Einführung
Die Regelung des § 1355 Abs. 4 BGB sieht vor, dass Ehegatten bei der Eheschließung durch Erklärung gegenüber dem Standesamt einen gemeinsamen Familiennamen und damit Ehenamen bestimmen sollen. Dabei können sie zwischen dem Geburtsnamen oder den bisher geführten Namen der Frau oder des Mannes wählen. Wählen sie keinen gemeinsamen Ehenamen, trägt jeder Ehegatte nach der Eheschließung seinen Namen weiter. Entscheiden sich die Ehegatten für einen Ehenamen, dann kann der Ehegatte, dessen Name nicht zum Ehenamen bestimmt wurde, den eigenen Namen dem Ehenamen als Begleitname voranstellen oder anfügen. Diese Möglichkeit wird in § 1355 Abs. 4 Satz 2 und 3 BGB jedoch für den Fall, dass die Ehegatten schon Träger von Mehrfachnamen sind, ausgeschlossen beziehungsweise eingeschränkt: Wird ein schon aus mehreren Namen bestehender Name eines Ehegatten zum Ehenamen bestimmt, dann darf der andere Ehegatte seinen Namen dem Ehenamen nicht als Begleitname anfügen. Besteht dagegen der nicht zum Ehenamen bestimmte Name aus mehreren Namen, dann kann nur einer dieser Namen dem Ehenamen als Begleitname hinzugefügt werden.
Der Beschwerdeführer zu 1) führt einen Doppelnamen und betreibt seit vielen Jahren eine Rechtsanwaltskanzlei in München. Die Beschwerdeführerin zu 2) führt lediglich einen Namen, hat Kinder aus erster Ehe und ist praktizierende Zahnärztin. Die Beschwerdeführer heirateten, jeweils in zweiter Ehe, im Mai 1997, ohne zunächst einen Ehenamen zu bestimmen. Später entschlossen sie sich, den Doppelnamen des Beschwerdeführers zu 1) zum Ehenamen bestimmen zu wollen, wobei die Beschwerdeführerin zu 2) beabsichtigte, ihren Namen dem Ehenamen als Begleitnamen voranzustellen. Dies wurde vom Standesamt München abgelehnt. Ein entsprechender Antrag an das Amtsgericht, die Beschwerde und die weitere Beschwerde an das BayObLG blieben erfolglos.
Die von den Beschwerdeführern erhobene Verfassungsbeschwerde wies der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 17.2.2009 (vgl. Pressemitteilung Nr. 108/2008 vom 19.12.2008) zurück. Der Erste Senat entschied, dass die Regelung des § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB, nach der ein Ehegatte, dessen Name die Ehegatten nicht zum Ehenamen bestimmt haben, seinen Namen dem Ehenamen als Begleitnamen nicht anfügen darf, wenn der Ehename schon aus mehreren Namen besteht, mit dem Grundgesetz, insbesondere mit dem Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) vereinbar ist. Auch der Schutz der Ehe (Art. 6 Abs. 1 GG), die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) sind durch diese gesetzliche Regelung nicht beeinträchtigt. Die Entscheidung erging mit 5:3 Stimmen.
Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts Nr. 47/2009 vom 5.5.2009 (Urt. v. 5.5.2009 – 1 BvR 1155/03 –)
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:
§ 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB verfolgt ein legitimes gesetzgeberisches Ziel. Der Gesetzgeber hat bei seiner Konzeption des Familiennamensrechts dem Namen mehrere Funktionen gegeben. Zum einen soll der Namensträger die Möglichkeit erhalten, sich selbst im Namen zu finden und Ausdruck zu geben. Zum anderen hat das Namensrecht die Funktion, den Namensträger familial klar zuzuordnen sowie dem Namen seine Identifikationskraft zu erhalten und auch in der Generationenfolge zu sichern. Um dies zu erreichen, hat der Gesetzgeber rechtliche Regelungen getroffen, die die Bildung von Doppel- und Mehrfachnamen weitgehend zurückdrängen sollen. In dieses Konzept fügt sich § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB ein.
Die Norm folgt dem Anliegen, Namen zu bilden, die einerseits auch im Rechts- und Geschäftsverkehr praktikabel sind und andererseits in nachfolgenden Generationen nicht zu Namensketten führen. Sie verhindert, dass ein Namensträger einen Namen führt, der im Falle von bisher von den Ehegatten geführten echten Doppelnamen aus bis zu vier Namen bestehen kann. Gleichzeitig schließt der Gesetzgeber damit aus, dass Kinder einen mehrgliedrigen, aus drei Namen bestehenden Geburtsnamen erhalten können.
Zwar hat der Gesetzgeber mit den §§ 1617 Abs. 1 und 1617a BGB inzwischen die Möglichkeit eröffnet, einen bereits aus früher geführten Ehenamen und Begleitnamen zusammengesetzten Doppelnamen eines Elternteils zum Geburtsnamen eines Kindes zu bestimmen. Es stellt sich insofern die Frage, weshalb der Gesetzgeber zwar die Übertragung eines aus früherem Ehenamen und Begleitnamen zusammengesetzten Doppelnamens eines Elternteils auf ein Kind zulässt, aber die Bildung eines Doppelnamens aus den Namen der Ehegatten als Ehenamen oder aus den Namen der Eltern als Geburtsname ihres Kindes untersagt. Auch wenn der Gesetzgeber mit diesen Regelungen sein Ziel, schon Doppelnamen vor allem als Geburtsnamen von Kindern zu vermeiden, nicht konsequent verfolgt, dient § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB jedenfalls dem legitimen Zweck, das Entstehen von geführten Namen, die aus mehr als zwei Namen bestehen, auszuschließen und damit auch zu verhindern, dass diese zu Geburtsnamen von Kindern werden. Die Norm ist insofern auch geeignet und e...