Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldzahlung bei mehreren Kindergeldberechtigten
Leitsatz (redaktionell)
- Unterhaltsrenten i.S.d. Konkurrenzregelung für den Kindergeldanspruch bei mehreren Berechtigten sind lediglich mit einer gewissen Regelmäßigkeiten laufend und gleichmäßig gezahlte Geldleistungen.
- Naturalleistungen erfüllen diese Voraussetzungen ebenso wenig wie einmalige oder gelegentliche finanzielle Zuwendungen, die nicht den Charakter von Vorauszahlungen auf laufende Unterhaltsleistungen haben.
- Die Weiterleitung laufender Unterhaltszahlungen durch das Jugendamt ist demgegenüber unschädlich.
Normenkette
EStG § 64 Abs. 1, 2 S. 1, Abs. 3 Sätze 1-2; BGB § 1612 Abs. 1
Streitjahr(e)
2001, 2002
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin ist alleinerziehende Mutter der am 25. Juli 1984 geborenen „I”. Der leibliche Vater des Kindes lebt ebenfalls in der Bundesrepublik Deutschland.
Das Kind der Klägerin lebt seit dem 1. September 1998 - bis Anfang 2001 zusammen mit der Klägerin - auf dem Gut „J” in „C” bei der Familie „B”.
Nach ihrem Eintritt in den öffentlichen Dienst beantragte die Klägerin unter dem 13. Juni 2000 beim Beklagten die Gewährung von Kindergeld; die Kindergeldzahlung wurde in der Folgezeit aufgenommen.
Unter dem 30. September 2001 beantragte Frau „B.” beim Arbeitsamt „G” die Gewährung von Kindergeld für die Tochter der Klägerin.
Zur Begründung machte sie folgende Angaben: Sie habe das Kind am 1. September 1998 in ihren Haushalt aufgenommen. Das Kind solle auf unbestimmte Dauer in ihrer Obhut verbleiben. Sie versorge das Kind ganztägig und durchgehend an allen Wochentagen. Das Jugendamt „Q” habe am 29. Juni 2001 eine Pflegeerlaubnis erteilt. Sie erhalte für das Kind kein Pflegegeld, weil am 29. Juni 2001 ausschließlich das Aufenthaltsbestimmungsrecht an das Jugendamt gegangen sei. Ab dem 1. September 1998 bis zum 1. Februar 2001 habe sie von der Mutter des Kindes monatlich einen Betrag zwischen 600 DM und 700 DM erhalten. Seitdem bekomme sie jedoch gar nichts mehr.
Dem beigefügt war eine Bescheinigung gemäß § 44 Abs. 1 Kinder- und Jugendhilfegesetz -KJHG- des Landkreises „Q” vom 27. September 2001. Darin wird bescheinigt, dass das Kind „I” „seit dem Jahr 1998 in der Pflegestelle „B” voraussichtlich dauernd als Pflegekind betreut” wird.
Desweiteren war dem Antrag beigefügt ein Beschluss des Amtsgerichts „G” vom 29. Juni 2001, mit dem das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind „I” vorläufig dem Jugendamt des Landkreises „Q” übertragen wurde.
In den Gründen des Beschlusses heißt es: „Das betroffene Kind lebt seit mehr als zwei Jahren im Hause „B” und besucht von dort aus das „T-"Gymnasium in „G”. Die Kindesmutter hat diesen Aufenthalt in die Wege geleitet. Sie ist in der vergangenen Zeit ihren beruflichen Verpflichtungen nachgekommen und hat gelegentlich ebenfalls in der Wohnung der Familie „B” gelebt, allerdings meist vorübergehend. Seitdem sie krankgeschrieben ist, hat sie sich im Jahre 2001 längere Zeit in der Wohnung der Familie „B” aufgehalten. Dies war u. a. Anlass zu ständigen Auseinandersetzungen. Zwischen der betroffenen Tochter und der Kindesmutter ist es über die Frage, wo das Kind zukünftig im 11. Schuljahr seinen Aufenthalt nehmen wird, zum Streit gekommen. Die Betroffene will die 11. Klasse des „T-"Gymnasiums absolvieren und weiterhin bei der Familie „B” wohnen bleiben. Die Kindesmutter wünscht, dass die Betroffene die Schule verlässt und für ein Jahr einen Auslandsaufenthalt absolviert.”
Mit Schreiben vom 3. Januar 2002 teilte das Arbeitsamt „G” dem Beklagten mit, dass das Kind „I” bei dem Pflegevater lebe und somit ein vorrangiger Anspruch gemäß § 64 Abs. 2 Einkommensteuergesetz -EStG- bestehe. Es sei beabsichtigt, ab Juli 2001 Herrn „B” das Kindergeld für das Kind zu zahlen.
Mit Bescheid vom 18. Januar 2002 hob der Beklagte mit Wirkung vom 1. Juli 2001 die Festsetzung des Kindergeldes für das Kind „I” gemäß § 70 Abs. 2 EStG auf. Die laufende Zahlung wurde ab dem 1. Februar 2002 eingestellt. Außerdem forderte der Beklagte zu viel gezahltes Kindergeld in Höhe von insgesamt 985 ( zurück.
Mit Schreiben vom 23. Januar 2002 machte die Klägerin folgendes geltend:
Sie habe mit ihrer Tochter von 1984 bis 1991 in „H”, von 1991 bis 1998 in „D” und von 1998 bis 2001 in „J” im Hause „B” zur Miete gewohnt. Nach der Kündigung des letztgenannten Mietverhältnisses und ihrer Verweisung aus dem Haus Graf „B” am 27. März 2001 durch die Gräfin habe sie mit ihrer Tochter wieder kurz in „D”, dann in „X (USA)” und schließlich in einer gemeinsamen Wohnung in „G” gelebt. Dort sei ihre Tochter im Mai 2001 ausgezogen, um - bis ca. Juni 2001 - bei einer Schulfreundin zu übernachten. Am 30. Juni 2001 sei die Tochter mit den Eheleuten Graf „B” in Urlaub nach Italien gefahren. Nach der Rückkehr aus dem Urlaub habe sie beschlossen, bei den Eheleuten „B” bleiben zu wollen, wo sie sich seitdem befinde.
Dies sei gegen ihren Willen und ihre Planung geschehen. Sie habe ...