Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen. Gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Zuständigkeit für Verfahren, die eine unerlaubte Handlung, eine ihr gleichgestellte Handlung oder Ansprüche aus einer solchen Handlung zum Gegenstand haben. Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs. Für mit Art. 101 AEUV und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum unvereinbar erklärtes Kartell. Bestimmung der internationalen und der örtlichen Zuständigkeit. Bündelung von Zuständigkeiten bei einem spezialisierten Gericht

 

Normenkette

Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 Art. 7 Nr. 2; EWR-Abkommen Art. 53; AEUV Art. 101

 

Beteiligte

Volvo u.a

RH

AB Volvo

Volvo Group Trucks Central Europe GmbH

Volvo Lastvagnar AB

Volvo Group España SA

 

Tenor

Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass für eine Klage auf Ersatz eines Schadens, der durch gegen Art. 101 AEUV verstoßende Absprachen über Preise und Preiserhöhungen für Gegenstände verursacht worden ist, innerhalb des von diesen Absprachen betroffenen Marktes international und örtlich unter dem Gesichtspunkt des Ortes der Verwirklichung des Schadenserfolgs entweder dasjenige Gericht zuständig ist, in dessen Bezirk das Unternehmen, das sich für geschädigt erachtet, die von den genannten Absprachen betroffenen Gegenstände gekauft hat, oder – wenn das betroffene Unternehmen die Gegenstände an mehreren Orten gekauft hat – dasjenige Gericht, in dessen Bezirk sich der Sitz dieses Unternehmens befindet.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado de lo Mercantil no 2 de Madrid (Handels- und Konkursgericht Nr. 2 Madrid, Spanien) mit Entscheidung vom 23. Dezember 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Januar 2020, in dem Verfahren

RH

gegen

AB Volvo,

Volvo Group Trucks Central Europe GmbH,

Volvo Lastvagnar AB,

Volvo Group España SA

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, des Richters L. Bay Larsen, der Richterin C. Toader sowie der Richter M. Safjan (Berichterstatter) und N. Jääskinen,

Generalanwalt: J. Richard de la Tour,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der AB Volvo, der Volvo Group Trucks Central Europe GmbH, der Volvo Lastvagnar AB und der Volvo Group España SA, vertreten durch R. Murillo Tapia, abogado, und N. Gómez Bernardo, abogada,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch S. Centeno Huerta und J. Rodríguez de la Rúa Puig als Bevollmächtigte,
  • der französischen Regierung, vertreten durch A.-L. Desjonquères, N. Vincent und A. Daniel als Bevollmächtigte,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Bulterman und J. Langer als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Heller und C. Urraca Caviedes als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 22. April 2021

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 7 Nr. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen RH einerseits sowie der AB Volvo, der Volvo Group Trucks Central Europe GmbH, der Volvo Lastvagnar AB und der Volvo Group España SA andererseits wegen Ersatz des Schadens, der RH aufgrund von wettbewerbswidrigen Praktiken der im Ausgangsverfahren beklagten Gesellschaften entstanden sein soll, die durch die Europäische Kommission nach Art. 101 AEUV und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (ABl. 1994, L 1, S. 3, im Folgenden: EWR-Abkommen) mit einer Sanktion belegt worden sind.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 15, 16 und 34 der Verordnung Nr. 1215/2012 lauten:

„(15) Die Zuständigkeitsvorschriften sollten in hohem Maße vorhersehbar sein und sich grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Beklagten richten. Diese Zuständigkeit sollte stets gegeben sein außer in einigen genau festgelegten Fällen, in denen aufgrund des Streitgegenstands oder der Vertragsfreiheit der Parteien ein anderes Anknüpfungskriterium gerechtfertigt ist. Der Sitz juristischer Personen muss in der Verordnung selbst definiert sein, um die Transparenz der gemeinsamen Vorschriften zu stärken und Kompetenzkonflikte zu vermeiden.

(16) Der Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten sollte durch alternative Gerichtsstände ergänzt werden, die entweder aufgrund der engen Verbindung zwischen Gericht und Rechtsstreit oder im Interesse einer geordneten Rech...

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