Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Unionsmarke. Nichtigkeitsverfahren. Wortmarke tagesschau. Erklärung des teilweisen Verfalls. Vertretung durch einen Anwalt. Unabhängigkeitserfordernis
Beteiligte
Tenor
1.Der Beschluss des Gerichts der Europäischen Union vom 16. Juni 2022, bonnanwalt/EUIPO – Bayerischer Rundfunk u. a. (tagesschau) (T-83/20, EU:T:2022:369), wird aufgehoben.
2.Die Rechtssache T-83/20 wird an das Gericht der Europäischen Union zurückverwiesen.
3.Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.
Tatbestand
In der Rechtssache C-580/22 P
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 1. September 2022,
bonnanwalt Vermögens- und Beteiligungsgesellschaft mbHmit Sitz in Bonn (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt T. Wendt,
Rechtsmittelführerin,
andere Verfahrensbeteiligte:
Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO),vertreten durch D. Hanf und D. Stoyanova-Valchanova als Bevollmächtigte,
Beklagter im ersten Rechtszug,
unterstützt durch:
Europäische Kommission,vertreten durch F. Erlbacher und C. Urraca Caviedes als Bevollmächtigte,
Streithelferin im Rechtsmittelverfahren,
Bayerischer Rundfunkmit Sitz in München (Deutschland),
Hessischer Rundfunkmit Sitz in Frankfurt am Main (Deutschland),
Mitteldeutscher Rundfunkmit Sitz in Leipzig (Deutschland),
Norddeutscher Rundfunkmit Sitz in Hamburg (Deutschland),
Rundfunk Berlin-Brandenburgmit Sitz in Berlin (Deutschland),
Saarländischer Rundfunkmit Sitz in Saarbrücken (Deutschland),
Südwestrundfunkmit Sitz in Mainz (Deutschland),
Westdeutscher Rundfunk Kölnmit Sitz in Köln (Deutschland),
Radio Bremenmit Sitz in Bremen (Deutschland),
vertreten durch Rechtsanwältin B. Krause,
Streithelfer im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten N. Piçarra sowie der Richter M. Safjan (Berichterstatter) und N. Jääskinen,
Generalanwältin: L. Medina,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die bonnanwalt Vermögens- und Beteiligungsgesellschaft mbH die Aufhebung des Beschlusses des Gerichts der Europäischen Union vom 16. Juni 2022, bonnanwalt/EUIPO – Bayerischer Rundfunk u. a. (tagesschau) (T-83/20, im Folgenden: angefochtener Beschluss, EU:T:2022:369), mit dem ihre Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 12. Dezember 2019 (Sache R 1487/2019-2) zu einem Verfallsverfahren zwischen der bonnanwalt Vermögens- und Beteiligungsgesellschaft und den Streithelfern (im Folgenden: streitige Entscheidung) im ersten Rechtszug als unzulässig abgewiesen wurde.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 2
Art. 19 Abs. 1 bis 4 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der gemäß Art. 53 Abs. 1 der Satzung auf das Gericht anwendbar ist, lautet:
„Die Mitgliedstaaten sowie die [Organe der Europäischen Union] werden vor dem Gerichtshof durch einen Bevollmächtigten vertreten, der für jede Sache bestellt wird; der Bevollmächtigte kann sich der Hilfe eines Beistands oder eines Anwalts bedienen.
Die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, die nicht Mitgliedstaaten sind, und die in jenem Abkommen genannte EFTA-Überwachungsbehörde werden in der gleichen Weise vertreten.
Die anderen Parteien müssen durch einen Anwalt vertreten sein.
Nur ein Anwalt, der berechtigt ist, vor einem Gericht eines Mitgliedstaats oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aufzutreten, kann vor dem Gerichtshof als Vertreter oder Beistand einer Partei auftreten.“
Vorgeschichte des Rechtsstreits
Rz. 3
Am 15. November 2017 stellte die Rechtsmittelführerin beim EUIPO einen Antrag auf Erklärung des Verfalls der Unionswortmarke tagesschau, die am 27. September 2012 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 21, 25, 26, 28, 38, 41 und 42 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung eingetragen worden war.
Rz. 4
Der Antrag auf Erklärung des Verfalls wurde auf Art. 58 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) gestützt.
Rz. 5
Am 15. Mai 2019 erklärte die Nichtigkeitsabteilung die angegriffene Marke für alle eingetragenen Waren und Dienstleistungen für verfallen, mit Ausnahme folgender Dienstleistungen der Klasse 41: „Produktion und Bereitstellung von Nachrichtensendungen und -beiträgen“.
Rz. 6
Am 12. Juli 2019 legte die Rechtsmittelführerin beim EUIPO Beschwerde gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung ein, soweit der Verfallsantrag zurückgewiesen worden war.
Rz. 7
Mit der streitigen Entscheidung hob die Be...