Entscheidungsstichwort (Thema)

Gleichberechtigung von Männern und Frauen. Jubiläumszuwendung (Beamte). Lohngleichheit von Männern und Frauen. Teilzeitbeschäftigung, Berücksichtigung für Jubiläumszuwendung

 

Leitsatz (amtlich)

Es verstößt weder gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes noch gegen den europarechtlichen Grundsatz gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher Beschäftigung, wenn Tätigkeiten im öffentlichen Dienst von weniger als der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit nicht auf die Jubiläumsdienstzeit angerechnet werden.

 

Normenkette

GG Art. 3; EGV Art. 119 Abs. 1, Art. 177 Abs. 3; Richtlinie 75/117/EWG; JubV § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 08.02.1994; Aktenzeichen 4 S 2410/93)

VG Stuttgart (Entscheidung vom 05.08.1993; Aktenzeichen 17 K 429/93)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 8. Februar 1994 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Jubiläumszuwendung nach 25jähriger Dienstzeit in Höhe von 600 DM.

Die Klägerin trat am 20. Juni 1966 als Arbeitnehmerin (Raumpflegerin) in den Dienst der Beklagten. Ihre wöchentliche Arbeitszeit betrug bis zum 31. Oktober 1969 teils 9, teils 16 Stunden. 1969 war die Klägerin kurzzeitig ohne Bezüge beurlaubt. Ab November 1969 lag ihre wöchentliche Arbeitszeit mindestens bei der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit, ab April 1971 war sie vollbeschäftigt. Mit Wirkung vom 1. Juli 1974 wurde sie als Postschaffnerin in das Beamtenverhältnis berufen. Seit dem 1. Juli 1991 befindet sie sich als Posthauptschaffnerin a.D. im Ruhestand.

Nach der Berufung der Klägerin in das Beamtenverhältnis hatte die Oberpostdirektion mit einem Schreiben vom 15. August 1974 dem Beschäftigungspostamt der Klägerin mitgeteilt, diese werde am 1. November 1994 eine Dienstzeit von 25 Jahren zurückgelegt haben; der voraussichtliche Jubiläumstag möge im Personalbogen eingetragen und der Klägerin mitgeteilt werden. Wie das Berufungsgericht aus einem Aktenvermerk geschlossen hat, hatte der Leiter des Beschäftigungspostamtes der Klägerin damals eine entsprechende mündliche Mitteilung zukommen lassen.

Mit einem Schreiben vom 18. Dezember 1991 teilte die Oberpostdirektion dem Beschäftigungspostamt mit, die Berechnung der Jubiläumsdienstzeit sei geprüft und damals zutreffend festgelegt worden. Die Zeit, in der die Klägerin weniger als die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit beschäftigt gewesen sei, sei nicht zu berücksichtigen. Hiervon wurde die Klägerin durch ihr Beschäftigungspostamt unterrichtet. Ihren Antrag, ihr eine Jubiläumszuwendung von 600 DM zuzuerkennen, lehnte die Direktion Postdienst unter dem 22. Januar 1993 mit der Begründung ab, die Jubiläumsdienstzeit sei am 15. August 1974 bestandskräftig auf den 1. November 1994 festgesetzt worden. Diese Berechnung sei am 18. Dezember 1991 nur bestätigt worden.

Der Klage mit dem Antrag, die Bescheide der Beklagten vom 18. Dezember 1991 und 22. Januar 1993 aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung einer Jubiläumszuwendung in Höhe von 600 DM zuzüglich 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu verurteilen, hat das Verwaltungsgericht stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die entgegenstehende Regelung des § 3 der Jubiläums Verordnung – JubV – verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 119 EG-Vertrag.

