Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung der Arbeitgeberanteile bei der Berechnung der als Sonderausgaben abziehbaren Vorsorgeaufwendungen für sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer ab 2005 verfassungskonform
Leitsatz (redaktionell)
1. Es ist nicht verfassungswidrig, dass bei einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer die Arbeitgeberbeiträge gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG i.d.F. des Alterseinkünftegesetzes ab dem Veranlagungszeitraum 2005 in die Höchstbetragsberechnungen gem. § 10 Abs. 3 und § 10 Abs. 4 EStG einbezogen werden; diese Einbeziehung der Arbeitgeberanteile bei den Vorsorgeaufwendungen stellt auch keine nachträgliche Besteuerung dieser nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei zu belassenden Beträge dar.
2. Auch der Umstand, dass sich nach § 10 Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG der gemeinsame Höchstbetrag für verheiratete Steuerpflichtige lediglich aus der Summe der jeweiligen Höchstbeträge zusammensetzt und die Höchstbeträge nicht wie bei § 10 Abs. 3 Satz 2 EStG verdoppelt und gemeinsam ermittelt werden, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Normenkette
EStG 2005 § 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 Buchst. a, S. 2, Abs. 3 Sätze 1-5, Abs. 4 Sätze 1-2, Abs. 4a, § 3 Nr. 62; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden und beide Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit beziehen. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2005 machten die Kläger die Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Rentenversicherung des Klägers in Höhe von 1.915 EUR und der Klägerin in Höhe von 3.209 EUR sowie übrige gesetzliche Sozialversicherungsbeiträge zur Krankenversicherung, Pflegeversicherung und Arbeitslosenversicherung des Klägers in Höhe von 2.283 EUR und der Klägerin in Höhe von 3.750 EUR als Vorsorgeaufwendungen geltend. Von diesen Vorsorgeaufwendungen berücksichtigte der Beklagte folgende Beträge:
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Kläger |
Klägerin |
Gesamt |
Arbeitnehmeranteile gesetzliche Rentenversicherung |
1.915 |
3.209 |
5.124 |
zuzüglich Arbeitgeberanteil |
1.915 |
3.209 |
5.124 |
Beitragssumme |
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10.248 |
davon 60% |
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6.149 |
abzüglich Arbeitgeberanteil |
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5.124 |
berücksichtigungsfähige Aufwendungen |
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1.025 |
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sonstige Vorsorgeaufwendungen |
2.283 |
3.750 |
6.033 |
Höchstbetrag |
1.500 |
1.500 |
3.000 |
gesamte berücksichtigungsfähige Aufwendungen |
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4.025 |
und setzte mit Bescheid vom 22. März 2006 die Einkommensteuer für das Jahr 2005 auf 6.905,00 EUR fest. Der Bescheid erging nach § 165 Abs. 1 S. 2 Abgabenordnung – AO – teilweise vorläufig, wobei in den Erläuterungen zur Festsetzung hierzu ausgeführt ist, dass die Festsetzung der Einkommensteuer im Hinblick auf vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG), dem Bundesfinanzhof (BFH) bzw. dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) anhängige Verfahren hinsichtlich der beschränkten Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3, 4, 4 a Einkommensteuergesetz – EStG –) vorläufig ist.
Mit ihrem fristgerecht erhobenen Einspruch machten die Kläger geltend, dass die beschränkte Abziehbarkeit der Vorsorgeaufwendungen gemäß § 10 Abs. 3 und Abs. 4 EStG in der für das Streitjahr 2005 geltenden Fassung nicht verfassungsgemäß sei. Der Gesetzgeber habe die Vorgaben des BVerfG ignoriert. Insbesondere die Einbeziehung der Arbeitgeberanteile zu den Vorsorgeaufwendungen stelle eine nachträgliche Besteuerung der nicht steuerbaren Arbeitgeberanteile dar. Den Klägern stünden daher insgesamt 60% der Arbeitnehmeranteile der Altersvorsorgeaufwendungen, mithin weitere 2.049 EUR, sowie übrige Vorsorgeaufwendungen in voller Höhe, mithin weitere 3.033 EUR zu. Ihr Einspruch sei zulässig, da der im Einkommensteuerbescheid enthaltene Vorläufigkeitsvermerk zur Verfassungsmäßigkeit der beschränkten Abziehbarkeit der Vorsorgeaufwendungen keinen ausreichenden Rechtsschutz gewährleiste. Die Verfahren seien bereits seit 2003 anhängig und könnten nicht das Alterseinkünftegesetz – AltEinkG – zum Gegenstand haben.
Mit Einspruchsentscheidung vom 24. August 2006 wies der Beklagte den Einspruch als unzulässig zurück. Zur Begründung führte er aus, dass es für den Einspruch kein Rechtsschutzinteresse gebe, da das BVerfG über die aufgeworfenen Rechtsfragen in den bereits anhängigen Verfahren abschließend entscheiden und gegebenenfalls dem Gesetzgeber die Schaffung einer Neuregelung aufgeben werde. Es sei unerheblich, dass sich die anhängigen Verfassungsfragen auf ein früheres Streitjahr beziehen würden. Auch das Argument, dass sich die anhängigen Verfahren nicht mit dem AltEinkG befassen würden, greife nicht, da das AltEinkG mangels Rentenzufluss im Streitjahr bei den Klägern keine Anwendung finde.
Mit ihrer hiergegen fristgerecht erhobenen Klage machen die Kläger geltend, dass es ihnen keineswegs am Rechtsschutzinteresse mangele. Die derze...