Rz. 13
§ 15 Abs. 2 S. 1 ErbStG regelt die Steuerklasse bei Erwerb durch eine inländische Familienstiftung. Der Erwerb infolge der Errichtung einer inländischen Familienstiftung (zumindest mit Geschäftsleitung im Inland) ist steuerbar. Das Vermögen unterliegt zusätzlich einer Erbersatzsteuer im 30-Jahresturnus. Zu den Kriterien, nach denen eine inländische Familienstiftung vorliegt, siehe Erläuterungen zu § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG. Abweichend davon, dass juristische Personen als Erwerber grundsätzlich der Steuerklasse III zugeordnet werden, gilt bei inländischen Familienstiftungen gem. § 15 Abs. 2 S. 1 ErbStG eine Ausnahme. Zur Berechnung der Steuer ist das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde/Satzung entferntest Berechtigten zu dem Erblasser/Schenker für die Zuordnung zur Steuerklasse maßgebend (Steuerklassenvergünstigung), auch wenn dieser im Zeitpunkt der Errichtung der Familienstiftung noch nicht unmittelbar bezugsberechtigt ist, sondern es erst in der Generationenfolge wird. Wer zu den Berechtigten im hier verstandenen Sinne gehört, ergibt sich gewöhnlich aus dem Inhalt des Stiftungsgeschäfts (der Stiftungsurkunde) und der Stiftungssatzung. Entfernter Berechtigter ist derjenige, der – ohne einen klagbaren Anspruch haben zu müssen – nach der Satzung Vermögensvorteile aus der Stiftung erlangen kann. Ausschlaggebend ist nach dem Gesetzeswortlaut die "Verwandtschaft", und zwar das Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser/Schenker als Stifter. Mit jeder weiteren begünstigten Generation wirkt die Begünstigung auf ein entfernteres Verwandtschaftsverhältnis zum Stifter. Wäre z.B. der entfernt Berechtigte ein Stiefkind des Stifters, käme es zur Anwendung der Steuerklasse III, da kein Verwandtschaftsverhältnis vorliegt. Nach Auffassung der Finanzverwaltung und der Rechtsprechung kommt es nicht auf die aktuell Berechtigten, sondern auf die möglichen Berechtigten auch künftiger Generationen an. Der Stifter kann also durch Bestimmung des Berechtigten Einfluss auf die Zuordnung zu einer Steuerklasse nehmen. Im Hinblick auf die Steuerklasse ist es deshalb zweckmäßig, wenn in der Stiftungssatzung nur die Kinder und nach ihrem Tod ihre Abkömmlinge als Bezugsberechtigte angegeben werden. Jede weitere Angabe in der Stiftungssatzung würde dagegen schon bedenklich sein. So führt z.B. der Hinweis, dass die Stiftung der "Sicherstellung der ökonomischen Lage der nächsten Angehörigen" diene, bereits zur Anwendung der Steuerklasse III. Werden in der Stiftungssatzung zunächst nur die Kinder des Stifters als Bezugsberechtigte benannt, muss später u.U. der Stiftungsvorstand von sich aus die Enkel des Stifters oder auch andere Personen, die zu einer ungünstigeren Steuerklasse gehören, als Bezugsberechtigte benennen. Allerdings: Die Erweiterung des Kreises der Berechtigten durch spätere Satzungsänderung wird durch die Finanzverwaltung als Errichtung einer neuen Stiftung angesehen.
Die nach Abs. 1 geltende Steuerklasse ist auch für den anzuwendenden Freibetrag nach § 16 ErbStG maßgebend. Sind (neben dem Stifter) nur die Kinder sowie Kinder vorverstorbener Kinder bezugsberechtigt, ist der Erwerb nach der Steuerklasse I Nr. 2 i.V.m. § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG zu versteuern. Sollen Enkel des Stifters bereits zu Lebzeiten ihrer Eltern oder entferntere Abkömmlinge des Stifters – unabhängig davon, ob ihre Eltern jeweils noch leben oder nicht – bezugsberechtigt sein, ist dagegen die Besteuerung der Errichtung der Familienstiftung nach der Steuerklasse I Nr. 3 i.V.m. § 16 Abs. 1 Nr. 3 oder 4 ErbStG durchzuführen. Ist der entferntest Berechtigte ein Enkel oder Urenkel, gilt ein Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG i.H.v. (derzeit) 100.000 EUR, auch wenn die zunächst Berechtigten die Kinder des Stifters sind. Erfolgt die Errichtung der Familienstiftung nur allgemein zugunsten der Familie des Stifters und ihrer Angehörigen, ist für ihre Besteuerung die Steuerklasse III i.V.m. § 16 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG maßgebend.
Bei dem Erwerb ausländischer Familienstiftungen sowie Vermögensmassen ausländischen Rechts ist Steuerklasse III anzuwenden. Die Fiktion des "Verwandtschaftsverhältnisses" bzgl. der Steuerklasse ändert nichts an der Behandlung des Trusts als Zuwendender i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 ErbStG.
Rz. 14
Die Steuerklassenvergünstigung gilt nicht für Erwerbe von inländischen Familienvereinen, da das Gesetz ausdrücklich von "Stiftung" spricht. Ist also Erwerber von Vermögen ein Familienverein, ist der Erwerb der Steuerklasse III zuzuordnen. Zu den Kriterien, nach denen ein Familienverein vorliegt, siehe Erläuterungen zu § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG (siehe § 1 ErbStG Rdn 5 ff.). Entsprechendes gilt für die Steuerklassenzuordnung bei Übergang von Vermögen auf Trust nach ausländischem Recht, d.h. ebenfalls kein Steuerklassenprivileg.