BVerfG, Beschl. v. 31.3.2021 – 1 BvR 413/20
1. Der Schutz des Familiengrundrechts aus Art. 6 Abs. 1 GG als einer wertentscheidenden Grundsatznorm erfasst auch das Verhältnis zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern. Dem Schutz der Familie ist auch bei der Bestellung einer Betreuerin Rechnung zu tragen. Dabei gebietet Art. 6 Abs. 1 GG eine bevorzugte Berücksichtigung der (nahen) Familienangehörigen jedenfalls dann, wenn eine tatsächlich von familiärer Verbundenheit geprägte engere Bindung besteht.
2. Bei der Prüfung der Entlassung der Mutter der Betroffenen als Betreuerin gemäß § 1908b Abs. 1 Satz 1 BGB ist dem verfassungsrechtlich gebotenen Schutz der Familie unter Berücksichtigung des Selbstbestimmungsrechts der Betroffenen hinreichend Rechnung zu tragen. Dabei darf die Betrachtung der Mutter-Tochter-Beziehung nicht einseitig im Hinblick auf den bisherigen Verlauf der Behandlung der Betroffenen erfolgen. Vielmehr ist dem Wert der familiären Beziehungen, dem innerfamiliären Zusammenhalt und der Familie als Schutzraum der Betroffenen Bedeutung beizumessen und die Empfehlung eines gerichtlich bestellten Sachverständigen zu berücksichtigen.
3. Der Vorrang des Willens der Betreuten bei der Auswahl der Betreuerin ist Ausdruck des grundrechtlich verbürgten und umfassenden Selbstbestimmungsrechts betreuungsbedürftiger Personen. § 1897 Abs. 4 S. 1 BGB ermöglicht nur in Ausnahmefällen die Bestellung einer anderen als von der Betreuten gewünschten Person, wenn die Befolgung des Wunsches der Betreuten deren Wohl zuwiderläuft. Wurzeln die Gründe für die fehlende Eignung in der familiären und möglicherweise über einen langen Zeitraum gewachsenen Beziehung der Betreuten zu der als Betreuerin gewünschten Person, ist unter Berücksichtigung von Art. 6 Abs. 1 GG eine sorgfältige Abwägung erforderlich. Dabei ist auch zu berücksichtigen, inwieweit die Zweifel an der Eignung durch andere Maßnahmen wie einem konkreten Hilfsangebot für die von der Betreuten gewünschte Person abgemildert und dem Wunsch der Betreuten dadurch zur Umsetzung verholfen werden kann. Die Bestellung einer anderen als der von der Betreuten gewünschten Person ist jedoch geboten, wenn die fehlende Eignung im konkreten Einzelfall dazu führt, dass eine Befolgung des Wunsches der Betreuten für diese eine erhebliche Gefahr mit sich brächte, die sie aufgrund ihrer Krankheit oder Behinderung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann.
BGH, Beschl. v. 17.3.2021 – XII ZB 169/19
a) Für die auch konkludent mögliche Hinzuziehung zu einem Betreuungsverfahren ist erforderlich, dass das Gericht dem Beteiligten eine Einflussnahme auf das laufende Verfahren ermöglichen will und dies zum Ausdruck bringt (im Anschluss an Senatsbeschl. v.17.6.2020 – XII ZB 574/19, FamRZ 2020, 1590 und v. 27.3.2019 – XII ZB 417/18, FamRZ 2019, 1091).
b) Allein die Bekanntgabe der erstinstanzlichen Entscheidung bewirkt noch keine Beteiligung im Sinne der §§ 7, 274, 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG (im Anschluss an Senatsbeschl. v. 18.10.2017 – XII ZB 213/16, FamRZ 2018, 197).
BGH, Beschl. v. 17.3.2021 – XII ZB 289/20
Zu den Voraussetzungen, unter denen nach § 1897 Abs. 4 S. 1 BGB bei der Auswahl eines Betreuers vom Vorschlag des volljährigen Betreuten abgewichen werden darf (im Anschluss an Senatsbeschl. v. 9.5.2018 – XII ZB 553/17, FamRZ 2018, 1192).
BGH, Beschl. v. 10. 3.2021 – XII ZB 462/20
Die nach § 278 Abs. 1 S. 1 FamFG erforderliche Anhörung des Betroffenen ist grundsätzlich durchzuführen, nachdem ihm das nach § 280 Abs. 1 S. 1 FamFG einzuholende Sachverständigengutachten rechtzeitig bekanntgegeben worden ist (im Anschluss an Senatsbeschl. v. 12.8.2020 – XII ZB 204/20, FamRZ 2020, 1770).
BGH, Beschl. v. 3.2.2021 – XII ZB 67/20
Zur Auswahl eines Berufsbetreuers anstelle eines Angehörigen und von diesem hilfsweise benannter ehrenamtlicher Personen.
OLG Saarbrücken, Beschl. v. 1.7.2020 – 6 UF 82/20
1. Im Verfahren auf Genehmigung der geschlossenen Unterbringung eines Kindes nach § 1631b BGB muss die Frage, ob der andere Elternteil, der selbst keinen Genehmigungsantrag gestellt hat, mitsorgeberechtigt ist, bereits deshalb geklärt werden, weil davon abhängt, ob dieser Elternteil persönlich anzuhören (§ 167 Abs. 4 FamFG) und förmlich als Beteiligter zum Verfahren hinzuzuziehen ist.
2. Ein Kind, das das 14. Lebensjahr vollendet hat, ist in Unterbringungsverfahren schon gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 167 Abs. 3 FamFG verfahrensfähig. Das selbst verfahrensfähige Kind hat grundsätzlich Anspruch auf umfassende Übersendung der zu den Akten gelangenden Schriftstücke, insbesondere auch auf diejenige eines Gutachtens; dieser Anspruch kann allenfalls durch den in § 164 S. 2 FamFG zum Ausdruck kommenden allgemeinen, kinderschützenden Rechtsgedanken beschränkt werden.
3. Zum Umfang der Amtsermittlungspflicht des Familiengerichts nach § 26 FamFG im Verfahren nach § 1631b Abs. 1 BGB.
4. Im Genehmigungsbeschluss nach § 1631b BGB muss eindeutig klargestellt werden, ob die Unterbringung in einer psychiatrischen Klin...