Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel. Art. 28 EG und 30 EG. Genehmigung für das Inverkehrbringen und Registrierung. Anthroposophische Arzneimittel
Beteiligte
Antroposana, Patiëntenvereniging voor Antroposofische Gezondheidszorg |
Nederlandse Vereniging van Antroposofische Artsen |
Tenor
Anthroposophische Arzneimittel dürfen nur dann in den Verkehr gebracht werden, wenn sie nach einem der in Art. 6 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel genannten Verfahren zugelassen worden sind.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) mit Entscheidung vom 27. Januar 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 10. Februar 2006, in dem Verfahren
Staat der Nederlanden
gegen
Antroposana, Patiëntenvereniging voor Antroposofische Gezondheidszorg,
Nederlandse Vereniging van Antroposofische Artsen,
Weleda Nederland NV,
Wala Nederland NV
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter R. Schintgen, A. Tizzano (Berichterstatter), A. Borg Barthet und E. Levits,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. März 2007,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Antroposana, Patiëntenvereniging voor Antroposofische Gezondheidszorg, Nederlandse Vereniging van Antroposofische Artsen, Weleda Nederland NV und Wala Nederland NV, vertreten durch S. Evers und J. Sijmons, advocaten,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster und P. van Ginneken als Bevollmächtigte,
- der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und C. Schulze-Bahr als Bevollmächtigte,
- der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von G. De Bellis, avvocato dello Stato,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch B. Stromsky und M. van Beek als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 24. Mai 2007
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311, S. 67) sowie der Art. 28 EG und 30 EG.
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Staat der Nederlanden (niederländischer Staat) einerseits und Antroposana, Patiëntenvereniging voor Antroposofische Gezondheidszorg (Patientenvereinigung für anthroposophische Gesundheitsfürsorge), der Nederlandse Vereniging van Antroposofische Artsen (niederländische Vereinigung anthroposophischer Ärzte) sowie der Weleda Nederland NV und der Wala Nederland NV, die anthroposophische Pharmazeutika herstellen und vertreiben, andererseits (im Folgenden zusammen: Antroposana u. a.) über die Bedingungen in Bezug auf die Genehmigung für das Inverkehrbringen anthroposophischer Arzneimittel.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3 Die Richtlinie 2001/83 hat die Richtlinien zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Humanarzneimittel – darunter die Richtlinie 92/73/EWG des Rates vom 22. September 1992 zur Erweiterung des Anwendungsbereichs der Richtlinien 65/65/EWG und 75/319/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneimittel und zur Festlegung zusätzlicher Vorschriften für homöopathische Arzneimittel (ABl. L 297 S. 8) – kodifiziert und in einem einzigen Text zusammengefasst.
4 Laut ihren Erwägungsgründen 2, 4 und 5 bezweckt die Richtlinie 2001/83 einen „wirksamen Schutz der menschlichen Gesundheit” und die Beseitigung von Hindernissen für den „Handel mit Arzneimitteln innerhalb der Gemeinschaft”.
5 Im 14. Erwägungsgrund dieser Richtlinie heißt es:
„Diese Richtlinie ist ein wichtiger Schritt auf dem Wege zur Verwirklichung des freien Verkehrs mit Arzneimitteln. Aber aufgrund der … gesammelten Erfahrungen können sich weitere Maßnahmen als notwendig erweisen, um noch bestehende Hemmnisse für den freien Verkehr zu beseitigen.”
6 Der 22. Erwägungsgrund dieser Richtlinie lautet:
„Anthroposophische Arzneimittel, die in einer offiziellen Pharmakopöe beschrieben und nach einem homöopathischen Verfahren zubereitet werden, sind hinsichtlich der Registrierung und der Genehmigung für das Inverkehrbringen homöopathischen Arzneimitteln gleichzustellen.”
7 Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83 definiert den Begriff „Arzneimittel” wie folgt:
„Alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die als Mittel zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bezeichnet werden;
[a]lle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die dazu bestimmt sind, im oder am menschlichen Körper zur Erstellung einer ärztlichen Diagnose oder zur Wiederherstellung, ...