Kindern einer bürgerlich-rechtlichen Lösung zuführen wollen. Der Gesetzesbegründung lässt sich nämlich ausdrücklich nur das Anliegen des Gesetzgebers entnehmen, die (namensrechtliche) Integration des Kindes in die neu gegründete „Stieffamilie” zu fördern.
Die Gesetzesmaterialien lassen andererseits keinen Schluss auf eine Intention des Gesetzgebers zu, den Scheidungshalbwaisen eine Namensänderung gänzlich, also auch nach Maßgabe des § 3 NÄG, zu verwehren. Insbesondere kann dies nicht aus der Streichung des im Regierungsentwurf vorgesehenen § 1617 b Abs. 2 abgeleitet werden. § 1617 b Abs. 2 des Regierungsentwurfs sah vor, dass der Name des Kindes neu bestimmt werden kann, wenn in anderen Fällen als denen des § 1671 BGB die alleinige Sorge eines Elternteils nachträglich begründet wird. Diese Vorschrift war, wie die Herausnahme der Fälle des § 1671 BGB zeigt, der die gemeinsame elterliche Sorge voraussetzt und die Sorgerechtsänderung bei nicht nur vorübergehender Trennung der Eltern regelt, und wie durch die Einzelbegründung im Regierungsentwurf bestätigt wird, gerade nicht auf Fälle des Sorgerechtswechsels nach Trennung der Eltern zugeschnitten. Schon mangels Anwendbarkeit der Entwurfsregelung auf die „Scheidungshalbwaisen” lässt der Umstand, dass die Bestimmung entsprechend der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (BTDrucks 13/8511, S. 10 ≪73≫) gestrichen wurde und keine Gesetzeskraft erlangt hat, nicht darauf schließen, der Gesetzgeber habe lediglich für die „Stiefkinderfälle” den Grundsatz der Namenskontinuität überwinden und für alle anderen Fallgruppen, namentlich die der „Scheidungshalbwaisen”, eine Namensänderung völlig ausschließen wollen. Eine dahin gehende Zielsetzung kann den §§ 1616 ff. BGB auch sonst nicht entnommen werden. Zwar hält der Gesetzgeber mit dem System der §§ 1616 ff. BGB am Grundsatz der Namenskontinuität fest, von dem er für die von ihm geregelten Fälle Ausnahmen zulässt. Dieses Normsystem ist aber mangels einer zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Absicht nicht in der Weise in sich abgeschlossen, dass in den nicht den §§ 1616 ff. BGB unterfallenden Konstellationen der Weg der öffentlich-rechtlichen Namensänderung versperrt bliebe. Jedenfalls soweit zivilgesetzliche Regelungen zur Ermöglichung einer Namensänderung nicht bestehen, ist die Anwendung des § 3 NÄG ohne Weiteres zulässig. Insbesondere ist kein sachlicher Grund dafür erkennbar, Kindern aus geschiedenen Ehen in dem Fall der Wiederannahme des Geburtsnamens des sorgeberechtigten Elternteils eine Änderung des Familiennamens völlig zu versagen, während sie in anderer Konstellation unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen darf. Ob der sorgeberechtigte Elternteil nach der Scheidung seinen ursprünglichen Namen oder aber den des neuen Ehepartners angenommen hat, kann im Hinblick auf die prinzipielle Ermöglichung einer Namensänderung keinen Unterschied machen.
2. Ein die Namensänderung rechtfertigender wichtiger Grund i.S.d. § 3 Abs. 1 NÄG ist dann gegeben, wenn die Abwägung aller für und gegen die Namensänderung streitenden Umstände ein Übergewicht der für die Änderung sprechenden Interessen ergibt (Beschlüsse vom 1. Februar 1989 – BVerwG 7 B 14.89 – Buchholz 402.10 § 11 NÄG Nr. 3, S. 3 und vom 27. September 1993 – BVerwG 6 B 58.93 – Buchholz 402.10 § 11 NÄG Nr. 4, S. 5). Dies setzt in Fällen der vorliegenden Art voraus, dass die Namensänderung für das Wohl des Kindes erforderlich ist.
