Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Rechtsangleichung. Industriepolitik. Humanarzneimittel. Genehmigung für das Inverkehrbringe. Verpflichtung, dem Genehmigungsantrag die Ergebnisse pharmazeutischer, vorklinischer und klinischer Versuche beizufügen. Ausnahmen bezüglich der vorklinischen und klinischen Versuche. Generika. Begriff ‚Referenzarzneimittel’. Subjektives Recht des Inhabers einer Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Referenzarzneimittels, die Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Generikums dieses Arzneimittels anzufechten. Arzneimittel, deren Wirkstoffe für mindestens zehn Jahre in der Europäischen Union allgemein medizinisch verwendet wurden. Möglichkeit, ein Arzneimittel, für das die Genehmigung unter Berücksichtigung der in Art. 10a vorgesehenen Ausnahme erteilt wurde, als Referenzarzneimittel zu verwenden, um eine Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Generikums zu erhalten
Normenkette
Richtlinie 2001/83/EG Art. 6, 10a, 10, 8 Abs. 3 Buchst. I
Beteiligte
Latvijas Republikas Veselibas ministrija |
Tenor
1. Der Begriff „Referenzarzneimittel” im Sinne von Art. 10 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er ein Arzneimittel erfasst, dessen Inverkehrbringen auf der Grundlage von Art. 10a dieser Richtlinie genehmigt wurde.
2. Art. 10 der Richtlinie 2001/83 in der durch die Verordnung Nr. 1394/2007 geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist dahin auszulegen, dass der Inhaber einer Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels, das im Rahmen eines auf der Grundlage des Art. 10 dieser Richtlinie eingereichten Antrags auf Erteilung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Generikums eines anderen Herstellers als Referenzarzneimittel verwendet wird, das Recht hat, gegen die Entscheidung der zuständigen Behörde, mit der eine Genehmigung für das Inverkehrbringen des Generikums erteilt wurde, einen Rechtsbehelf einzulegen, soweit es darum geht, gerichtlichen Schutz eines Rechts zu erlangen, das Art. 10 der Richtlinie 2001/83 diesem Inhaber zuerkennt. Ein solches Recht auf einen Rechtsbehelf besteht insbesondere, wenn der Inhaber der Genehmigung verlangt, dass sein Arzneimittel nicht zu dem Zweck verwendet wird, gemäß Art. 10 eine Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels zu erhalten, für das sein eigenes Arzneimittel nicht als Referenzarzneimittel im Sinne des Art. 10 Abs. 2 Buchst. a angesehen werden kann.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Augstākās Tiesas Senāts (Lettland) mit Entscheidung vom 26. Februar 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 4. März 2013, in dem Verfahren
Olainfarm AS
gegen
Latvijas Republikas Veselības ministrija,
Zāļu valsts aǵentūra,
Beteiligte:
Grindeks AS,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz sowie der Richter C. Vajda, A. Rosas, E. Juhász und D. Šváby (Berichterstatter),
Generalanwalt: N. Wahl,
Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. März 2014,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Olainfarm AS, vertreten durch M. Grudulis, advokāts,
- der Grindeks AS, vertreten durch J. Bundulis in seiner Eigenschaft als Verwaltungsratsvorsitzender im Beistand von D. Lasmanis, advokāts, sowie von L. Jāgere und Z. Sedlova,
- der lettischen Regierung, vertreten durch I. Kalniņš und M. Ošleja als Bevollmächtigte,
- der Regierung von Estland, vertreten durch M. Linntam als Bevollmächtigte,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand zunächst von G. De Socio, dann von G. Fiengo, avvocati dello Stato,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Sipos, A. Sauka und M. Šimerdová als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 20. Mai 2014
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311, S. 67) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 (ABl. L 324, S. 121, Berichtigung in ABl. 2009, L 87, S. 174) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2001/83).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Verfahrens zwischen der Olainfarm AS (im Folgenden: Olainfarm) auf der einen Seite und dem Latvijas Republikas Veselības ministrija (Ministerium für Gesundheit der Republik Lettland) sowie der Zāļu valsts aǵentūra (Nationale Arzneim...