Entscheidungsstichwort (Thema)
Humanarzneimittel. Ergänzendes Schutzzertifikat. Bedingungen für die Erteilung eines solchen Zertifikats. Zwei nacheinander in Verkehr gebrachte Arzneimittel, die aus demselben Wirkstoff bestehen oder teilweise denselben Wirkstoff enthalten. Zusammensetzung von Wirkstoffen, von denen einer bereits in Form eines Monopräparats in Verkehr gebracht worden ist. Möglichkeit der Erteilung mehrerer Zertifikate auf der Grundlage ein und desselben Patents und zweier Genehmigungen für das Inverkehrbringen
Normenkette
Verordnung (EG) Nr. 469/2009 Art. 3
Beteiligte
Actavis Group PTC und Actavis UK |
Tenor
Art. 3 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 469/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel ist unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, wo für einen neuartigen Wirkstoff auf der Grundlage des ihn schützenden Patents und einer Genehmigung für das Inverkehrbringen eines ihn enthaltenden Monopräparats bereits ein ergänzendes Schutzzertifikat erteilt worden war, das es dem Patentinhaber ermöglichte, der Verwendung dieses Wirkstoffs allein oder in Kombination mit anderen Wirkstoffen zu widersprechen, dahin auszulegen, dass es nach dieser Bestimmung nicht zulässig ist, dem Inhaber auf der Grundlage desselben Patents, aber einer späteren Genehmigung für das Inverkehrbringen eines anderen Arzneimittels, das den genannten Wirkstoff zusammen mit einem anderen, als solchem durch das Patent nicht geschützten Wirkstoff enthält, ein zweites ergänzendes Schutzzertifikat für diese Wirkstoffzusammensetzung zu erteilen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom High Court of Justice (England & Wales), Chancery Division (Patents Court) (Vereinigtes Königreich), mit Entscheidung vom 21. September 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 3. Oktober 2012, in dem Verfahren
Actavis Group PTC EHF,
Actavis UK Ltd
gegen
Sanofi,
Beteiligte:
Sanofi Pharma Bristol-Myers Squibb SNC,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richter C. G. Fernlund und A. Ó Caoimh, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) und des Richters E. Jarašiūnas,
Generalanwalt: N. Jääskinen,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. September 2013,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Actavis Group PTC EHF, vertreten durch R. Meade, QC, I. Jamal, Barrister, und C. Balleny, Solicitor,
- von Sanofi und der Sanofi Pharma Bristol-Myers Squibb SNC, vertreten durch D. Alexander, QC, sowie S. Moore und S. Rich, Solicitors,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch J. Beeko als Bevollmächtigte im Beistand von C. May, Barrister,
- der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas und S. Menez als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch F. W. Bulst und J. Samnadda als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 469/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel (ABl. L 152, S. 1).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Actavis Group PTC EHF und der Actavis UK Ltd (im Folgenden zusammen: Actavis) einerseits und Sanofi und der Sanofi Pharma Bristol-Myers Squibb SNC (im Folgenden zusammen: Sanofi) andererseits über die Gültigkeit eines Sanofi für das Arzneimittel CoAprovel erteilten ergänzenden Schutzzertifikats.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Die Erwägungsgründe 4 und 5 sowie 9 und 10 der Verordnung Nr. 469/2009 lauten:
„(4) Derzeit wird durch den Zeitraum zwischen der Einreichung einer Patentanmeldung für ein neues Arzneimittel und der Genehmigung für das Inverkehrbringen desselben Arzneimittels der tatsächliche Patentschutz auf eine Laufzeit verringert, die für die Amortisierung der in der Forschung vorgenommenen Investitionen unzureichend ist.
(5) Diese Tatsache führt zu einem unzureichenden Schutz, der nachteilige Auswirkungen auf die pharmazeutische Forschung hat.
…
(9) Die Dauer des durch das Zertifikat gewährten Schutzes sollte so festgelegt werden, dass dadurch ein ausreichender tatsächlicher Schutz erreicht wird. Hierzu müssen demjenigen, der gleichzeitig Inhaber eines Patents und eines Zertifikats ist, insgesamt höchstens fünfzehn Jahre Ausschließlichkeit ab der ersten Genehmigung für das Inverkehrbringen des betreffenden Arzneimittels in der Gemeinschaft eingeräumt werden.
(10) In einem so komplexen und empfindlichen Bereich wie dem pharmazeutischen Sektor sollten jedoch alle auf dem Spiel stehenden Interessen einschließlich der Volksgesundheit berücksichtigt werden. Deshalb kann das Zertifikat n...