Das Bundesverwaltungsgericht hat allerdings in „Scheidungskinderfällen” in seiner jüngeren Rechtsprechung im Hinblick auf die Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts in dem Beschluss vom 5. März 1991 – BVerfG 1 BvL 83/86 und 24/88 – (BVerfGE 84, 9) zur Unvereinbarkeit des § 1355 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. mit Art. 3 Abs. 2 GG sowie unter Berücksichtigung der Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuches infolge dieser Entscheidung durch das Gesetz zur Neuordnung des Familiennamensrechts – FamNamRG – vom 16. Dezember 1993 (BGBl I S. 2054) entschieden, dass ein wichtiger Grund für eine Namensänderung bereits dann bestehen kann, wenn diese unter Berücksichtigung aller Lebensumstände dem Wohl des Kindes förderlich ist (Urteile vom 7. Januar 1994 – BVerwG 6 C 34.92 – BVerwGE 95, 21 = Buchholz 402.10, § 3 NÄG Nr. 70, vom 13. Dezember 1995 – BVerwG 6 C 13.94 – Buchholz 402.10 § 3 NÄG Nr. 74 sowie – BVerwG 6 C 6.94 – BVerwGE 100, 148 = Buchholz 402.10 § 3 NÄG Nr. 73).
An dieser Rechtsprechung kann, soweit sie die vorliegende Fallkonstellation betrifft, nicht mehr festgehalten werden. Das In-Kraft-Treten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes erfordert für die in Rede stehenden Fälle eine Neubestimmung der Anforderungen an das Vorliegen eines wichtigen Grundes i.S.d. § 3 Abs. 1 NÄG. In Ansehung der diesem Gesetz zugrunde liegenden rechtlichen Wertungen sieht sich der Senat veranlasst, einen wichtigen Grund für die Namensänderung einer so genannten Scheidungshalbwaisen nach § 3 Abs. 1 NÄG in diesen Fällen nur anzunehmen, wenn die Namensänderung für das Kind erforderlich ist und andere zu berücksichtigende Interessen nicht überwiegen. Namensänderungsbegehren der so genannten Scheidungshalbwaisen können bei Widerspruch des namensgebenden nicht sorgeberechtigten Elternteils nicht nach anderen Maßstäben beurteilt werden, als sie das Gesetz nunmehr ausdrücklich für „Stiefkinder” normiert. Die in § 1618 Satz 4 BGB zum Ausdruck kommende Wertung des Gesetzgebers verdient für die vorliegende Scheidungshalbwaisen-Konstellation in gleicher Weise Berücksichtigung.
a) Mit § 1618 Satz 4 BGB in der Fassung des Kindschaftsrechtsreformgesetzes hat der Gesetzgeber für das Umbenennungsbegehren eines Kindes, dessen sorgeberechtigter Elternteil nach Scheidung und Wiederheirat den Familiennamen des neuen Ehegatten angenommen hat, einen bestimmten materiellen Maßstab festgelegt. Stimmt der andere Elternteil, dessen Namen das Kind führt, dieser Einbenennung nicht zu, kann die Einwilligung durch das Familiengericht (nur) ersetzt werden, wenn die Erteilung des neuen Namens zum Wohl des Kindes erforderlich ist.
Bereits der Wortlaut des § 1618 Satz 4 BGB legt nahe, dass der Gesetzgeber die Anforderungen an eine Namensänderung in den nunmehr ausdrücklich geregelten „Stiefkinderfällen” im Vergleich zu den durch die Rechtsprechung des Senats zu § 3 NÄG aufgestellten Anforderungen verschärfen wollte. Mit der Wahl des Begriffs der „Erforderlichkeit” hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass für die Namensänderung Gründe angeführt werden müssen, die über die für die bloße „Förderlichkeit” für das Kindeswohl sprechenden Gesichtspunkte hinausgehen müssen. Es kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber von einer Deckungsgleichheit beider Begriffe ausgegangen ist. Denn ihm war die Entwicklung in der Rechtsprechung zu den nach § 3 NÄG anzulegenden Maßstäben an Namensänderungsanträge von Scheidungskindern bekannt (vgl. BTDrucks 13/4899, S. 29 ≪92≫). Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens die im Regierungsentwurf vorgeschlagene Formulierung des § 1618 BGB, die Namenserteilung müsse „dem Wohl des Kindes dienen” (BTDrucks 13/4899, S. 8), auf Vorschlag des Rechtsausschusses durch den später Gesetz gewordenen Ausdruck der „Erforderlichkeit” ersetzt hat (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks 13/8511, S. 11). In der Begründung hierzu wird ausgeführt, die Voraussetzungen für eine gerichtliche Ersetzung der Einwilligung des nicht an der Sorge beteiligten Elternteils würden „enger gefasst”. Für sie genüge es nicht, dass die Neubestimmung des Kindesnamens dem Wohl des Kindes diene; vielmehr werde verlangt, dass sie zum Wohl des Kindes erforderlich sei (BTDrucks 13/8511, S. 74). Vor dem Hintergrund des Meinungsstreits in der Rechtsprechung ist angesichts dieser Begründung anzunehmen, dass die Änderung des Gesetzeswortlauts nicht lediglich auf sprachlich-redaktionellen Gründen beruht. In dem Änderungsvorschlag wird allerdings an einer Stelle auch auf die Förderlichkeit der Einbenennung für das Kindeswohl abgehoben (BTDrucks 13/8511, S. 74). Dies kann indessen die erkennbare Tendenz der Verschärfung der Anforderungen an die Namensänderung des Stiefkindes in den Fällen fehlender Einwilligung nicht insgesamt in Frage stellen. Denn der Gesetzgeber verwendet den Begriff der Förderlichkeit für das Wohl des Kindes im Zusammenhang mit der durch die Möglichkeit der Zuweisung eines Doppelnamens erleichterten gütlichen Einigung der Eltern. Das schließt nicht aus, dass dann, wenn eine solche Einigung nicht zustande kommt, der Namenswechsel nur unter strengeren Anforderungen ermöglicht wird. Diese Absicht hat der Gesetzgeber mit der Begründung des Änderungsvorschlages hinreichend dokumentiert (so auch BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2001 – XII ZB 88/99 – NJW 2002, 300 ≪301≫).
Systematische Gesichtspunkte sprechen ebenfalls für die Annahme, dass der Gesetzgeber zwischen den Kriterien der Förderlichkeit und der Erforderlichkeit für das Kindeswohl bewusst differenziert. Der Begriff des Kindeswohls ist in verschiedenen sorge- und umgangsrechtlichen Bestimmungen des BGB enthalten, wobei sich der Gesetzgeber unterschiedlicher Maßstäbe bedient: Teilweise genügt es, wenn eine sorgerechtliche Regelung dem Wohl des Kindes „nicht widerspricht” (§ 1672 Abs. 2 Satz 1, § 1681 Abs. 2 BGB); an anderer Stelle muss die Sorgerechtsübertragung dem Wohl des Kindes „dienen” (§ 1672 Abs. 1 Satz 2, § 1678 Abs. 2 BGB) oder „am besten entsprechen” (§ 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB); schließlich sind Beschränkungen bzw. der Ausschluss des Umgangsrechts möglich, wenn dies zum Wohl des Kindes „erforderlich” oder das Kindeswohl „gefährdet” ist (§ 1684 Abs. 4 Sätze 1 und 2 BGB). Mit der Auffangvorschrift des § 1697 a BGB erhebt das Gesetz die Forderung an das Familiengericht, die dem Wohl des Kindes „am besten entsprechende” Entscheidung zu treffen. Damit hat der Gesetzgeber verschiedene Stufen bei der Prüfung des Kindeswohls festgeschrieben, die von der jeweiligen Sachlage abhängen.
Auch Sinn und Zweck des § 1618 Satz 4 BGB sprechen dafür, dass die Anforderungen an die Namensänderung von Stiefkindern verschärft werden sollten. Denn durch die Neuregelung sollte unbeschadet des Grundgedankens der Erleichterung der Einbenennung im Konfliktfall der Grundsatz der Namenskontinuität gestärkt werden. Zwar waren hierfür nicht unbedingt öffentliche Interessen ausschlaggebend, wie in den eine Neubestimmung des Kindesnamens unter erleichterten Voraussetzungen ermöglichenden §§ 1617 b und 1617 c BGB zum Ausdruck kommt. Jedoch sollten die Belange des nicht sorgeberechtigten Elternteils stärker berücksichtigt und dessen Bindungen an das Kind unterstrichen werden. Mit § 1618 BGB sollte der möglichen Absicht des sorgeberechtigten Elternteils begegnet werden, das Kind namensrechtlich von dem anderen Elternteil zu trennen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BTDrucks 13/4899, S. 29).
