Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Gleichbehandlung. Nationales System zur Anerkennung der beruflichen Laufbahn von Angehörigen der Gesundheitsberufe. Nichtberücksichtigung der in den Gesundheitsdiensten eines anderen Mitgliedstaats erworbenen Berufserfahrung. Hindernis

 

Normenkette

AEUV Art. 45; Verordnung (EU) Nr. 492/2011 Art. 7 Abs. 2

 

Beteiligte

Gerencia Regional de Salud de Castilla y León

Gerencia Regional de Salud de Castilla y León

Delia

 

Tenor

Art. 45 AEUV und Art. 7 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung über die Anerkennung der beruflichen Entwicklung im Gesundheitsdienst eines Mitgliedstaats, die ausschließt, dass die von einem Arbeitnehmer in einem öffentlichen Gesundheitsdienst eines anderen Mitgliedstaats erworbene Berufserfahrung für die Ermittlung des Dienstalters berücksichtigt wird, entgegenstehen, sofern die Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit, die diese Regelung mit sich bringt, nicht einem im Allgemeininteresse liegenden Ziel dient, die Erreichung dieses Ziels gewährleistet und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Superior de Justicia de Castilla y León (Obergericht Kastilien und Léon, Spanien) mit Entscheidung vom 4. Februar 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 11. Februar 2021, in dem Verfahren

Gerencia Regional de Salud de Castilla y León

gegen

Delia

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin I. Ziemele sowie der Richter A. Arabadjiev (Berichterstatter) und A. Kumin,

Generalanwalt: P. Pikamäe,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Gerencia Regional de Salud de Castilla y León, vertreten durch D. Vélez Berzosa als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch I. Galindo Martín und B.-R. Killmann als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 45 AEUV und Art. 7 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. 2011, L 141, S. 1).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Delia und dem Generaldirektor der Gerencia Regional de Salud de Castilla y León (Regionale Gesundheitsdirektion von Kastilien und León, Spanien) aufgrund der Weigerung des Generaldirektors, im Rahmen der Anerkennung der beruflichen Laufbahn von Frau Delia für die Ermittlung ihres Dienstalters die von ihr in Portugal erworbene Berufserfahrung zu berücksichtigen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Kapitel I der Verordnung Nr. 492/2011 trägt den Titel „Die Beschäftigung, die Gleichbehandlung und die Familienangehörigen der Arbeitnehmer”. Art. 7 dieser Verordnung, der zu Abschnitt 2 („Ausübung der Beschäftigung und Gleichbehandlung”) dieses Kapitels gehört, sieht in seinem Abs. 1 vor:

„Ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, darf aufgrund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, falls er arbeitslos geworden ist, im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung, nicht anders behandelt werden als die inländischen Arbeitnehmer.”

Spanisches Recht

Rz. 4

In Art. 44 der Ley 14/1986, General de Sanidad (Allgemeines Gesetz 14/1986 über die Gesundheit) vom 25. April 1986 (BOE Nr. 102 vom 29. April 1986, S. 15207) in der für den Ausgangsrechtsstreit maßgeblichen Fassung wird das nationale Gesundheitssystem wie folgt definiert:

  1. „Sämtliche öffentlichen Strukturen und Dienstleistungen im Dienst der Gesundheit bilden das nationale Gesundheitssystem.
  2. Das nationale Gesundheitssystem ist die Gesamtheit der Gesundheitsdienste der Verwaltung des Staates und der Gesundheitsdienste der Autonomen Gemeinschaften nach Maßgabe dieses Gesetzes.”

Rz. 5

Das Real Decreto 184/2015, por el que se regula el catálogo homogéneo de equivalencias de las categorías profesionales del personal estatutario de los servicios de salud y el procedimiento de su actualización (Königliches Dekret Nr. 184/2015 zur Festlegung eines einheitlichen Verzeichnisses der Gleichwertigkeit der Berufsgruppen des statutarischen Personals der Gesundheitsdienste und zu dessen Aktualisierung) vom 13. März 2015 (BOE Nr. 83 vom 7. April 2015, S. 29447) in der für den Ausgangsrechtsstreit maßgeblichen Fassung enthält eine Tabelle der Gleichwertigkeit der Berufsgruppen, auf deren Grundlage d...

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