Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Elektrizitätsbinnenmarkt. Hypothetischer Charakter der Vorlagefragen. Unzulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens
Normenkette
Richtlinie 2009/72/EG Art. 3 Abs. 2, 6, 15, Art. 36 Buchst. f
Beteiligte
AB „Energijos skirstymo operatorius” |
AB „Lietuvos energijos gamyba” |
Tenor
Das Vorabentscheidungsersuchen des Vilniaus miesto apylinkės teismas (Bezirksgericht Vilnius, Litauen) vom 11. April 2017 ist unzulässig.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Vilniaus miesto apylinkės teismas (Bezirksgericht Vilnius, Litauen) mit Entscheidung vom 11. April 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 9. Mai 2017, in dem Verfahren
UAB „Renerga”
gegen
AB „Energijos skirstymo operatorius”,
AB „Lietuvos energijos gamyba”,
Beteiligte:
UAB „BALTPOOL”,
Lietuvos Respublikos Vyriausybė,
Achema AB,
Achemos Grupė UAB,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Vierten Kammer M. Vilaras in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Dritten Kammer sowie der Richter J. Malenovský (Berichterstatter), L. Bay Larsen, M. Safjan und D. Šváby,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Mai 2018,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der UAB „Renerga”, zunächst vertreten durch V. Radvila, K. Pabijanskas und G. Balčiūnas, advokatas, C. Malamataris, dikigoros, Rechtsanwalt A. Wilhelm, E. Righini, avvocato, sowie C. Cluzel, avocat, dann durch V. Radvila und K. Pabijanskas, advokatas, E. Righini, avvocato, sowie C. Cluzel, avocat,
- der AB „Energijos skirstymo operatorius” und der AB „Lietuvos energijos gamyba”, vertreten durch A. Žindul, advokatas,
- der UAB „BALTPOOL”, vertreten durch A. Smaliukas und E. Junčienė als Bevollmächtigte,
- der Achemos Grupė UAB, vertreten durch G. Balčiūnas, advokatas,
- der litauischen Regierung, vertreten durch D. Kriaučiūnas und R. Dzikovič als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch O. Beynet, Y. G. Marinova, A. Steiblytė und J. Jokubauskaitė als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 12. Juli 2018
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 2, 6 und 15 sowie Art. 36 Buchst. f der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (ABl. 2009, L 211, S. 55).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der UAB „Renerga” auf der einen und der AB „Energijos skirstymo operatorius” und der AB „Lietuvos energijos gamyba” auf der anderen Seite wegen der Zahlung von Verzugszinsen für die verspätete Leistung von Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Dienstleistungen an Renerga.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Die Erwägungsgründe 46 und 50 der Richtlinie 2009/72 lauten:
„(46) Die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen ist eine grundlegende Anforderung dieser Richtlinie, und es ist wichtig, dass in dieser Richtlinie von allen Mitgliedstaaten einzuhaltende gemeinsame Mindestnormen festgelegt werden, die den Zielen des Verbraucherschutzes, der Versorgungssicherheit, des Umweltschutzes und einer gleichwertigen Wettbewerbsintensität in allen Mitgliedstaaten Rechnung tragen. Gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen müssen unter Berücksichtigung der einzelstaatlichen Gegebenheiten aus nationaler Sicht ausgelegt werden können, wobei das Gemeinschaftsrecht einzuhalten ist.
…
(50) Die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, auch jene zur Gewährleistung der Grundversorgung, und die daraus resultierenden gemeinsamen Mindeststandards müssen weiter gestärkt werden, damit sichergestellt werden kann, dass die Vorteile des Wettbewerbs und gerechter Preise allen Verbrauchern, vor allem schutzbedürftigen Verbrauchern, zugutekommen. Die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen sollten auf nationaler Ebene, unter Berücksichtigung der nationalen Bedingungen …, festgelegt werden; das Gemeinschaftsrecht sollte jedoch von den Mitgliedstaaten beachtet werden. …”
Rz. 4
Art. 3 Abs. 2, 6 und 15 dieser Richtlinie bestimmt:
„(2) Die Mitgliedstaaten können unter uneingeschränkter Beachtung der einschlägigen Bestimmungen des [EG-]Vertrags, insbesondere des Artikels 86, den Elektrizitätsunternehmen im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse Verpflichtungen auferlegen, die sich auf Sicherheit, einschließlich Versorgungssicherheit, Regelmäßigkeit, Qualität und Preis der Versorgung sowie Umweltschutz, einschließlich Energieeffizienz, Energie aus erneuerbaren Quellen und Klimaschutz, beziehen können. Solche Verpflichtungen müssen klar festgelegt, transparent, nichtdiskriminierend und überprüfbar sein und den gleichberechtigten Zugang von Elektrizitätsunternehmen der Gemeinschaft zu den nationalen Verbrauchern sicherste...