Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung ausstehender Einlagen im Rahmen der Ermittlung des Vermögensanteils i.S. des § 6 Abs. 2 GrEStG
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Vermögensanteil i.S. des § 6 Abs. 2 Satz 1 GrEStG ist die verhältnismäßige (prozentuale) Beteiligung an dem nach einer besonderen Vermögensaufstellung auf den maßgeblichen Stichtag ermittelten Reinvermögen der Gesellschaft. Der Anteil ist nicht identisch mit dem Anteil am Gesellschaftsvermögen i.S. des § 719 Abs. 1 BGB und bemisst sich weder nach der dinglichen Zuordnung im Rahmen der Gesamthandsberechtigung noch nach dem gesetzlichen oder vereinbarten Anteil an Gewinn und Verlust.
2. Leistet ein Gesellschafter seine gesellschaftsrechtlich vereinbarte Einlage nicht, vermindert sich danach sein Anteil am Vermögen i.S. des § 6 Abs. 2 Satz 1 GrEStG.
Normenkette
GrEStG § 6 Abs. 2; BGB §§ 718-719, 722, 738; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1
Tenor
Die Vollziehung des Grunderwerbsteuerbescheides vom 27.06.2006 wird mit Wirkung vom 12.07.2006 aufgehoben und bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe einer Entscheidung über die Klage vom 28.09.2006 – 11 K 1378/06 B – ausgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
Tatbestand
I.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 03.05.2002 – URNr. …, Notar F. – erwarben der Antragsteller sowie D., handelnd in Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), von Frau K. das Eigentum an dem im Grundbuch von B. eingetragenen Grundstücks B. Der Kaufpreis betrug 660.000,– EUR. In § 5 wurde festgehalten, dass dem Käufer sämtliche Mietverträge bekannt sind. Im Grundbuch eingetragen wurden am 03.03.2003 der Antragsteller sowie Herr D. „als BGB-Gesellschafter”.
Am 17.06.2005 ging bei dem Finanzamt H. die nicht unterzeichnete Feststellungserklärung 2002 für die GbR ein, in der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von (43.532,– EUR Mieteinnahmen für Wohnungen ./. 38.093,– EUR Werbungskosten =) 5.439,– EUR erklärt wurden. Dem Antragsteller wurden 70 % der Einkünfte und Herrn D. 30 % der Einkünfte zugerechnet.
In einem Feststellungsbescheid für 2003 vom 19.09.2005 des Finanzamtes H. für die GbR wurden die Einkünfte in Höhe von ./. 22.554,57 EUR zu 100 % dem Antragsteller und zu 0 % Herrn D. zugerechnet.
Bereits am 24.08.2005 hatten der Antragsteller und Herr D. einen „Vergleich … zur Herstellung des Rechtsfriedens und zur Erledigung der in Rede stehenden Ansprüche” geschlossen. Darin trafen sie eine Auseinandersetzungsvereinbarung des Inhaltes, dass der Antragsteller Herrn D. von sämtlichen Verpflichtungen und Forderungen der GbR freistellte und dieser auf sämtliche Ansprüche gegenüber der GbR verzichtete und erklärte, dass er hiermit aus der GbR ausgeschieden sei. Der Antragsteller erklärte, die GbR werde von ihm als Einzel-GbR weitergeführt. Des Weiteren verpflichteten sich Herr D. zum Verlassen der von ihm genutzten Wohnräume B. in B., und der Antragsteller zur Auskehr einer Umzugshilfe in Höhe von 5.000,– EUR sowie zur Übernahme der Notar- und Grundbuchkosten. Auf eine Anfechtung oder einen Widerruf des Vergleichs wegen Formmangels verzichteten die Beteiligten.
Am 30.08.2005 ließen der Antragsteller und Herr D. eine Grundbuchberichtigungsbewilligung notariell beurkunden – URNr. …, Notar P. Als Grundlage wurde das Ausscheiden des Herrn D. aus der GbR unter Übertragung seiner Gesellschaftsanteile auf den Antragsteller angegeben. Der Verkehrswert des Grundstücks wurde mit 660.000,– EUR beziffert; von der Änderung seien 30 % der Gesellschaftsanteile betroffen.
Auf Anfrage des Antragsgegners über die Entwicklung der Beteiligungsverhältnisse der GbR teilte der Antragsteller mit Schreiben vom 03.01.2006 mit, der Kaufpreis für das Grundstück sei allein von ihm aufgebracht worden. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag liege nicht vor. Es sei vorgesehen gewesen, dass er und Herr D. entsprechend ihrer Einlage hätten beteiligt sein sollen. Letzterer habe nie eine Einlage geleistet und sei daher mit einer Quote von 0,– EUR am Vermögen der GbR beteiligt gewesen. Mit Schreiben vom 31.01.2006 führte er weiter aus, es sei eine Beteiligungsquote des Herrn D. von 30 % vorgesehen gewesen. Da dieser nie eine Einlage erbracht habe, sei die GbR nicht zustande gekommen und er alleiniger Eigentümer gewesen.
An das Finanzamt W. – Bewertungsstelle – richtete der Antragsgegner am 19.06.2006 die Bitte, eine Bedarfsbewertung auf den 30.08.2005 für die Grunderwerbsteuer gemäß § 138 Abs. 5 Bewertungsgesetz (BewG) vorzunehmen.
Mit Bescheid vom 27.06.2006 setzte er für den Antragsteller als Gesamtrechtsnachfolger der GbR gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) in Höhe von 11.550,– EUR Grunderwerbsteuer für den Erwerb des Grundbesitzes von der GbR durch „Anwachsung vom 30.08.2005” fest. Als Bemessungsgrundlage legte er den Grundbesitzwert in Höhe von 660.000,– EUR zugrunde, wobei 50 % der sich ergebenden Steuer gemäß § 6 Abs. 2 GrEStG nicht erhoben wurden. Bei einer zweigliedrigen GbR ohne schriftlichen Gesellschaftsve...