Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit dinglicher Arreste
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Anordnung eines dinglichen Arrestes ist zulässig, wenn zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass die Aufbewahrung eines Geldbetrags des Stpfl. in einem Bankschließfach eines Dritten allein dem Zweck dient, es dem Vollstreckungszugriff zu entziehen.
2) Die Finanzbehörden haben ein Wahlrecht, ob sie bei Vorliegen eines Arrestanspruchs sowie eines Arrestgrundes nach den §§ 111b ff. StPO oder nach §§ 324, 325 AO vorgehen.
3) Eine zunächst erfolgte Anordnung des strafprozessualen dinglichen Arrestes schließt die Anordnung eines späteren dinglichen Arrestes nach § 324 AO nicht aus.
Normenkette
StPO § 111b; AnfG §§ 3-4; AO § 324
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der vom Beklagten gegen die Klägerin erlassenen Anordnung des dinglichen Arrestes gemäß § 324 AO vom 02.12.2014 streitig.
Die Klägerin ist die Schwägerin des Taxiunternehmers A, der als Gesellschafter der B & A GbR Taxiunternehmen (B & A GbR) im Verdacht steht, Steuern hinterzogen zu haben. Ihr Ehemann und Bruder des Herrn A ist am ….2008 verstorben. Die Firma B & A GbR schuldet dem Land Nordrhein-Westfalen Steuerbeträge i. H. v. von derzeit ca. 300.000 € allein aus Umsatzsteuerfestsetzungen sowie Lohnsteuerhaftungsinanspruchnahme, ohne Berücksichtigung der Gewerbesteuerverbindlichkeiten. Die hiergegen gerichteten Klageverfahren der B & A GbR werden beim erkennenden Senat zu den Aktenzeichen 3 K 38/15 und 3 K 39/15 geführt. Vollstreckungsversuche des Beklagten gegen die B & A GbR sowie den Zeugen A verliefen erfolglos.
Die Gesellschafter der B & A GbR, Herr A und Herr B, sind zwischenzeitlich wegen dieses Sachverhaltes am ….2017 vom Amtsgericht D (Aktz.: 1) wegen gemeinschaftlicher Steuerhinterziehung in … Fällen und selbständiger Steuerhinterziehung in jeweils … Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von jeweils … Jahren kostenpflichtig und rechtskräftig verurteilt worden; die Strafe wurde mit Beschluss des Amtsgerichts D vom gleichen Tage für … Jahre zur Bewährung ausgesetzt.
Die Klägerin mietete mit Vertrag vom 05.06.2008 das Schließfach Nr. 2 bei der D-Bank, Filiale Q-Straße …, an. Für dieses Schließfach erteilte sie zugleich Herrn A Vollmacht.
Am ….2012 ordnete das Amtsgericht D zum Aktenzeichen 3 auf Antrag des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D nach §§ 111b Abs. 2, 111d, 111e Abs. 1 StPO i. V. m. §§ 73 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3, 73a StGB den dinglichen Arrest i. H. v. 332.000 € in das Vermögen der Antragstellerin an.
Aufgrund dieses strafrechtlichen Arrestbeschlusses wurde am 06.06.2012 der Inhalt des Schließfachs – insgesamt 88.500 € in bar – gemäß §§ 111d Abs. 2, 111f Abs. 3 StPO, §§ 930 Abs. 1 Satz 1, 808, 815 ZPO gepfändet und beschlagnahmt. Dabei befanden sich 33.500 € in einem gelben DIN-A4-Umschlag und 55.000 € in einem weißen Briefumschlag, der u.a. mit dem Datum 22.12.2011 und dem Betrag von 50.000 € beschriftet war. Auf dem weißen Umschlag befand sich zudem der – durchgestrichene – Firmenstempel der B & A GbR sowie zusätzliches Zahlenwerk und zwar der durchgestrichene Betrag von 37.000 € sowie die Daten 16.11.2011 und 04.08.2011.
Gegen die Arrestanordnung legte die Klägerin am 16.04.2013 Beschwerde ein, der das Amtsgericht nicht abhalf.
Im Rahmen des sich anschließenden Beschwerdeverfahrens vor dem Landgericht D reichte die Klägerin eine eidesstattliche Versicherung vom 22.01.2013 ein, in der sie u.a. ausführte, dass sie das betreffende Schließfach ca. 2 Monate nach dem Tod ihres Ehemannes eingerichtet habe. Da sie nur schlecht Deutsch spreche, habe sie ihren Schwager als ihren nächsten männlichen Verwandten gebeten, für sie die formellen Dinge mit der D-Bank zu regeln. Damit er sie auch zukünftig vertreten könne, habe sie ihm für das Schließfach auch eine Vollmacht erteilt. Für das Schließfach hätten zwei Schlüssel existiert, die ausschließlich bei ihr zu Hause verwahrt worden seien. Ihr Schwager habe keinen Schlüssel zu dem Schließfach gehabt. Die Vollmacht sei für Notfälle gedacht gewesen oder bei Erledigung von formellen Dingen, da sie nur wenig Deutsch spreche.
In dem Schließfach hätten sich 55.000 € befunden, die nicht ihr, sondern ihrem Bruder E gehört hätten. Ihr Bruder habe ihr nach seiner Hochzeit am ….2011 einen weißen Briefumschlag mit insgesamt 55.000 € übergeben. Am 22.12.2011 habe sie dann bei einem gemeinsamen Besuch der D-Bank das Geld unter Beisein ihres Schwagers in das Schließfach hereingetan. Ihr Schwager habe dann auf den Briefumschlag das Datum 22.12.2011 geschrieben. Bei dem Geld habe es sich um Hochzeitsgeschenke für Ihren Bruder und seine Ehefrau gehandelt. Wie viel davon aus der Hochzeit stammte und wie viel aus sonstigem Ersparten könne sie nicht mehr sagen. Jedenfalls habe sie ihr Bruder nach der Hochzeit gebeten, diese 55.000 € in dem weißen Umschlag für ihn und seine Ehefrau zu verwahren.
Die Klägerin reichte weiterhin eine eidesstattliche Versicherung ihres Bruders E vom 22.01.2013 ei...