Rz. 13
Der Wortlaut der Regelung ist so zu verstehen, dass in Fällen, in denen Miterben einer ungeteilten Erbengemeinschaft Gegenstände aus dem gesamthänderisch gehaltenen Vermögen verschenken, das Finanzamt des Erblassers weiter zuständig ist. Die Regelung wurde durch das ErbStRG v. 24.12.2008 auf die Fälle erweitert, in denen sich die Miterben untereinander Vermögen zuwenden (§ 35 Abs. 3 S. 2 ErbStG). Für Erwerbe bis zum 31.12.2008 wurde diese Erweiterung untergesetzlich durch den koordinierten Ländererlass vom 27.11.1998 geregelt. Grund für diese Regelung ist, dass das Finanzamt, das für die Besteuerung des Erbfalles zuständig ist, den Wert der zugewendeten Vermögensgegenstände und die Verhältnisse der Miterben untereinander ohnehin bereits ermittelt hat. Diese Vorschrift hat wesentliche Bedeutung für die Abwicklung von Erbfällen, bei denen einer oder mehrere Miterben im Rahmen der Erbauseinandersetzung zu Lasten der anderen Miterben mehr erhalten, als ihrer jeweiligen Erbquote entspricht.
Beispiel
A wohnt zum Zeitpunkt seines Todes in Berlin. Er hinterlässt einen Sohn (Wohnort Hamburg) und eine Tochter (Wohnort München). In Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft erhält der Sohn das Elternhaus (Wert: 1 Mio. EUR) und die Tochter das liquide Vermögen (Wert: 600.000 EUR).
Örtlich für die Besteuerung nach dem ErbStG zuständig ist das Finanzamt Schöneberg in Berlin (vgl. Beispiel bei Rdn 6). Um den den Erbteil wertmäßig überschießenden Betrag von 200.000 EUR ist der Sohn aufgrund der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft bereichert. Für die Besteuerung dieses weiteren Schenkungsfalles ist ebenfalls das Finanzamt Schöneberg in Berlin zuständig.
Umstritten ist, ob sich die örtliche Zuständigkeit ebenfalls nach § 35 Abs. 3 ErbStG richtet, wenn ein Miterben seinen Erbanteil an einen anderen Miterben überträgt. Überträgt ein Miterbe seinen Erbanteil nach § 2033 Abs. 1 BGB unentgeltlich an einen nicht beteiligten Dritten, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem in § 35 Abs. 1 ErbStG geregelten Grundfall, also nach den Verhältnissen des übertragenden Miterben. Über den Wortlaut des § 35 Abs. 3 S. 2 ErbStG hinaus kommt die Anwendung des § 35 Abs. 3 S. 1 ErbStG auch in Fällen in Betracht, in denen die Erbengemeinschaft aus mehr als zwei Miterben besteht. Der Gesetzgeber hat hiermit klargestellt, dass auch bei einer zweigliedrigen Erbengemeinschaft die Schenkung durch die Erbengemeinschaft an einen der beiden Miterben möglich ist, und dies nicht als Verfügung nur eines Miterben an den anderen anzusehen ist. In sehr weiter Auslegung des § 35 Abs. 3 ErbStG soll dieser nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht auch dann Anwendung finden, wenn ein Miterbe seinen Verzicht auf die Miterbenstellung zugunsten der Übereignung eines Nachlassgegenstandes erklärt und in der Folge sein Miterbenanteil den verbliebenen Miterben anwächst. Obgleich der Regelungszweck des § 35 Abs. 3 ErbStG auch in diesen Fällen erfüllt ist, steht wohl der eindeutige Wortlaut des Abs. 3 entgegen.