Auf die Berufung der Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat er im wesentlichen ausgeführt:

§ 3 Abs. 1 Nr. 1 JubV verstoße nicht gegen Art. 3 GG und auch nicht gegen Art. 119 EG-Vertrag i.V.m. der Richtlinie 75/117/EWG über den Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen. Die Jubiläumszuwendung sei kein Entgelt im Sinne dieser Vorschriften. Sie werde nicht aufgrund des Dienstverhältnisses als finanzielle Gegenleistung erbracht, sondern es handele sich um eine Ehrengabe für treu geleistete Dienste. Dies werde auch im Text der Dankurkunde eigens herausgestellt mit den Worten „Dank und Anerkennung für die dem deutschen Volke geleisteten treuen Dienste” und dadurch unterstrichen, daß bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen die Gewährung der Jubiläumszuwendung hinausgeschoben werde. Die Jubiläumsgabe sei auch keine beamtenrechtliche Besoldung.

Selbst wenn man vom Grundsatz gleichen Entgelts ausginge, könne dieser nur dazu führen, daß Teilzeitbeschäftigungen entsprechend ihrem Verhältnis zur Vollzeittätigkeit anteilig berücksichtigt werden müßten. Bei anteiliger Berücksichtigung erreiche die Klägerin aber nicht die Jubiläumsdienstzeit von 25 Jahren.

Teilzeitbeschäftigte würden auch nicht sachfremd von Leistungsarten ausgeschlossen, die für Vollzeitbeschäftigte vorgesehen seien. Für die unterschiedliche Behandlung gebe es billigenswerte Gründe. Der Verordnungsgeber knüpfe bei der beamtenrechtlichen Würdigung eines Dienstjubiläums nicht allein an die Dienstzeit an, sondern nehme auch den Umfang der geleisteten Dienste in den Blick. Dabei berücksichtige er, daß für Beamte eine Teilzeitbeschäftigung nur bis zur Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit eröffnet sei. Es sei nicht als unbillig und willkürlich zu beanstanden, daß er in die Jubiläumsdienstzeit nur solche Tätigkeiten einbeziehe, die dem Umfang nach auch in einem Beamtenverhältnis hätten erbracht werden können. Andernfalls würde bei der Ehrung mit Dankurkunde ein zu großes Ungleichgewicht entstehen. Die Ehrung mit Dankurkunde lasse sich nicht in Bruchteilen vornehmen.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt, mit der sie beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 8. Februar 1994 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 5. August 1993 zurückzuweisen mit der Maßgabe, daß die Beklagte verpflichtet wird, ihr mit der Jubiläums Zuwendung auch eine Dankurkunde zukommen zu lassen.

Die Klägerin rügt die Verletzung materiellen Rechts.

Die Beklagte tritt der Revision entgegen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht entschieden, daß der Klägerin ein Anspruch auf Gewährung einer Jubiläums Zuwendung (mit Dankurkunde) und auf Zinsen aus dem Betrag der Zuwendung nicht zusteht.

1. Die zeitlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Jubiläums Zuwendung nach einer Dienstzeit von 25 Jahren (§ 80 b BBG, §§ 1, 2 Abs. 1, § 3 der Verordnung über die Gewährung von Jubiliäumszuwendungen an Beamte und Richter des Bundes – JubV – i.d.F. der Bekanntmachung vom 13. März 1990 ≪BGBl I S. 487≫) sind nicht erfüllt. Die nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 JubV zu berücksichtigende Dienstzeit der Klägerin beginnt erst am 1. November 1969 und beträgt somit bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand am 30. Juni 1991 nur 21 Jahre und 8 Monate. Die vorangegangenen Zeiten einer Tätigkeit als Arbeitnehmerin im öffentlichen Dienst mit weniger als der Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit – bei deren voller Anrechnung sich eine Dienstzeit von 25 Jahren und 8 Tagen ergäbe – sind nicht zu berücksichtigen.

Dies folgt allerdings nicht – wie die Beklagte meint – schon daraus, daß der Beginn der zu berücksichtigenden Dienstzeit als „Jubiläumsdienstalter” bereits bestandskräftig festgesetzt worden sei. Das von der Beklagten angeführte Schreiben der Oberpostdirektion an das Postamt vom 15. August 1974 und die mündliche Mitteilung darüber an die Klägerin sind nicht als Verwaltungsakt zu werten. Rechtsfehlerfrei hat das Verwaltungsgericht den Vorgang dahin gewürdigt – wovon ersichtlich auch das Berufungsgericht ausgegangen ist –, daß ihm aus der Sicht der Klägerin als Empfängerin nach Inhalt und Form kein Wille der Behörden zu einer verbindlichen Regelung durch Verwaltungsakt zu entnehmen war. Die Annahme eines solchen Willens liegt im Zweifel auch nicht nahe; denn anders als bei der Festsetzung des Besoldungsdienstalters, die regelmäßig alsbald für die laufend fällige Besoldung Bedeutung erlangt, würde die frühzeitige verbindliche Festsetzung des „Jubiläumsdienstalters” erst nach vielen Jahren Bedeutung erlangen, der Beamte aber gleichwohl genötigt, etwaige Einwendungen bereits alsbald geltend zu machen und notfalls im Rechtswege zu verfolgen.

Die Nichtberücksichtigung der vor dem 1. November 1969 liegenden Beschäftigungszeiten von 3 Jahren, 4 Monaten und 8 Tagen ergibt sich jedoch unmittelbar und eindeutig aus § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 JubV, wonach – soweit hier in Betracht kommend – nur Zeiten einer hauptberuflichen, mindestens die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit umfassenden Tätigkeit im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn berücksichtigt werden. Die genannten Beschäftigungszeiten mit wöchentlich 9, 16 und nochmals 9 Stunden lagen unterhalb der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit.

2. Diese Regelung verstößt weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen dessen besondere Ausprägungen in Art. 3 Abs. 2 und 3 GG.

Art. 3 Abs. 1 GG verbietet es, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen anders zu behandeln, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (BVerfGE 74, 129 ≪149≫; 82, 60 ≪86≫; 84, 133 ≪157≫); es darf nicht wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleich behandelt werden (BVerfGE 9, 338 ≪349≫; 71, 255 ≪271≫; 78, 104 ≪121≫). Dabei ist es grundsätzlich Sache des Regelungsgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinne als gleich ansehen will (vgl. BVerfGE 9, 338 ≪349≫). Diese Gestaltungsfreiheit des Regelungsgebers geht im Bereich der darreichenden Verwaltung weiter als bei der gesetzlichen Regelung staatlicher Eingriffe (BVerfGE 78, 104 ≪121≫).

Hieran gemessen ist es nicht willkürlich, bei der Berechnung der Jubiläumsdienstzeit von Beamten frühere unterhälftige Beschäftigungszeiten im öffentlichen Dienst unberücksichtigt zu lassen und damit anders zu behandeln als Beschäftigungszeiten mit der vollen oder doch mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit. Denn damit knüpft die beamtenrechtliche Regelung an Zeiten an, die nach dem Umfang der Dienstleistung auch in einem Beamtenverhältnis hätten zurückgelegt werden können. Dies trifft nur auf Beschäftigungsverhältnisse mit mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit zu, da Beamten, soweit hier in Betracht kommend, die Arbeitszeit nur bis zur Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ermäßigt werden kann (§§ 72 a, 72 b, 79 a BBG).

Auch abgesehen davon war es unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes nicht geboten, die Ehrung und finanzielle Zuwendung für langjährige treue Dienstleistung unabhängig vom Umfang der jeweiligen Dienstleistung vorzusehen. Vielmehr waren Unterscheidungen nach dem Umfang der erbrachten Dienstleistung dem Regelungsgeber nicht als sachwidrig verwehrt. Er hat eine solche Unterscheidung in der Weise vorgenommen, daß er pauschalierend einerseits – in begünstigender Weise – Teilzeitbeschäftigungen mit mindestens der Hälfte der vollen Arbeitszeit der Vollzeitbeschäftigung gleichgestellt, dagegen Teilzeitbeschäftigungen unterhalb der Hälfte der vollen Arbeitszeit gänzlich unberücksichtigt gelassen hat. Gegen diese verhältnismäßig grobe Pauschalierung bestehen hier angesichts des eng begrenzten persönlichen und – gemessen an der zu berücksichtigenden Dienstzeit von 25 Jahren – finanziellen Gewichts der Regelung keine Bedenken. Auf eine etwaige günstigere tarifvertragliche Regelung kommt es nicht an. Angesichts der insgesamt unterschiedlichen Rechtssysteme kann nicht geltend gemacht werden, daß unterschiedliche Einzelregelungen für Beamte einerseits und Arbeitnehmer andererseits dem Gleichheitssatz zuwiderliefen (stRspr, vgl. etwa zum Versorgungsrecht Beschluß des Senats vom 18. Februar 1992 – BVerwG 2 B 147.91 – ≪Buchholz 239.1 § 86 Nr. 2 = ZBR 1992, 155≫ m.w.N.).

