Wie vorstehend (III.2.) angedeutet sind sich im Verlaufe der Zeit verändernde Bewertungen des verfassungsrechtlichen Schutzes von unterschiedlichen Paarbeziehungen (etwa verschiedengeschlechtlich/gleichgeschlechtlich oder rechtlich geregelt/rechtlich ungeregelt) nicht allein auf die Paarbeziehung beschränkt geblieben, sondern haben sich auf das Zusammenleben des Paares mit weiteren Personen, insbesondere mit Kindern mit verwandtschaftlichen Beziehung nur zu einem Partner oder einer Partnerin, ausgewirkt. Das Vorkommen von häufig sogenannten Patchworkfamilien, die sich von dem überkommenen Familienmodell aus miteinander verheirateten, verschiedengeschlechtlichen Eltern und ihren ehelichen Kindern (vgl. für das Fachrecht exemplarisch § 1592 Nr. 1 BGB zur Begründung rechtlicher Vaterschaft des mit der Mutter verheirateten Mannes) unterscheiden, ist seit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes nicht ohne Einfluss auf das Verständnis des verfassungsrechtlichen Schutzes von Familien geblieben. Verdeutlichen lassen sich diese Entwicklungen etwa an zwei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, die jeweils fachrechtliche Regelungen zur Adoption von Kindern eines Partners bzw. einer Partnerin in nicht ehelichen Paarbeziehungen betrafen.
1. Familie i.S.v. Art. 6 Abs. 1 GG und die Sukzessivadoption
Aufgeworfen war durch die dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19.2.2013 zugrundeliegende fachrechtliche Rechtslage unter anderem die Frage, ob eine aus zwei eingetragenen Lebenspartnern und dem leiblichen oder angenommenen Kind eines der Partner bestehende sozial-familiäre Beziehung in den Schutzbereich des Familiengrundrechts aus Art. 6 Abs. 1 GG fällt. Fachrechtlich war es nach der damaligen Rechtslage möglich, dass der eine Partner der eingetragenen Lebenspartnerschaft zwar das leibliche Kind des anderen Partners adoptiert, ausgeschlossen war aber eine Annahme eines zuvor von dem anderen Partner adoptierten Kindes. Diese Sukzessivadoption war ausschließlich Eheleuten vorbehalten. Außer der auf der Hand liegenden gleichheitsrechtlichen Frage nach tragfähigen Sachgründen für die Differenzierung (Art. 3 Abs. 1 GG) kann der Ausschluss der Sukzessivadoption durch eingetragene Lebenspartner ersichtlich auch den Schutzbereich von Art. 6 Abs. 1 GG jedenfalls dann berühren, wenn die Lebenspartner mit dem betroffenen angenommenen Kind tatsächlich in einer sozial-familiären Beziehung leben. Die auf die Reichweite des verfassungsrechtlichen Schutzes von Familien durch Art. 6 Abs. 1 GG bezogenen Ausführungen sind unter dem Blickwinkel der Veränderungen des Verfassungsverständnisses im Verlaufe von 75 Jahren Geltung des Grundgesetzes unter zwei Gesichtspunkten von besonderem Interesse; zum einen im Hinblick auf die Ablösung des Schutzes der Familie vom Schutz der Ehe (a) sowie zum anderen im Hinblick auf das Verhältnis von Familienschutz (Art. 6 Abs. 1 GG) und des in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten Elternrechts (b).
a) Das bei Schaffung des Grundgesetzes mindestens ganz überwiegende Verständnis dürfte, ohne hier der verfassungshistorischen Entwicklung im Einzelnen nachgehen zu können, durch eine enge Verknüpfung von Ehe- und Familienschutz gekennzeichnet gewesen sein. Deutlichen Ausdruck fand dieses hier als enge Verknüpfung gekennzeichnete Verständnis etwa in dem (zeitlich letzten) von der CDU/CSU im Parlamentarischen Rat vorgelegten Antrag zur Formulierung des nunmehr durch Art. 6 Abs. 1 GG gewährleisteten Ehe- und Familienschutzes:
Zitat
"Die Ehe als die rechtmäßige Form der dauernden Lebensgemeinschaft von Mann und Frau und die sich aus ihr entfaltende Familie sowie die aus der Ehe und der Zugehörigkeit zur Familie fließenden Rechte stehen unter dem besonderen Schutze der Gemeinschaft."
Die weiteren Beratungen in den verschiedenen Ausschüssen des Parlamentarischen Rates bieten ungeachtet des davon abweichenden Wortlauts des jetzigen Art. 6 Abs. 1 GG keine Anhaltspunkte dafür, dass mit der schlankeren, die Verknüpfung von Ehe und Familie nicht ausdrücklich benennenden Formulierung eine Abkehr von der Verbindung beider erfolgen sollte. Von einer solchen Verknüpfung hat sich das Bundesverfassungsgericht in der Auslegung von Art. 6 Abs. 1 GG allerdings mittlerweile deutlich abgesetzt. Der in Art. 6 Abs. 1 GG verwendete Familienbegriff sei nicht auf "prinzipiell ehefähige Partnerschaften" beschränkt, sondern erstrecke sich auch auf die nichteheliche Familie einschließlich gleichgeschlechtlicher Partnerschaften, die mit einem Kind in einer faktischen Eltern-Kind-Beziehung lebten. Bestehe eine solche Beziehung, stehe sie unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG. Die Verweigerung des Schutzes in solchen Konstellationen widerspräche dem Sinn dieses Grundrechts, der auf den Schutz der sozialen Familiengemeinschaft gerichtet sei. Das Bundesverfassungsgericht betont in diesem Zusammenhang den Gleichklang seiner Rechtsprechung zu Art. 6 Abs. 1 GG mit derjenigen des Europäischen Gerichtshofs für Menschrechte zu Art. 8 Abs. 1 EMRK, der unter Bezugnahme auf veränderte Verhältn...