Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Justizielle Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen. Gerichtliche Zuständigkeit. Zuständigkeit der Gerichte des Wohnsitzstaats des Beklagten. Ausschließliche Zuständigkeit für die Eintragung oder die Gültigkeit von Rechten des geistigen Eigentums. Rechtsstreit zur Klärung der Frage, ob eine Person zu Recht als Markeninhaberin eingetragen wurde

 

Normenkette

Verordnung (EG) Nr. 44/2001 Art. 2 Abs. 1; Verordnung (EG) Nr. 44/2001 Art. 22 Nr. 4

 

Beteiligte

Hanssen Beleggingen

Hanssen Beleggingen BV

Tanja Prast-Knipping

 

Tenor

Art. 22 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass er auf Rechtsstreitigkeiten zur Klärung der Frage, ob eine Person zu Recht als Markeninhaberin eingetragen wurde, keine Anwendung findet.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Oberlandesgericht Düsseldorf (Deutschland) mit Entscheidung vom 14. Juni 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 16. Juni 2016, in dem Verfahren

Hanssen Beleggingen BV

gegen

Tanja Prast-Knipping

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič (Berichterstatter), der Richterin A. Prechal, des Richters A. Rosas, der Richterin C. Toader und des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Frau Prast-Knipping, vertreten durch Rechtsanwalt P. Sohn,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Wilderspin und M. Heller als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 13. Juli 2017

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 22 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Hanssen Beleggingen BV (im Folgenden: Hanssen), einer Gesellschaft mit Sitz in den Niederlanden, und Frau Tanja Prast-Knipping mit Wohnsitz in Deutschland wegen deren Eintragung als Inhaberin einer Benelux-Marke.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Verordnung Nr. 44/2001 ist in den Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten an die Stelle des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 1972, L 299, S. 32, im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen) getreten. Sie ist ihrerseits durch die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1) ersetzt worden. Gemäß Art. 66 Abs. 1 der letztgenannten Verordnung „ist [diese] nur auf Verfahren, öffentliche Urkunden oder gerichtliche Vergleiche anzuwenden, die am 10. Januar 2015 oder danach eingeleitet, förmlich errichtet oder eingetragen bzw. gebilligt oder geschlossen worden sind”.

Rz. 4

Da der in Rede stehende gerichtliche Rechtsstreit des Ausgangsverfahrens vor dem 10. Januar 2015 eingeleitet wurde, ist das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen nach der Verordnung Nr. 44/2001 zu prüfen.

Rz. 5

Art. 2 Abs. 1 dieser Verordnung bestimmte:

„Vorbehaltlich der Vorschriften dieser Verordnung sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen.”

Rz. 6

In Art. 22 dieser Verordnung in deren Kapitel II Abschnitt 6 „Ausschließliche Zuständigkeiten”) hieß es:

„Ohne Rücksicht auf den Wohnsitz sind ausschließlich zuständig:

4. für Klagen, welche die Eintragung oder die Gültigkeit von Patenten, Marken, Mustern und Modellen sowie ähnlicher Rechte, die einer Hinterlegung oder Registrierung bedürfen, zum Gegenstand haben, die Gerichte des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Hinterlegung oder Registrierung beantragt oder vorgenommen worden ist oder aufgrund eines Gemeinschaftsrechtsakts oder eines zwischenstaatlichen Übereinkommens als vorgenommen gilt.

…”

Rz. 7

Diese Bestimmung entsprach Art. 16 Nr. 4 des Brüsseler Übereinkommens.

BÜGE

Rz. 8

Das Benelux-Übereinkommen über geistiges Eigentum (Marken und Muster oder Modelle) vom 25. Februar 2005, unterzeichnet in Den Haag (Niederlande) vom Königreich Belgien, dem Großherzogtum Luxemburg und dem Königreich der Niederlande (im Folgenden: BÜGE), ist am 1. September 2006 in Kraft getreten.

Rz. 9

Art. 1.2 BÜGE bestimmt:

  1. „Es wird eine Benelux-Organisation für geistiges Eigentum (Marken und Muster oder Modelle) errichtet …;
  2. Die Organe der Organisation sind:

    c. das B...

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