Aus den besonderen Konkretisierungen des Gleichheitssatzes in Art. 3 Absätze 2 und 3 GG ergibt sich für den vorliegenden Fall nichts anderes. Auch wenn man von der naheliegenden Annahme ausgeht, daß die Fragen einer Berücksichtigung und Bewertung von Teilzeitbeschäftigungen – hier als Jubiläumsdienstzeit – überwiegend Frauen betreffen, ist die hier gewählte pauschalierende Berücksichtigung des unterschiedlichen Umfangs der Dienstleistung nicht zu beanstanden.

3. Die Nichtberücksichtigung von Zeiten einer unterhälftigen Teilzeitbeschäftigung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 JubV verstößt auch nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht.

Art. 119 Abs. 1 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft – EGV – verpflichtet die Mitgliedstaaten, den Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher Arbeit anzuwenden und zu gewährleisten. Dieser Grundsatz wird in der Richtlinie 75/117/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen vom 10. Februar 1975 (ABl Nr. L 45/19) noch weiter konkretisiert. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entfaltet der Grundsatz der Lohngleichheit unmittelbare Wirkung in den Mitgliedstaaten und verleiht dem einzelnen Rechte, welche die innerstaatlichen Gerichte zu wahren haben (vgl. EuGH, Urteile vom 8. April 1976 – Rs 43/75 – ≪Slg. 1976, 455, 472 = DVBl 1976, 487≫; vom 9. März 1978 – Rs 106/77 – ≪Slg. 1978, 629, 641≫; vom 11. März 1981 – Rs 69/80 – ≪Slg. 1981, 767, 795≫; vom 9. Februar 1982 – Rs 12/81 – ≪Slg. 1982, 359, 372≫; vom 17. Mai 1990 – Rs C-262/88 – ≪Slg. 1990, 1889≫). Art. 119 Abs. 1 EGV würde auf der Grundlage des Art. 24 Abs. 1 GG entgegenstehendes innerstaatliches Recht überlagern und verdrängen (vgl. BVerfGE 31, 145 ≪173 ff.≫; 37, 271 ≪277 f.≫; 75, 223 ≪244 f.≫; BVerwGE 87, 154 ≪158 ff. ≫). Auch wenn man die Jubiläumszuwendung – anders als das Berufungsgericht – als „Entgelt” im Sinne des Art. 119 EGV ansieht, fehlt es an einer Verletzung dieser Vorschrift.

