Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Rechtsangleichung. Marken. Ernsthafte Benutzung einer Marke. Beweislast. Antrag auf Erklärung des Verfalls wegen Nichtbenutzung. Nationale Verfahrensvorschrift, die die klagende Partei verpflichtet, eine Recherche am Markt über die Benutzung der Marke vorzunehmen

 

Normenkette

Richtlinie (EU) 2015/2436 Art. 19

 

Beteiligte

Maxxus Group

Maxxus Group GmbH & Co. KG

Globus Holding GmbH & Co. KG

 

Tenor

Art. 19 der Richtlinie (EU) 2015/2436 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ist dahin auszulegen, dass er einer Verfahrensregel eines Mitgliedstaats entgegensteht, die in einem Verfahren über den Antrag auf Erklärung des Verfalls einer Marke wegen Nichtbenutzung die klagende Partei verpflichtet, eine Recherche am Markt über die mögliche Benutzung dieser Marke durch ihren Inhaber vorzunehmen und hierzu, soweit möglich, zur Stützung ihrer Klage substantiiert vorzutragen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Landgericht Saarbrücken (Deutschland) mit Entscheidung vom 4. März 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 23. März 2021, in dem Verfahren

Maxxus Group GmbH & Co. KG

gegen

Globus Holding GmbH & Co. KG

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten I. Jarukaitis sowie der Richter D. Gratsias (Berichterstatter) und Z. Csehi,

Generalanwalt: N. Emiliou,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Maxxus Group GmbH & Co. KG, vertreten durch Rechtsanwalt E. Stolz,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun, G. Wilms und É. Gippini Fournier als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 2008, L 299, S. 25) sowie der Art. 16, 17 und 19 der Richtlinie (EU) 2015/2436 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 2015, L 336, S. 1, Berichtigung in ABl. 2016, L 110, S. 6)

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Maxxus Group GmbH & Co. KG (im Folgenden: Maxxus) und der Globus Holding GmbH & Co. KG (im Folgenden: Globus) wegen Verfalls der Rechte von Globus an zwei in Deutschland eingetragenen Marken.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 2008/95

Rz. 3

In Art. 10 („Benutzung der Marke”) der Richtlinie 2008/95 hieß es:

„(1) Hat der Inhaber der Marke diese für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, innerhalb von fünf Jahren nach dem Tag des Abschlusses des Eintragungsverfahrens nicht ernsthaft in dem betreffenden Mitgliedstaat benutzt oder wurde eine solche Benutzung während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren ausgesetzt, so unterliegt die Marke den in dieser Richtlinie vorgesehenen Sanktionen, es sei denn, dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.

Folgendes gilt ebenfalls als Benutzung im Sinne des Unterabsatzes 1:

  1. Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflusst wird;
  2. Anbringen der Marke auf Waren oder deren Aufmachung in dem betreffenden Mitgliedstaat ausschließlich für den Export.

(2) Die Benutzung der Marke mit Zustimmung des Inhabers oder durch eine zur Benutzung einer Kollektivmarke, Garantiemarke oder Gewährleistungsmarke befugte Person gilt als Benutzung durch den Inhaber.

…”

Rz. 4

Art. 12 („Verfallsgründe”) der Richtlinie bestimmte in Abs. 1:

„Eine Marke wird für verfallen erklärt, wenn sie innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in dem betreffenden Mitgliedstaat für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.

Der Verfall einer Marke kann jedoch nicht geltend gemacht werden, wenn nach Ende dieses Zeitraums und vor Stellung des Antrags auf Verfallserklärung die Benutzung der Marke ernsthaft begonnen oder wieder aufgenommen worden ist.

Wird die Benutzung innerhalb eines nicht vor Ablauf des ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren der Nichtbenutzung beginnenden Zeitraums von drei Monaten vor Stellung des Antrags auf Verfallserklärung begonnen oder wieder aufgenommen, so bleibt sie unberücksichtigt, sofern die Vorbereitungen für die erstmalige oder die erneute Benutzung erst stattgefunden haben, nachdem der Inhaber Kenntnis davon erhalten hat, dass der Antrag auf Verfallserklärung gestellt werden könnte.”

Richtlinie 2015/2436

Rz. 5

Im zehnten Erwägungsgrund d...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge