Rz. 1
Ein Inventar ist ein "Verzeichnis des Nachlasses", das beim Nachlassgericht eingereicht (errichtet) wird (§ 1993 BGB). Dabei sollen nach § 2001 BGB in dem Inventar die bei dem Eintritt des Erbfalls vorhandenen Nachlassgegenstände und die Nachlassverbindlichkeiten vollständig angegeben werden. Darüber hinaus soll das Inventar eine Beschreibung der Nachlassgegenstände und – soweit eine solche zur Bestimmung des Wertes erforderlich ist – die Angabe des Wertes der Nachlassgegenstände enthalten. Errichtet ist das Inventar dann, wenn es beim Nachlassgericht eingereicht wurde (§ 1993 BGB). Die Aufnahme (Anfertigung bzw. Abfassung) eines Inventars bedeutet deshalb noch nicht seine Errichtung. Folglich hat die Aufnahme des Inventars seiner "Errichtung" vorauszugehen. Sie erfolgt durch den Erben unter Hinzuziehung einer zuständigen Behörde oder eines zuständigen Beamten oder Notars (§ 2002 BGB). Das Unterlassen dieser Art der Aufnahme hat zur Folge, dass in der späteren Einreichung des Inventars keine wirksame Errichtung zu sehen ist. Der Erbe muss aber nicht selbst unter Hinzuziehung des genannten Personenkreises das Inventar aufnehmen. Er kann auch bei dem zuständigen Nachlassgericht den Antrag stellen, dass dieses einen Notar bestimmt, der das Inventar aufnimmt (§ 2003 Abs. 1 S. 1 BGB). Wichtig ist, dass allein durch die Stellung dieses Antrags eine dem Erben gesetzte Inventarfrist gewahrt wird (§ 2003 Abs. 1 S. 3 BGB). Auch das von einem Notar im Auftrag des Nachlassgerichts aufgenommene Inventar ist erst mit seiner Einreichung bei dem Nachlassgericht errichtet. Das ist vor allem wichtig in Bezug auf den Zeitpunkt des Eintritts der Vollständigkeitsvermutung des § 2009 BGB, die nach § 2003 Abs. 3 BGB von der aufzunehmenden Stelle zu besorgen ist.
Rz. 2
Die Einreichung des Inventars ist dann entbehrlich, wenn sich beim Nachlassgericht bereits ein den Bestimmungen des §§ 2002, 2003 BGB entsprechendes Inventar befindet. Der Erbe kann auf dieses Inventar Bezug nehmen (§ 2004 BGB) und die Einreichung durch die Erklärung ersetzen, dass das Inventar als von ihm eingereicht gelten soll.
Rz. 3
Miterben sind selbstständig und unabhängig voneinander zur Aufnahme und Errichtung des Inventars befugt. Es gibt allerdings keine Pflicht dahingehend, dass der eine Miterbe bei der Errichtung des Inventars eines anderen Miterben mitwirken muss. Die Errichtung des Inventars durch einen der Miterben kommt auch den anderen Miterben zugute, es sei denn, deren Haftung sei bereits unbeschränkt (§ 2063 BGB). Auch Bevollmächtigte des Erben können ein Inventar aufnehmen und errichten. Das Nachlassgericht kann das Inventar in den Fällen der Bevollmächtigung nicht deshalb zurückweisen, weil keine Vollmachtsurkunde (mit) vorgelegt wird. Die gleichzeitige Einreichung einer Vollmachtsurkunde ist allerdings zu empfehlen, da der Erbe im Streitfall ohnehin die Erteilung der Vollmacht nachweisen muss. Sollte es zum Streit über eine wirksam erteilte Vollmacht kommen, ist darüber in dem Prozess zu entscheiden, in dem die Wirksamkeit und/oder Unwirksamkeit des Inventars geltend gemacht wird. Die Inventarerrichtung durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht ist als unzulässig zu erachten; auch dann, wenn das Nachlassgericht den Mangel der Vertretungsmacht nicht beanstandet hat.
Rz. 4
Jeder Ehegatte oder auch Lebenspartner kann ohne Mitwirkung des anderen ein Inventar über eine ihm selbst angefallene Erbschaft errichten. Das versteht sich für den Güterstand der Gütertrennung von selbst und folgt für denjenigen der Zugewinngemeinschaft aus § 1364 BGB (§ 6 S. 2 LPartG). Auch ein in Gütergemeinschaft lebender Ehegatte besitzt das Recht zur Errichtung des Inventars, und zwar unabhängig davon, ob die Erbschaft zum Vorbehalts-, Sonder- oder zum Gesamtgut gehört. Gehört die Erbschaft zum Gesamtgut, kann der das Gesamtgut allein verwaltende Ehegatte das Inventar errichten, wenn die Erbschaft ihm angefallen ist und auch, wenn der andere Ehegatte Erbe ist. Auch derjenige Ehegatte, der das Gesamtgut nicht verwaltet, kann über eine ihm selbst angefallene Erbschaft ohne Zustimmung des anderen (verwaltenden) Ehegatten ein Inventar errichten (§ 1432 Abs. 2 BGB). Sind die Ehegatten gemeinschaftlich zur Verwaltung des Gesamtguts befugt (§§ 1450 ff. BGB), ist jeder Ehegatte berechtigt, ein Inventar über eine ihm und/oder dem anderen Ehegatten angefallene Erbschaft zu errichten, es sei denn, dass die dem anderen Ehegatten (allein) angefallene Erbschaft zu dessen Sonder- oder Vorbehaltsgut gehört (§§ 1455 Nr. 3, 2008 Abs. 1 S. 3 BGB).
Rz. 5
Der Nachlasspfleger kann als gesetzlicher Vertreter des Erben für diesen ein Inventar errichten. Seine Inventaruntreue wirkt nach h.M. aber nicht gegen den Erben. Die Vollständigkeitsvermutung wirkt nicht für ein solches vom Nachlasspfleger "untreu" errichtetes Inventar. Testamentsvollstrecker und Nachlassverwalter können kraft ihres Amts ein Inventar errichten. Dies gilt aber nur dann als v...