Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Umwelt. Verwertung bzw. Beseitigung von Abfällen. Einrichtung eines integrierten Abfallbewirtschaftungssystems zur Sicherstellung der nationalen Entsorgungsautarkie. Errichtung von Verbrennungsanlagen bzw. Erhöhung der Kapazität bestehender Anlagen. Einstufung der Verbrennungsanlagen als ‚strategische Infrastrukturen und Einrichtungen von vorrangigem nationalem Interesse’. Einhaltung des Grundsatzes der ‚Abfallhierarchie’- Erfordernis der Vornahme einer ‚Umweltprüfung’
Normenkette
Richtlinie 2008/98/EG; Richtlinie 2001/42/EG
Beteiligte
„Verdi Ambiente e Società – Aps Onulu” u.a |
Verdi Ambiente e Società (VAS) – Aps Onlus |
Movimento Legge Rifiuti Zero per l'Economia Circolare Aps |
Presidenza del Consiglio dei Ministri |
Ministero dell'Ambiente e della Tutela del Territorio e del Mare |
Tenor
1. Der Grundsatz der „Abfallhierarchie” nach Art. 4 der Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien ist im Licht ihres Art. 13 dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie jener im Ausgangsverfahren nicht entgegensteht, die Abfallverbrennungsanlagen als „strategische Infrastrukturen und Einrichtungen von vorrangigem nationalem Interesse” einstuft, sofern diese Regelung mit den übrigen Bestimmungen dieser Richtlinie im Einklang steht, die speziellere Verpflichtungen vorsehen.
2. Art. 2 Buchst. a sowie Art. 3 Abs. 1 und 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme sind dahin auszulegen, dass eine aus einer Grundregelung und einer Durchführungsregelung bestehende nationale Regelung wie jene im Ausgangsverfahren, die eine Erhöhung der Kapazität der bestehenden Abfallverbrennungsanlagen festlegt und die Errichtung neuer derartiger Anlagen vorsieht, unter den Begriff der „Pläne und Programme” im Sinne dieser Richtlinie fällt, wenn sie voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen hat, und somit einer vorherigen Umweltprüfung zu unterziehen ist.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Regionalverwaltungsgericht Latium, Italien) mit Entscheidung vom 28. Februar 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 4. Mai 2018, in dem Verfahren
Verdi Ambiente e Società (VAS) – Aps Onlus,
Movimento Legge Rifiuti Zero per l'Economia Circolare Aps
gegen
Presidenza del Consiglio dei Ministri,
Ministero dell'Ambiente e della Tutela del Territorio e del Mare,
Regione Lazio,
Regione Toscana,
Regione Lombardia,
Beteiligte:
Associazione Mamme per la Salute e l'Ambiente Onlus,
Comitato Donne 29 Agosto,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin C. Toader (Berichterstatterin) sowie der Richter A. Rosas und M. Safjan,
Generalanwalt: G. Hogan,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Verdi Ambiente e Società (VAS) – Aps Onlus und des Movimento Legge Rifiuti Zero per l'Economia Circolare Aps, vertreten durch F. Pernazza und A. Ciervo, avvocati,
- der Mamme per la Salute e l'Ambiente Onlus und des Comitato Donne 29 Agosto, vertreten durch C. Auriemma, avvocatessa,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von M. Santoro, avvocato dello Stato,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Gattinara, M. Noll-Ehlers und F. Thiran als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (ABl. 2001, L 197, S. 30; im Folgenden: SUP-Richtlinie) sowie der Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien (ABl. 2008, L 312, S. 3; im Folgenden: Abfallrichtlinie).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen den Umweltschutzvereinigungen Verdi Ambiente e Società (VAS) – Aps Onlus und Movimento Legge Rifiuti Zero per l'Economia Circolare Aps einerseits und der Presidenza del Consiglio dei Ministri (Präsidium des Ministerrats, Italien) u. a. andererseits über eine Klage auf Nichtigerklärung des Decreto del Presidente del Consiglio dei Ministri – Individuazione della capacità complessiva di trattamento degli impianti di incenerimento di rifiuti urbani e assimilabili in esercizio o autorizzati a livello nazionale, nonché individuazione del fabbisogno residuo da coprire mediante la realizzazione di impianti di incenerimento con recupero di rifiuti urbani e assimi...