Demgemäß fordert der Bundesgerichtshof in Fällen der angestrebten Einbenennung eines Stiefkindes, dass der Ersetzung der Einwilligung des anderen Elternteils eine umfassende Abwägung der Interessen der Beteiligten vorausgeht. In diese Abwägung sind neben dem Interesse des Kindes, den gleichen Namen zu tragen wie die neue Familie, bedeutsame gegenläufige Belange einzubeziehen. Denn auch die Namenskontinuität ist ein wichtiger Kindesbelang (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2001 – XII ZB 88/99 – NJW 2002, 300 ≪301≫). Namenskontinuität kann dem Kind helfen, seine Identität zu finden, Individualität zu entwickeln und sein Verhältnis zu anderen zu begreifen und zu fördern. Eine Namensänderung kann in diesen Prozess eingreifen und darf deshalb nur aus wichtigem Grund erfolgen.
b) Die vom Gesetzgeber mit § 1618 Satz 4 BGB verfolgte Stärkung des namensrechtlichen Bandes zwischen dem Kind und dem nicht sorgeberechtigten Elternteil, von dem es seinen Familiennamen ableitet und der in die Namensänderung nicht einwilligt, gilt gleichermaßen für die ausdrücklich geregelten „Stiefkinder” wie für die „Scheidungshalbwaisen”. Wenn das Kind ursprünglich den Namen des nicht (mehr) sorgeberechtigten Elternteils erhalten hat, kann mit Blick auf die oben wiedergegebene Zielsetzung des § 1618 Satz 4 BGB in Bezug auf den an die spätere Änderung dieses Namens anzulegenden Maßstab nicht danach differenziert werden, ob der sorgeberechtigte Elternteil nach der Scheidung dem Kind seinen vor der Ehe geführten Namen (§ 1355 Abs. 5 Satz 2 BGB) oder seinen neuen Ehenamen erteilen will, der zudem mit dem vor der ersten Ehe geführten Namen identisch sein kann (§ 1355 Abs. 1 Satz 1 BGB). Vielmehr ist die Intention des Gesetzgebers, das Namensband zwischen dem Kind und dem nicht sorgeberechtigten Elternteil nur unter erschwerten Voraussetzungen gegen dessen Willen zu durchtrennen, bei beiden Fallgruppen gleichermaßen zu berücksichtigen. § 1618 BGB bringt zum Ausdruck, dass im Konfliktfall die Namenskontinuität des Kindes zu dem nicht sorgeberechtigten Elternteil ein hohes Gewicht hat. Damit wird nicht nur ein gewisser Ausgleich zum Wegfall des Sorgerechts geschaffen und das Band zwischen dem Kind und dem nicht sorgeberechtigten Elternteil nach außen bekundet und insoweit verfestigt. Es sollen auch für das Kind schädliche Folgen der Veränderung in seinem sozialen Umfeld möglichst vermieden werden. Diese Gesichtspunkte gelten in gleicher Weise, wenn der Name des Kindes nicht in den neuen Ehenamen des sorgeberechtigten Elternteils geändert werden soll, sondern in den von dem sorgeberechtigten Elternteil nach § 1355 Abs. 5 Satz 2 BGB angenommenen Namen.
Auch im Übrigen sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die eine Differenzierung zwischen den vergleichbaren Tatbeständen bei Eintritt gleicher Rechtsfolgen bezüglich der für das Kindeswohl zu fordernden Voraussetzungen der Namensänderung legitimieren würden oder gar geböten. Namentlich lässt sich eine unterschiedliche Behandlung der Fallgruppen nicht mit der Begründung rechtfertigen, dass dem „Stiefkind” dauerhaft ein fremder Name, nämlich der des neuen Ehepartners, erteilt werden soll, während die „Scheidungshalbwaise” keinen durch einen Dritten vermittelten Namen erhalten soll. Denn der neue Ehename des sorgeberechtigten Elternteils kann, wie bereits erwähnt, auch derjenige sein, den er ohne Eheschließung gemäß § 1355 Abs. 5 Satz 2 BGB führen könnte. Auch aus dem Blickwinkel des Kindes, um dessen Wohl es geht, handelt es sich in beiden Fällen regelmäßig um einen zunächst fremden Namen. Jedenfalls dann, wenn die Eltern seit Beginn der Ehe einen Ehenamen geführt haben, der nicht der frühere Familienname des sorgeberechtigten Elternteils war (§ 1616 i.V.m. § 1355 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BGB), ist der wieder angenommene Name des sorgeberechtigten Elternteils für das Kind ähnlich fremd wie ein dritter Name. Hinzu kommt, dass es nicht untypisch ist, dass der sorgeberechtigte Elternteil jedenfalls eines jüngeren Kindes nach der Rückkehr zu seinem Geburtsnamen wieder heiratet und einen neuen Ehenamen annimmt oder den Geburtsnamen als Ehenamen weiterführt. Wäre es in solchen Fällen möglich, den Widerstand des nicht sorgeberechtigten namensgebenden Elternteils gegen die Änderung des Kindesnamens bei einer Antragstellung vor der Wiederheirat unter leichteren Voraussetzungen zu überwinden als bei einer späteren Antragstellung, ließe sich die vom Gesetzgeber mit § 1618 Satz 4 BGB bezweckte Erschwerung der Namensänderung problemlos umgehen. Das zeigt, dass eine Gleichbehandlung beider Fallgruppen auch mit Blick auf künftige familiäre Entwicklungen geboten ist.
Der erkennende Senat hat seine frühere Entscheidung, dass in Scheidungsfällen auf die Förderlichkeit der Namensänderung für das Wohl des Kindes abzustellen ist, auf die gesetzgeberische Wertung namentlich des § 1616 a BGB i.d.F. des Gesetzes zur Neuordnung des Familiennamensrechts – FamNamRG – vom 16. Dezember 1993 (BGBl I S. 2054) abgestellt. Wenn auch diese Vorschrift ihrem wesentlichen Inhalt nach in § 1617 c BGB n.F. aufrechterhalten worden ist, hat der Gesetzgeber im Gegensatz zur früheren Rechtslage nunmehr eine ausdrückliche Regelung für die „Stiefkinder” geschaffen, deren normative Wertung für die ähnlich gelagerte Konstellation der „Scheidungshalbwaisen” vorrangig zu berücksichtigen ist.
Aus den übrigen Regelungen des Kindschaftsrechtsreformgesetzes ergeben sich keine anderen Wertungen. Die vorliegende Fallkonstellation weist lediglich zu der von § 1618 Satz 4 BGB erfassten Fallgruppe Parallelen auf. Die übrigen Änderungen von Kindesnamen betreffenden Vorschriften der §§ 1616 ff. BGB haben demgegenüber, wie ausgeführt, einen anderen Regelungsgehalt. Insbesondere kann nach In-Kraft-Treten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes der Bestimmung des § 1617 c Abs. 2 BGB keine generelle gesetzgeberische Tendenz entnommen werden, dem Wunsch von Kindern Rechnung zu tragen, ihren Familiennamen an den geänderten Namen eines Elternteils anzupassen, weil diese Vorschrift nach den vorangegangenen Ausführungen nur solche Fälle betrifft, in denen namensrechtliche Interessen des anderen Elternteils, anders als im vorliegenden Fall, von vornherein nicht berührt sind. Abgesehen davon hat der Gesetzgeber im Unterschied zur früheren Rechtslage mit § 1618 BGB zu erkennen gegeben, nicht allein den Wunsch des Kindes und des sorgeberechtigten Elternteils für maßgeblich zu erachten, sondern auch den Willen des nicht sorgeberechtigten Elternteils zu berücksichtigen.
3. Ob für die Beurteilung, ob ein wichtiger Grund in dem dargelegten Sinn vorliegt, die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung oder diejenigen im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Tatsachengerichts maßgebend sind, kann auf sich beruhen. Wie die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übereinstimmend bekundet haben, sind nach Erlass des Widerspruchsbescheids bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshofs im hier in Rede stehenden Zusammenhang bedeutsame Änderungen nicht zu verzeichnen gewesen.
