Das BVerfG moniert, dass die Folgen der gem. Art. 13 Abs. 3 EGBGB installierten Unwirksamkeit von ausländischen Minderjährigenehen für das deutsche Recht nicht geregelt seien und überdies bei einer unwirksamen, gleichwohl im Ausland wirksamen, Ehe die Möglichkeit einer Fortsetzung ab Volljährigkeit unbeantwortet bleibe.
Der Referentenentwurf (RefE) des Bundesjustizministeriums (BMJ) vom 5.4.2024 hält an der grundlegenden Entscheidung fest, ausländische Minderjährigenehen, wenn einer der Verlobten noch nicht 16 Jahre alt gewesen ist, im Inland für unwirksam zu erklären. Aufgrund einer jedoch im Ausland wirksam geschlossenen Ehe werden im RefE nun Folgen und Heilungsmöglichkeiten in einem neu formulierten § 1305 BGB-E vorgestellt.
Nach dessen Abs. 1 bezieht sich die geplante Folgeregelung nicht nur auf unwirksame ausländische Minderjährigenehen, sondern auch auf die in Deutschland vorgesehene Nichtigkeit einer Ehe gemäß § 1303 S. 2 BGB.
Demnach sollen nicht rechtswirksam miteinander verheiratete Personen entsprechend dem geltenden Eherecht zum Unterhalt verpflichtet sein, wenn sie wie in einer ehelichen Gemeinschaft zusammenleben. Leben sie getrennt, jedoch noch nicht länger als drei Jahre, sollen die Vorschriften über Unterhaltsverpflichtungen bei Getrenntleben von Ehegatten ebenfalls entsprechend angewendet werden. Leben sie seit mehr als drei Jahren getrennt, greift der RefE auf die Verpflichtung zur Zahlung nachehelichen Unterhalts einschließlich des Grundsatzes der Eigenverantwortung, aber zentral auf die Unterhaltstatbestände der §§ 1570 ff. BGB zu.
Für nichtige Ehen führt das zu einem rechtlichen Novum, denn aus einer Nichtigkeit sollen wie bei einer rechtswirksamen Ehe Unterhaltsverpflichtungen bzw. Unterhaltsforderungen resultieren. Hierbei kommt es auf die Hintergründe der ausländischen Ehe nicht an: Kulturelle Besonderheiten, Elternschaft, aber auch Druck oder gar Zwang sind für die im RefE vorgeschlagenen Rechtsfolgen bedeutungslos. Eine Einzelfallorientierung unterbleibt, stattdessen werden zwei Personen, womöglich nicht einmal als Paar zusammenleben, unterhaltsrechtlich wie Ehepartner behandelt.
Zugleich wird der Schutz hierauf beschränkt; eine Regelung bezogen auf die Ehewohnung wie sonst bei Aufhebung einer Ehe (§ 1318 Abs. 4 BGB) findet sich nicht.
Nicht geregelt ist im RefE, wie bei einer Nichtigkeit mit den abstammungsrechtlichen Zuordnungen zum Vater umgegangen werden soll. Aufgrund einer nichtigen Ehe gilt dieser nicht als Vater eines von einer nicht wirksam verheirateten Frau (in Deutschland) zur Welt gebrachten Kindes. Notwendig ist also in jedem Fall, dass der Vater seine Vaterschaft mit Zustimmung der Mutter anerkennt oder einen gerichtlichen Feststellungsantrag stellt.
Eine Heilung ist dann vorgesehen, wenn durch eine Erklärung (der bei Eheschließung noch nicht 16 Jahren alten Mutter) gegenüber dem Standesamt die Fortsetzung der Ehe über die Volljährigkeit hinaus beurkundet wird. In diesem Fall soll rückwirkend ein Kind zum ehelichen Kind werden. Bis dahin bleibt die zweite Elternstelle unbesetzt.
Diese abstammungsrechtlichen Folgen sind bedenklich. Der Mutter steht z.B. die Möglichkeit zu, trotz bekannter Elternschaft des (Nicht-)Ehemannes die Elternschaft einer anderen Person mit ihrer Zustimmung gemäß §§ 1592 Nr. 2, 1595 BGB einzurichten.
Fraglich ist auch der Elternstatus, wenn in einer Minderjährigenehe nach Einreise in die Bundesrepublik bereits ein Kind vorhanden ist: Infolge der unwirksamen Ehe könnte bei einer Trennung nach Einreise in die Bundesrepublik die Mutter ebenfalls eine Vaterschaft installieren, was in Unkenntnis der Unwirksamkeit der Ehe und damit statusrechtlichen Zuordnung für den (Nicht-)Ehemann nicht zu verhindern wäre. Ob eine insoweit akzeptable elternschaftliche Zuordnung, zumindest abstammungsrechtlich, bei einer Einreise in die Bundesrepublik unabhängig von der Nichtigkeit der Ehe anerkannt werden könnte, regelt der RefE nicht.
Ein weiteres Problem entsteht, wenn der Ehemann z.B. nach Trennung in Deutschland ahnt, dass er nicht genetischer Vater des Kindes ist. Ihm wäre nach aktueller Rechtslage ein statusunabhängiges Verfahren zur Überprüfung der genetischen Abstammung gemäß § 1598a BGB untersagt, da er insofern nicht Vater des Kindes ist.
Er gilt in seinem Heimatstaat gegebenenfalls aber als rechtlicher Vater und müsste gegebenenfalls dort eine Überprüfung im Hinblick auf den Status durchführen. Klarstellend könnte in Deutschland ein Feststellungsverfahren gem. § 169 FamFG geführt werden, da der (Nicht-)Ehemann aufgrund nichtiger Ehe kein Elternteil des Kindes ist. Oder er könnte ein Feststellungsverfahren nach §§ 1592 Nr. 3, 1600d BGB in Erwägung ziehen. Ist er indes nicht genetischer Vater, würde er nicht zur Elternstelle, erhielte kein Sorgerecht – müsste dann aber auch keinen Kindesunterhalt zahlen. Unterhalt aus Anlass der Geburt schuldete er ebenfalls nicht. Für Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB, der u.a. entsprechend angewendet werden soll (§ 1305 Abs. 1 Nr....