Das Lohngleichheitsgebot des Art. 119 EGV verbietet allerdings nicht nur unmittelbare Diskriminierungen, d.h. solche, die sich unmittelbar aus Regelungen ergeben, die ausdrücklich nach dem Geschlecht differenzieren, sondern es erstreckt sich auch auf mittelbare Diskriminierungen, also Regelungen, die zwar geschlechtsneutral formuliert und deshalb auf Frauen und Männer gleichermaßen anzuwenden sind, tatsächlich jedoch aus Gründen, die auf dem Geschlecht und der Geschlechtsrolle beruhen, (prozentual) erheblich mehr Frauen als Männer nachteilig betreffen (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Mai 1986 – Rs 170/84 – ≪Slg. 1986, 1607 = NJW 1986, 3020≫; Urteil vom 13. Juli 1989 – Rs 171/88 – ≪Slg. 1989, 2743 = NJW 1989, 3087≫; Urteil vom 27. Juni 1990 – Rs C-33/89 – ≪Slg. 1990, 2607 = NZA 1990, 771≫; Urteil vom 7. Februar 1991 – Rs C-184/89 – ≪NVwZ 1991, 461≫; Urteil vom 4. Juni 1992 – Rs C-360/90 – ≪Slg. 1992, 3589 = NZA 1992, 687≫). Eine mittelbare Diskriminierung liegt aber dann nicht vor, wenn die betreffende Regelung durch objektive Gründe gerechtfertigt ist, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben; die Feststellung, ob und inwieweit solche Gründe für die betreffende Regelung vorliegen, ist Sache des nationalen Gerichts (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Juni 1992 – Rs C-360/90 – ≪a.a.O.≫). Hier sieht der Senat solche rechtfertigenden Gründe sowohl in der dargelegten Anknüpfung der beamtenrechtlichen Jubiläumsregelung an einen Beschäftigungsumfang, wie er im Beamtenverhältnis geleistet werden kann, als auch in der – gleichfalls dargelegten – pauschalierenden Berücksichtigung des unterschiedlichen Beschäftigungsumfanges.

4. Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zur Frage, ob die vom Verordnungsgeber vorgenommene unterschiedliche Behandlung früherer Beschäftigungszeiten eines Beamten mit voller oder mindestens hälftiger Arbeitszeit einerseits und mit unterhälftiger Arbeitszeit andererseits gegen Art. 119 EGV verstößt, ist nicht geboten.

Nach Art. 177 Abs. 3 EGV sind die letztinstanzlichen nationalen Gerichte verpflichtet, den Europäischen Gerichtshof anzurufen, wenn sich in einem schwebenden Verfahren die Frage der Auslegung des EG-Vertrages stellt und das Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlaß seines Urteils für erforderlich hält. Eine Pflicht zur Vorlage entfällt aber, wenn Klarheit über die Rechtsfrage bzw. kein vernünftiger Zweifel an der Auslegung von Gemeinschaftsrecht besteht; ob ein solcher Fall gegeben ist, ist unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Gemeinschaftsrechts, der besonderen Schwierigkeiten seiner Auslegung und der Gefahr voneinander abweichender Gerichtsentscheidungen innerhalb der Gemeinschaft zu beurteilen (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 – Rs 283/81 – ≪Slg. 1982, 3415, 3431 f.≫).

Die im vorliegenden Falle zunächst bedeutsame Frage, welche Gründe für die im nationalen Recht getroffene Regelung bestehen, ist, wie dargelegt, vom nationalen Gericht zu beantworten; insoweit kommt eine Vorlage nicht in Betracht. Die gemeinschaftsrechtliche Frage, was objektive, eine unterschiedliche Behandlung im Sinne des Gemeinschaftsrechts rechtfertigende Gründe sein können, war bereits mehrfach Gegenstand der – oben angeführten – Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. In Anwendung dieser Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall sieht der Senat keine vernünftigen Zweifel daran, daß die dargelegte pauschalierende Anknüpfung an den unterschiedlichen Arbeitsumfang ein rechtfertigender Grund für die getroffene Regelung sein kann. Das abweichende Ergebnis des Verwaltungsgerichts beruht lediglich auf einer abweichenden Würdigung des nationalen Rechts, da das Verwaltungsgericht die vorstehend für die unterschiedliche Berücksichtigung der Beschäftigungszeiten dargelegten Gründe der Anknüpfung an den im Beamtenverhältnis möglichen Beschäftigungsumfang sowie der pauschalierten Berücksichtigung des unterschiedlichen Beschäftigungsumfanges nicht gesehen und statt dessen angenommen hat, maßgebend für die Gewährung der Jubiläumszuwendung sei ausschließlich die Zeitdauer der „Treue” des Beschäftigten zum öffentlichen Dienst.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

 

Unterschriften

Dr. Franke, Dr. Lemhöfer, Dr. Müller, Dr. Bayer, Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Schmutzler ist wegen Krankheit verhindert, seine Unterschrift beizufügen. Dr. Franke

 

Fundstellen

NVwZ-RR 1996, 277

DVBl. 1996, 513

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