Fälle der substanziellen Mitbetreuung soll das Gesetz zukünftig unter dem Begriff des asymmetrischen Wechselmodells zusammenfassen. Das Unterhaltsrecht kennt damit zukünftig drei verschiedene Betreuungsmodelle, an die jeweils unterschiedliche Berechnungsmodelle anknüpfen: das Residenzmodell, das asymmetrische Wechselmodell und das symmetrische Wechselmodell. Die bislang praktizierte Unterhaltsberechnung im Residenzmodell ebenso wie die im symmetrischen Wechselmodell möchte das BMJ nicht verändern, sondern schlägt nur ein gesondertes Rechenmodell für die Betreuung im asymmetrischen Wechselmodell vor.
Ein asymmetrisches Wechselmodell liegt nach dem Eckpunktepapier immer dann vor, wenn sich der andere Elternteil mit einem Anteil zwischen 30 % und 49 % an der Betreuung des Kindes beteiligt. Zur Ermittlung der Betreuungsanteile soll es auf die Anzahl der Übernachtungen ankommen. Nur dann, wenn sich die Anzahl der Übernachtungen als im Einzelfall untaugliches Beurteilungskriterium erweist, sollen auch andere Umstände herangezogen werden können. Das Eckpunktepapier nennt hier beispielsweise die Übernahme der Betreuung des Kindes bei Krankheit, die Organisation der Freizeit, die Wahrnehmung von Terminen in der Schule oder beim Arzt.
Dies weicht von der bisherigen Praxis ab, die schon jetzt die Betreuung im Residenzmodell von der im symmetrischen Wechselmodell abgrenzen muss. Bisher erfolgte diese Abgrenzung nach Maßgabe der konkreten regelmäßigen Betreuungszeiten insgesamt, also unter Einschluss der Tages- und Nachtzeiten und damit oftmals stundengenau. Das geplante Abstellen auf die Anzahl der Übernachtungen stellt vor diesem Hintergrund eine durchaus begrüßenswerte Vereinfachung dar. Das Abstellen auch auf die Tagesbetreuungszeiten bereitete nämlich oftmals Schwierigkeiten, soweit es um die Zuordnung von Fremdbetreuungszeiten in Schule oder Kita ging. Auch die mitunter sehr kleinteilige stundengenaue Erfassung führte zu einer übermäßigen Aufblähung des Streitstoffes. Durch die vorgesehene Möglichkeit, im Einzelfall auch andere Kriterien heranzuziehen, bleibt zudem die notwendige Flexibilität erhalten.
Zur Veranschaulichung sind dem Eckpunktepapier als Anlage 1 verschiedene Beispiele beigefügt, aus denen sich entnehmen lässt, bis zu welchem Umfang der Betreuung noch das Residenzmodel und ab wann schon eine Betreuung im asymmetrischen Wechselmodell vorliegen soll.
Ausgangspunkt der Beispiele ist jeweils, dass die gesetzlichen Schulferien jährlich 14 Wochen betragen und zwischen den Eltern hälftig geteilt werden, d.h. jeder Elternteil betreut die Kinder während 7 Wochen Schulferien. Das entspricht 7 × 7 = 49 Nächten. Sofern in einzelnen Bundesländern kürzere Ferienzeiten gelten, führt dies – solange die Ferien hälftig geteilt werden – zu keinen abweichenden Ergebnissen.
Sodann enthält die Anlage folgende Betreuungsbeispiele:
Aufteilung der Betreuung zwischen den Ferien |
Anzahl der Nächte zusätzlich zu den Ferien |
Prozentualer Betreuungsanteile |
Jedes 2. Wochenende von Freitag bis Sonntag |
19 Wochenenden à 2 Nächte = 38 Nächte |
49 + 38 = 87/365 = 0,238 oder ~ 24 % |
Jedes 2. Wochenende von Freitag bis Montag oder Freitag bis Sonntag + eine Nacht in der dazwischenliegenden Woche |
19 Wochenenden à 3 Nächte oder 19 Wochenenden à 2 Nächte + 19 Wochen à 1 Nacht = 57 Nächte |
49 + 57 = 106/365 = 0,29 oder 29 % |
Jedes 2. Wochenende von Freitag bis Sonntag und zwei Nächte in der dazwischenliegenden Woche |
19 Wochenenden à 2 Nächte + 19 Wochen à 2 Nächte = 76 Nächte |
49 + 76 = 125/365 = 34 % |
Jede 2. Woche Freitag bis Mittwoch + die letzten 2 Schultage vor den Sommerferien |
Sommerferien 19 Wochen à 5 Nächte = 97 Nächte |
49 + 97 = 146/365 = 0,4 oder 40 % |
Jede 2. Woche Freitag bis Donnerstag |
19 Wochen à 6 Nächte = 114 Nächte |
49 + 114 = 163/365 = 0,446 oder ~ 45 % |
Die angedachten Schwellenwerte sind überdenkenswert. Das Eckpunktepapier geht davon aus, dass ein symmetrisches Wechselmodell erst ab einer Betreuung von 50 % zu 50 % vorliegt. Dies erscheint zu eng. Zwar entspricht es der überwiegenden Auffassung, dass bei einer Betreuungsquote von bis zu 45 % zu 55 % ohne Vorliegen besonderer Umstände noch kein symmetrisches Wechselmodell anzunehmen ist. Ab einer Betreuung von mehr als 45 % sollte aber die Annahme eines symmetrischen Wechselmodells zumindest möglich sein, so dass der Schwellenwert auf bis 45 % herabgesenkt werden sollte. Die vom Eckpunktepapier mit 30 % gezogene Untergrenze erscheint demgegenüber zu weit. Das 3. Beispiel der Anlage 1, bei dem das Kind jede Woche zwei Nächte bei dem anderen Elternteil verbringt, bewegt sich eher noch am oberen Rand eines gewöhnlichen Umgangs. Angemessener erscheint es daher, die Untergrenze für das asymmetrische Wechselmodell bei 35 % zu ziehen. Vorgeschlagen wird daher, bis zu 34 % von einer Betreuung im Residenzmodell auszugehen, ab einer Betreuung von 35 % bis 45 % ein asymmetrisches Wechselmodell anzunehmen und ab 46 % von einem symmetrischen Wechselmodell auszugehen.