Rz. 44

Der Erblasser kann einen Erben nach § 2147 S. 2 BGB oder einen Vermächtnisnehmer nach § 2186 BGB mit einem Vermächtnis beschweren. Mit einem Vermächtnis kann der Erblasser einer Person etwas aus seinem Nachlass zukommen lassen, ohne dass dieser Erbe werden muss. Darüber hinaus kann der Erblasser auch bei einer Mehrheit von Erben einem Erben einen oder mehrere Gegenstände als Vorausvermächtnis zu ordnen. Ein Vermächtnis mindert die bereicherungsrechtliche Vermögensmehrung des Erben oder Vermächtnisnehmers, der das Vermächtnis erfüllen muss nach § 2174 BGB. Diese Minderung der Bereicherung ist als Verbindlichkeit bei der Ermittlung der Besteuerung abzuziehen.[83] Der Vermächtnisnehmer muss den Erblasser aber überleben, ansonsten entfällt das Vermächtnis ersatzlos nach § 2160 BGB, außer der Erblasser hat einen Ersatzvermächtnisnehmer nach § 2190 BGB bestimmt oder es findet Anwachsung gem. § 2157 BGB statt, wenn mehrere Personen einen Gegenstand gemeinschaftlich als Vermächtnis erhalten haben, § 2156 BGB.

 

Rz. 45

Durch ein Vermächtnis kann der Erblasser eine Vermögensaufteilung vornehmen, ohne eine Erbengemeinschaft gebären zu müssen, die streitanfällig mühsam eine Aufteilung des Nachlasses vornehmen muss, einhergehend mit meist komplizierten und streitanfälligen Bewertungsfragen. So kann beispielsweise auch durch eine Vermächtnisanordnung eine Vermögensnachfolge gestaltet werden, wonach eine Person das Unternehmen, gleich in welcher Rechtsform, einen Anteil daran erhält, ohne am sonstigen Vermögen als Erbe partizipieren zu müssen. Bei der Fassung eines Immobilienvermächtnisses, also in dem Fall, dass ein Vermächtnisnehmer eine Immobilie als Alleineigentum vom Erben erhalten soll, ist dabei § 13 Abs. 1 Nr. 4c S. 2 ErbStG zu beachten. Das Vermächtnis ist aber, vor dem Hintergrund der auftretenden Bewertungsfragen, einer Teilungsanordnung vorzuziehen, unterstellt, dass eine Erbengemeinschaft gebildet wurde, für den vorgenannten Fall des Vermächtnisses einer Immobilie, da nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c S. 4 ErbStG erhebliche Schwierigkeiten auftreten können, wenn Vermögen ausgetauscht wird. Die Abgrenzung, welche Art von Vermächtnis der Erblasser ausgesprochen hat, ist für die Frage der Bewertung des Vermächtnisgegenstandes von erheblicher Bedeutung. Als Stückvermächtnis bezeichnet man die Zuwendung eines einzelnen Gegenstandes aus dem Nachlass an den Vermächtnisnehmer. Es kann also dadurch auch die Zuordnung eines Unternehmens als Ganzes oder als ein Anteil daran erfolgen. Für die Bewertung ist dabei für einen Gesellschaftsanteil an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft § 10 Abs. 10 ErbStG zu beachten. Wenn nämlich der Vermächtnisnehmer aufgrund einer gesellschaftsvertraglichen Regelung den Gesellschaftsanteil an die Mitgesellschafter überträgt, ist nur der gesellschaftsvertraglich geregelte Abfindungswert anzusetzen, sofern dieser niedriger ist als der Wert des Gesellschaftsanteils, der nach § 12 ErbStG anzusetzen ist.

 

Rz. 46

Erteilt der Erblasser dem Vermächtnisnehmer ein so genanntes Verschaffungsvermächtnis nach § 2170 BGB, so handelt es sich dabei um einen Gegenstand, der nicht zum Nachlass gehört, also vom Verpflichteten beschafft werden muss. Für die Frage der Bewertung eines solchen Gegenstandes kann immer nur die Bewertung mit dem gemeinen Wert in Betracht kommen, da der von außen beschaffte Gegenstand mit Mitteln des Nachlasses zwar beschafft wird, aber zu einem regulären Preis, wie ihn ein fremder Dritter sonst auch bezahlen würde, für den Vermächtnisnehmer erworben wird.[84] Ebenso ist das Verschaffungsvermächtnis mit dem gemeinen Wert anzusetzen, beim Abzug als Nachlassverbindlichkeit des Verpflichteten. Das Verschaffungsvermächtnis ist von § 2169 BGB abzugrenzen, also dem Vermächtnis eines bestimmten Gegenstandes, der gar nicht zum Nachlassvermögen gehört. Ein Verschaffungsvermächtnis ist nach § 2170 BGB anzunehmen, wenn der Erblasser den Gegenstand auch für den Fall, dass der Gegenstand nicht mehr zum Nachlass gehört, dem Vermächtnisnehmer zuordnen wollte.[85]

 

Rz. 47

Durch ein Wahlvermächtnis nach § 2154 BGB erteilt der Erblasser dem Vermächtnisnehmer den Anspruch, unter mehreren Gegenständen einen bestimmten herauszufordern. Durch die Konkretisierung, die der Vermächtnisnehmer vornimmt, wird das Wahlvermächtnis steuerrechtlich dem Stückvermächtnis gleichgestellt. Es wird der Steuerwert des vom Vermächtnisnehmer ausgewählten Vermächtnisgegenstandes zugrunde gelegt.[86]

 

Rz. 48

Ein Gattungsvermächtnis ist nach § 2155 BGB anzunehmen, wenn der Erblasser den Gegenstand der Zuwendung nur der Gattung nach bestimmt hat. Zu beachten ist dabei, dass nach § 2155 Abs. 1 BGB nur eine Sache zu leisten ist, die den Verhältnissen des Bedachten entspricht. § 243 Abs. 1 BGB findet also keine Anwendung, wonach bei einer Gattung einer Sache von mittlerer Art und Güte zu leisten ist. Erst durch die Leistung wird der Vermächtnisgegenstand konkretisiert. Mit der wohl h.M ist häufigster Gegenstand eines Gattungsvermächtnisse...

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