Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Art. 49 EG. Freier Dienstleistungsverkehr. Nichterstattung der Kosten von in anderen Mitgliedstaaten als dem Großherzogtum Luxemburg durchgeführten Analysen und Laboruntersuchungen. Nationale Regelung, die nicht die Übernahme in Form einer Erstattung der für solche Analysen und Untersuchungen entstandenen Kosten vorsieht. Nationale Regelung, die die Übernahme von Leistungen der Gesundheitsversorgung von der Erfüllung aller in dieser Regelung vorgesehenen Voraussetzungen abhängig macht

 

Beteiligte

Kommission / Luxemburg

Europäische Kommission

Großherzogtum Luxemburg

 

Tenor

1. Das Großherzogtum Luxemburg hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 49 EG verstoßen, dass es im Rahmen seiner Vorschriften über die soziale Sicherheit nicht die Möglichkeit der Übernahme der Kosten für in einem anderen Mitgliedstaat durchgeführte Analysen und Laboruntersuchungen im Sinne von Art. 24 des luxemburgischen Code de la sécurité sociale in seiner auf den Rechtsstreit anwendbaren Fassung im Wege einer Erstattung der für diese Analysen und Untersuchungen entstandenen Kosten, sondern nur ein System der unmittelbaren Übernahme durch die Krankenkassen vorgesehen hat.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Europäische Kommission und das Großherzogtum Luxemburg tragen ihre eigenen Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 30. November 2009,

Europäische Kommission, vertreten durch G. Rozet und E. Traversa als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Großherzogtum Luxemburg, vertreten durch C. Schiltz als Bevollmächtigten im Beistand von A. Rodesch, avocat,

Beklagter,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues, der Richter A. Arabadjiev (Berichterstatter), A. Rosas und U. Lõhmus sowie der Richterin P. Lindh,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 28. Oktober 2010,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass das Großherzogtum Luxemburg dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. [49] EG verstoßen hat, dass es Art. 24 des luxemburgischen Code de la sécurité sociale, der die Erstattung der Kosten von in einem anderen Mitgliedstaat durchgeführten biomedizinischen Analysen ausschließt und eine Kostenübernahme für diese Analysen nur über das Sachleistungssystem vorsieht, und Art. 12 der Satzung der Union des caisses de maladie, wonach die Kosten von in einem anderen Mitgliedstaat durchgeführten biomedizinischen Analysen nur dann erstattet werden, wenn alle in den nationalen vertraglichen Vereinbarungen von Luxemburg vorgesehenen Voraussetzungen für die Durchführung erfüllt sind, in Kraft gelassen hat.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 2

Art. 24 des luxemburgischen Code de la sécurité sociale in seiner auf den Rechtsstreit anwendbaren Fassung (Mémorial A 2008, S. 790, im Folgenden: Code de la sécurité sociale) bestimmt:

„Leistungen der Gesundheitsversorgung werden in Form der Erstattung durch die Caisse nationale de santé [vormals Union des caisses de maladie] und die Krankenkassen an die geschützten Personen, denen die Kosten entstanden sind, oder in Form der unmittelbaren Übernahme durch die Caisse nationale de santé gewährt; im zuletzt genannten Fall kann der Leistungserbringer die geschützte Person nur in Höhe ihrer gegebenenfalls in der Satzung festgelegten Selbstbeteiligung in Anspruch nehmen. Mangels abweichender Bestimmung in einer vertraglichen Vereinbarung kommt die Leistungsgewährung in Form der unmittelbaren Übernahme nur bei folgenden Handlungen, Dienstleistungen und Lieferungen zur Anwendung:

  • Analysen und Laboruntersuchungen;

…”

Rz. 3

Zwischen den Parteien des Rechtsstreits ist unstreitig, dass die luxemburgischen Vorschriften über die soziale Sicherheit keine Möglichkeit der Übernahme der Analysen und Laboruntersuchungen im Sinne von Art. 24 des Code de la sécurité sociale in Form der Erstattung der den Sozialversicherten für diese Analysen und Untersuchungen entstandenen Kosten vorsehen.

Rz. 4

Art. 12 Abs. 1 und 2 der Satzung der Union des caisses de maladie in ihrer Fassung aufgrund des am 1. Januar 1995 anwendbaren koordinierten Textes (Mémorial A 1994, S. 2989, im Folgenden: Satzung) lautet:

„Die Krankenkasse in Luxemburg übernimmt nur diejenigen Dienstleistungen und Lieferungen, die in Art. 17 des Code [de la sécurité sociale] vorgesehen und in den in Art. 65 dieses Code genannten Nomenklaturen oder in den durch die vorliegende Satzung vorgesehenen Verzeichnissen eingetragen sind.

Die Dienstleistungen können gegenüber der Krankenkasse nur dann geltend gemacht werden, wenn sie gemäß den Bestimmungen der in den ...

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