Von zentraler Bedeutung für den möglichen Einsatz von Videokonferenzen im familiengerichtlichen Verfahren ist die umstrittene Frage, ob auf diesem Wege eine "persönliche Anhörung" erfolgen kann. Verneint man das, kann das Gericht so weder die Anhörung zu den Scheidungsvoraussetzungen in Ehesachen durchführen noch diesen Weg der Kommunikation in denjenigen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit einsetzen, die eine persönliche Anhörung erfordern (z.B. Kindschaftssachen, Gewaltschutzsachen etc.). § 34 FamFG setzt die persönliche Anhörung begrifflich voraus, ohne sie zu definieren oder Hinweise auf mögliche Voraussetzungen zu geben; abgegrenzt wird sie in erster Linie von der schriftlichen Anhörung, und auch eine telefonische Anhörung wird zu Recht nicht als "persönlich" angesehen.
Nach hier vertretener Ansicht kann eine persönliche Anhörung auch nach derzeitiger Rechtslage im Wege der Bild- und Tonübertragung stattfinden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls geeignet ist, dem Gericht einen für die jeweilige Entscheidung ausreichenden Eindruck zu verschaffen. Zutreffend geht deshalb auch das OLG Celle in einer aktuellen Entscheidung selbstverständlich davon aus, dass eine persönliche Anhörung auf diesem Wege möglich ist. Für Ehesachen ist dem AG Darmstadt darin zuzustimmen, dass die Anhörung der Ehegatten zur Scheidung in der Regel per Videokonferenz erfolgen können wird, zumal gegenüber dem der Entscheidung zugrunde liegenden Stand der Technik gerade in den letzten Jahren ein erheblicher Fortschritt zu verzeichnen ist. Selbstverständlich sind – gerade bei streitigen Scheidungen – auch insoweit Ausnahmen denkbar.
Der Streit über die Auslegung des Merkmals "persönliche Anhörung" wird sich durch die geplante Gesetzesänderung zum Teil erübrigen. Der aktuelle Regierungsentwurf enthält in § 34 Abs. 4 S. 1 FamFG-E folgende geplante Regelung: "Im Anwendungsbereich des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht in geeigneten Fällen die persönliche Anhörung eines Beteiligten per Bild- und Tonübertragung in entsprechender Anwendung des § 128a der Zivilprozessordnung gestatten oder anordnen." Diese Änderung ist grundsätzlich zu begrüßen, wobei allerdings unverständlich ist, weshalb die persönliche Anhörung per Bild- und Tonübertragung auf die Fälle des § 34 Abs. 1 Nr. 1 FamFG (Ermessensentscheidung bei persönlicher Anhörung zur Wahrung rechtlichen Gehörs) beschränkt bleiben und nicht auch in Fällen des § 34 Abs. 1 Nr. 2 FamFG gestatten sein soll, also bei der gesetzlich vorgeschriebenen persönlichen Anhörung. Die Einschränkung "in geeigneten Fällen" reicht völlig aus, um den Anwendungsbereich der Norm im notwendigen Maß zu beschränken, so dass durch Streichung der Formulierung "Nummer 1" in § 34 Abs. 4 S. 1 FamFG-E eine sachgerechtere Regelung erreichbar wäre.