Erforderlichkeit der Namensänderung liegt vor, wenn das Wohl des Kindes die Änderung des Familiennamens auch bei angemessener Berücksichtigung der für die Beibehaltung des bisherigen Namens sprechenden Gründe gebietet. Welche Anforderungen insoweit zu stellen sind, bestimmt sich auch nach dem Gewicht der jeweils im Einzelfall entgegenstehenden Belange.
Eine Namensänderung ist nicht schon dann gerechtfertigt, wenn sie nur dazu dienen soll, dem Kind mit der Namensverschiedenheit zum sorgeberechtigten Elternteil verbundene Unannehmlichkeiten zu ersparen, die ohnehin nur altersbedingt und damit vorübergehender Natur sind, die gedeihliche Entwicklung des Kindes aber nicht ernstlich beeinflussen. Kinder können nicht völlig konfliktfrei ins Leben treten; in gewissem Umfang müssen sie mit den mit einer Scheidung ihrer Eltern verbundenen Problemen – so auch mit einer etwaigen Namensverschiedenheit – zu leben lernen.
Andererseits ist das Kriterium der Erforderlichkeit der Namensänderung im Hinblick auf das Kindeswohl nicht so zu verstehen, dass damit die Grenze markiert wird, jenseits derer das Wohl des Kindes ernsthaft und dauernd gefährdet erscheint; die Erforderlichkeit ist nicht daran zu messen, ob die Grenze der Belastbarkeit des Kindes erreicht ist oder nicht. Immerhin müssen jedoch schwerwiegende Nachteile zu gewärtigen sein oder die Namensänderung für das Kind solche erheblichen Vorteile mit sich bringen, dass verständigerweise die Aufrechterhaltung des Namensbandes zu dem nicht sorgeberechtigten Elternteil nicht zumutbar erscheint (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2001 – XII ZB 88/99 – NJW 2002, 300 ≪301≫).
Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe die für und die gegen eine Änderung des Namens des Beigeladenen zu 1 sprechenden Gesichtspunkte abgewogen, ohne dass dabei Rechtsfehler unterlaufen wären. Das Erfordernis einer davon abweichenden Beurteilung macht auch das Revisionsvorbringen nicht ersichtlich. Namentlich zeigt der von der Revision angesprochene Umstand, dass die Stiefschwester des beigeladenen Kindes den Namen der sorgeberechtigten Mutter trägt, nicht auf, dass eine Namensänderung geboten ist. Der für Vollgeschwister geltende Grundsatz der Namensgleichheit in § 1617 Abs. 1 Satz 3 BGB kommt in den Fällen des § 1618 Satz 4 BGB nicht zum Zuge, wie das dort normierte und im beschriebenen Sinne zu verstehende Merkmal der Erforderlichkeit belegt. Für die nach den vorstehenden Ausführungen gleich zu achtenden Scheidungshalbwaisenfälle kann nichts anderes gelten. Wie die bereits mehrfach dargestellten Bestimmungen des Bürgerlichen Rechts zeigen, ist eine Namensverschiedenheit zwischen Eltern und Kindern oder zwischen zusammen aufwachsenden Kindern nicht ungewöhnlich. Sie kann in einer dem jeweiligen Alter des Kindes angemessenen Weise erklärt werden. Eine außergewöhnliche oder auch nur überdurchschnittliche Belastung des beigeladenen Kindes durch die Namensverschiedenheit ist nicht dargetan. Nachfragen in der Schule oder beim Sport, wenn sie denn in einem Umfeld, in dem die Anrede mit dem Vornamen der Regelfall ist, überhaupt in nennenswertem Umfang vorkommen, lassen sich ohne Weiteres mit der dem Kind ohnehin bekannten elterlichen Situation erklären, der nichts Ehrenrühriges anhaftet.
4. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, der Beklagten die Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da die Beklagte an deren Seite gestanden hat und die Beigeladenen einen Antrag nicht gestellt haben.
Unterschriften
Bardenhewer, Hahn, Büge, Graulich, Vormeier
Fundstellen
Haufe-Index 742796 |
BVerwGE, 28 |
FamRZ 2002, 1104 |
NVwZ 2002, 447 |
EzFamR aktuell 2002, 133 |
FPR 2002, 565 |
StAZ 2002, 205 |
DVBl. 2002, 1548 |