Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Anbringung von Parkabsperrbügeln (Parkwächtern) als nachteilige bauliche Veränderung
Gültigkeitfeststellungsantrag über einen Beschluss innerhalb Monatsfrist führt zur gerichtlichen Wirksamkeitsüberprüfung des Beschlusses insgesamt
Normenkette
§ 14 WEG, § 15 WEG, § 22 Abs. 1 WEG, § 23 Abs. 4 WEG, § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG
Kommentar
1. Regelungen über gemeinschaftliche Parkplätze sind durch einfachen Mehrheitsbeschluss dann zulässig, wenn sie allen Miteigentümern dienen und sich im Rahmen des § 15 WEG halten (OLG Köln, OLG Z 78, 287; BayObLG, DWE 85, 58; KG, NJW-RR 90, 1495).
Im vorliegenden Fall wurde jedoch eine der Einstimmigkeit unterliegende bauliche Veränderung (zum Begriff vgl. OLG Frankfurt, OLG Z 80, 78/80) beschlossen.
Ein Ausnahmefall nach § 22 Abs. 1 S. 2 WEG (Duldungspflicht) kann nicht angenommen werden, weil es zur über das Maß des § 14 WEG hinausgehenden Beeinträchtigung der überstimmten und nicht mitstimmenden Eigentümer führen muss, wenn die Benutzung der ohnehin für alle Eigentümer nicht ausreichenden Parkplätze nur denjenigen Miteigentümern gestattet sein soll, welche die Kosten für die Anbringung der "Parkwächter" aufbringen wollen.
Auch würde dies jedenfalls im Ergebnis zur - ebenfalls nur einstimmig möglichen - Begründung von Sondernutzungsrechten führen. Der hier gefasste Eigentümerbeschluss konnte also nicht als Mehrheitsbeschluss gefasst werden, so dass der gestellte Feststellungsantrag auf Beschlussgültigkeit zurückgewiesen werden musste.
2. Ist für Miteigentümer zweifelhaft, ob die für einen Antrag abgegebene Zahl der Stimmen für die Annahme des Antrages genügend ist, und wird innerhalb der Monatsfrist des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG von einem Miteigentümer nur die Feststellung der Gültigkeit des Beschlusses beantragt, so ist gleichwohl die Wirksamkeit des Beschlusses insgesamt von Amts wegen zu überprüfen.
Eine Anfechtung von Beschlüssen erübrigt sich dann, wenn von so genannten Nichtbeschlüssen auszugehen ist, d. h. auch dann, wenn Eigentümer unter der Voraussetzung abgestimmt hätten, dass ein Beschluss nur einstimmig gefasst werden könne, und wenn für alle Beteiligten keinerlei Zweifel bestanden hätten, dass ein Antrag wegen fehlender Einstimmigkeit abgelehnt worden sei (BayObLG, MDR 85, 58; OLG Frankfurt, Entscheidung vom 6. 3. 1986, Az.: 20 W 570/85und OLG Frankfurt, Entscheidung vom 1. 8. 1986, Az.: 20 W 443/85). Vorliegend gingen jedoch die Beteiligten bei der Abstimmung von der Zulässigkeit eines Mehrheitsbeschlusses aus; es wurde also nicht zweifelsfrei unter der Voraussetzung der Einstimmigkeit abgestimmt.
Auch ein nichtiger Beschluss (u. a. Verstoß gegen Anstand und gute Sitten oder gegen ein gesetzliches Verbot) lag nicht vor. Auch wenn für einen Beschlussantrag Einstimmigkeit erforderlich wäre, könnte ein (nicht nichtiger) Mehrheitsbeschluss mangels Anfechtung wirksam werden (KG, NJW 69, 2205; BGHZ 54, 65; BayObLG, NJW-RR 86, 762).
Allerdings muss bei Zweifeln über das Zustandekommen eines wirksamen Beschlusses durch Mehrheitsbeschluss einerseits und Feststellung der Ablehnung im Protokoll andererseits die bestehende Unsicherheit im Wege eines Antrags gemäß der §§ 23 Abs. 4, 43 Abs. 1 Nr. 4 WEGinnerhalb Monatsfrist geltend gemacht werden (BayObLG, MDR 85, 58; OLG Frankfurt, OLG Z 88, 316).
Dabei könne dahingestellt bleiben, ob die Feststellung einer Antragsablehnung im Protokoll deklaratorischer Natur sei (KG, Rechtspfleger 79, 65; NJW-RR 89, 1162; BayObLG, MDR 85, 58) oder auch als vorläufig maßgeblich angefochten werden könne (OLG Hamm, OLGZ 79, 296; OLG Z 90, 180). Beides schließe jedoch nicht aus, dass die Frage, ob ein anfechtbarer Mehrheitsbeschluss oder ein der Anfechtung nicht unterliegender Nichtbeschluss vorliege, innerhalb der Frist des § 23 Abs. 4 WEG zur Entscheidung des Gerichts zu stellen sei (OLG Frankfurt, OLG Z 88/316).
Im vorliegenden Fall wollte der Antragsteller mit seinem Antrag, eine wirksame Beschlussfassung festzustellen, die bestehende Rechtsunsicherheit beseitigen, was dem Sinn und Zweck der § 23 Abs. 4 und 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG entspreche. Somit liege auch kein unangefochtener Eigentümerbeschluss mehr vor, sondern es sei antragsgemäß über die Wirksamkeit des Beschlusses insgesamt zu entscheiden. Dabei könne dahingestellt bleiben, wie zu entscheiden gewesen wäre, wenn der Antrag nicht innerhalb der gesetzlichen Monatsfrist gestellt worden wäre.
Nur beiläufig sei bemerkt, dass der Antrag auch dann nicht zwingend Erfolg hätte haben müssen, da auch mit beachtlichen Argumenten die Auffassung vertreten werden könne, dass die Feststellung des Verwalters im Protokoll über die Annahme oder Ablehnung eines Antrages konstitutiv sei (vgl. Deckert, ETW, Gruppe 5, S. 34a) und damit fristgemäß angefochten werden müsse (OLG Hamm, OLG Z 79, 296 = Rechtspfleger 79, 342, OLG Z 90, 180).
Link zur Entscheidung
( OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 13.05.1992, 20 W 226/91= ZMR 9/92, 398)
Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer