Rz. 30
Eine Ermittlungspflicht ist für das Nachlassgericht von Amts wegen gegeben. Es hat dabei insbesondere bzgl. seiner Zuständigkeit die Frage nach dem letzten Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Erblassers zu klären. Das Gericht hat dabei sämtliche zugänglichen Beweismittel zu ergreifen und entsprechende Nachweise zu fordern, denn erst wenn es die zur Begründung des Antrags erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet, darf es den Erbschein nach § 352e FamFG erteilen. Die Entscheidung über die Erteilung oder Ablehnung des beantragten Erbscheins trifft das Nachlassgericht nach seinem freien Ermessen. Die Entscheidung auch über die materiell-rechtliche Auslegung, wie Eheverträge, Adoptionsurkunden, Erbverzichtsverträgen und dergleichen, die dem Erbscheinsantrag beigefügt sind, wird vom Nachlassgericht autonom vorgenommen. Es hat zu entscheiden, ob es die ursprünglich bestehenden Zweifel hinsichtlich einzelner Tatsachen für ausreichend widerlegt hält, ohne dass es dabei an Beweisregeln, übereinstimmende Testamentsauslegung der Beteiligten oder Vergleiche der Beteiligten gebunden wäre. Im Übrigen ist es den Beteiligten auch nicht möglich, durch einen Vergleich oder eine vertragliche Einigung oder ein Anerkenntnis eine bindende Wirkung für das Nachlassgericht herbeizuführen. Eine Mindermeinung in der Lit. spricht sich dafür aus, die in einem Auslegungsvertrag zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen als rechtsverbindlich für das Gericht bei der Entscheidung über die Erteilung eines Erbscheins anzunehmen. Dieser Ansicht kann jedoch nicht gefolgt werden, da die Entscheidung über die vom Erblasser getroffenen Anordnungen allein dem Richter vorbehalten ist.
Rz. 31
Der Nachweis über das Vorliegen einer Verfügung von Todes wegen ist durch die Vorlage der Originalurkunde, also der Urschrift, beim Nachlassgericht zu führen. Als ausreichend wird jedoch auch eine beglaubigte Ablichtung erachtet, sofern die Urschrift sich bereits bei einem anderen Nachlassgericht befindet oder in amtlicher Verwahrung vorhanden ist. Immer wieder werden Erbscheinsanträge auch auf sog. verloren gegangene Testamente gestützt. Dies ist durchaus zulässig. Allein für den Antragsteller bestehen naturgemäß erhebliche Schwierigkeiten, den Nachweis über das ursprüngliche Vorhandensein der Urkunde zu führen. Rspr. und Lit. lassen jedoch zu Recht eine entsprechende Beweisführung durch sämtliche zulässigen Beweismittel (Ablichtungen, Durchschriften, Zeugen) zu. Der Antragsteller muss dabei jedoch nicht nur die Existenz des Testaments nachweisen, sondern insbesondere auch seinen Inhalt. Denn es lässt sich allein aus der Unauffindbarkeit der Testamentsurkunde keinesfalls schließen, dass der Erblasser diese durch Vernichtung widerrufen hat. Zu vielfältig sind die Möglichkeiten, weshalb eine Verfügung von Todes wegen eben gerade nicht mehr vorhanden ist, der Erblasser sie aber nicht widerrufen hat. Die Feststellungslast trägt derjenige, der sich auf das nicht vorlegbare Testament beruft. Er muss den erkennbaren Willen des Erblassers nachweisen können, aus dem er sein Erbrecht herleiten möchte.
Rz. 32
Hat das Nachlassgericht echte Zweifel an der Richtigkeit von Urkunden, so hat es die Unrichtigkeit selbst aufzuklären. Sofern also die Unrichtigkeit von Urkunden für das Erbscheinsverfahren eine Relevanz hat, hat das Nachlassgericht die entsprechenden Aufklärungen vorzunehmen. Ergeben sich für das Nachlassgericht Zweifel an der Richtigkeit der vom Antragsteller vorgelegten Urkunden, ist das Nachlassgericht frei in seinem Ermessen gem. § 30 Abs. 1 FamFG, die geeignet erscheinenden Beweismittel anzufordern bzw. in Anspruch zu nehmen. Dazu zählen insbesondere der Zeugen-, der Sachverständigen- und der Urkundenbeweis. Eine Bindung des Nachlassgerichts an die angebotenen Beweismittel oder den Beweisantrag ist nicht gegeben, da das Verfahren vom Amtsermittlungsgrundsatz bestimmt wird. Lässt sich bei einem durch den Antragsteller vorgelegten Testament durch das Nachlassgericht nicht eindeutig klären, ob es gefälscht oder echt ist, hat das Nachlassgericht zum Nachteil des Antragstellers den Antrag auf Erteilung eines Erbscheins abzulehnen.
Rz. 33
Die Ermittlungspflicht des Landwirtschaftsgerichts in Fällen, bei denen die Höfeordnung zur Anwendung gelangt, erstreckt sich dabei insbesondere auf die Nachprüfung, ob der hinterlassene Grundbesitz Hofeigenschaft hat und ob der Antragsteller tatsächlich Hoferbe geworden ist.
Rz. 34
Das Nachlassgericht hat für den Fall, dass Zweifel bzgl. der Testierfähigkeit bestehen, die Hilfe der medizinischen Wissenschaft in Anspruch zu nehmen, um sich Klarheit über die Testierfähigkeit zu verschaffen. Insbesondere ist es zulässig, den bisherigen Hausarzt des Testators zur Testierfähigkeit zu befragen, aber auch die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens ist zur Klärung der Frage der Testierfähigkeit ein zulässiges Mittel, dessen sich das Nachlassgericht im Rahmen...